Der Theaterjugendclub Maßbach zeigt das Thema Ausgrenzung an einem ganz realistischen, selbst erarbeiteten Beispiel.
"Nach den Erfahrungen des letzten Jahres haben wir uns gefragt: Wie kann es weitergehen?" Mahela Wiedner, die Theaterpädagogin des Maßbacher Theaters, meint damit nicht den Fortbestand des Jugendtheaterclubs, sondern die Frage, mit welchem Stück die junge Truppe ihre Arbeit fortsetzen könnte. Sie hat eine Antwort gefunden: Am Freitag um 19 Uhr ist Premiere im TIP, dem Theater im Pferdestall unterhalb des Schlosses.
"Strong Together - between dark and dust" hieß im letzten März das Stück, das die Gruppe mit Mahela Wiedner erarbeitet hatte. Es zeigte eine Clique von Straßenkindern in Berlin, die nicht aus materieller Not, sondern aufgrund der häuslichen Verhältnisse unter eine Brücke geflohen sind, die Halt in einer vermeintlich selbstbestimmten Gruppe suchen. Jetzt ging die Themensuche genau in die andere Richtung: Bei "Jeder für sich - und alle und eine" geht es um Ausgrenzung: "Wir haben uns das Thema ,Anders sein' gewählt", sagt Mahela Wiedner, haben uns gefragt, was das heißt, anders oder andersartig zu sein." Die Ideensammlung gestaltete sich zunächst etwas zäh, denn "Jugendlichen fehlt die Dramatik".
Aber plötzlich war sie dann doch da, zugegebenermaßen theaterpädagogisch ein bisschen angeschoben, und der Stoff, aus dem ein Teenagerleben gestrickt ist, war komplett: etwas von Mobbing, von Liebe und Lesbischsein, vom Ökoterrorismus der Gutmenschen, die jeden Fleischfresser verachten. Das liest sich in der Aufzählung ziemlich überzogen, wird aber in dem Stück sehr nuanciert und absolut plausibel verarbeitet.
Aus der eigenen Lebenswelt Vielleicht auch deshalb, weil da einiges von ihnen selbst drinsteckt, sagen die Mädchen. "Ohne eigene Erfahrungen hätte ich da nicht mitmachen können", sagt Laura Jacques. Und wenn es nur war, dass sie wegen ihrer Brille gehänselt wurde. "Mit Liebe zwischen Frauen bin ich noch nicht wirklich in Berührung gekommen", meint Mira Göbel, "aber wir haben das Thema reingenommen, um ein Zeichen zu setzen." Es sei ja auch wichtig, meint die Truppe, sich mit Themen auseinanderzusetzen, die für einen selbst neu sind.
Das Stück ist trotz aller ausgrenzenden Brutalität sehr sensibel und realistisch plausibel geworden. Mila kommt mit ihrer Mutter am Ende der Sommerferien in eine fremde Stadt. Sie trifft, noch vor Schulbeginn, ihre neue Klassenkameradin Anna, mit der sie eine Freundschaft aufbauen zu können glaubt. Aber am nächsten Morgen schlägt ihr der Hass der ganzen Klasse entgegen, und der wird von Anna erst richtig geschürt. Mila ist erst verstört, dann enttäuscht. Und dann träumt sie sich die Brechts Seeräuberjenny in Rachephantasien hinein.
Aus zwei Perspektiven Mila kann überhaupt nicht verstehen, was an ihr so schlimm, so anders ist. Und der Zuschauer kann es auch nicht. Aber das Stück ist raffiniert gebaut, es beginnt noch einmal, aber aus dem Blickwinkel von Anna. Und da wird so manches überraschend klar und verständlich. Auch wenn der Schluss dann doch offen bleibt.
Da ist Mahela Wiedner mit ihren Jugendtheaterclub ein wirklich spannendes, gut getextetes, inszeniertes und auf die Bretter gebrachtes Stück gelungen, das viel Stoff für Diskussionen bietet.Es spielen: Jehanne Worch, Lea Schulz, Laura Jacques, Mira Göbel, Svenja Schemm, Tina Hofmann und Johanna Fuchs. Was fällt da auf? Richtig! Wie schon im letzten Jahr ist kein einziger Junge dabei! Laura Jacques hat die vernichtende, aber vermutlich richtige Erklärung: "Die Jungs sind nicht so mutig." Vielleicht wäre das ja auch mal ein Thema für ein Stück.
Termine Premiere hat das Jugendstück am Freitag, 1. März, um 19 Uhr im TIP (Theater im Pferdestall). Weitere Aufführungen sind am Samstag, 2. März, und Samstag, 9. März. Beginn ist jeweils um 19 Uhr. Außerdem gastiert die Truppe Mitte Juni für vier Tage beim 6. Treffen bayerischer Theaterjugendclubs in Bamberg.
Karten gibt es im Vorverkauf unter Tel.: 09735/235 oder an der Abendkasse.