Eine überaus eigenwillige und temperamentvolle Mischung aus Klassik, Rock und Pop bot das Trio "Wildes Holz". Die Zuhörer im Kurtheater dankten den Musikern mit starkem, am Ende rhythmischem Applaus und blieben bei den drei Zugaben schließlich stehen.
Schon mit dem munteren "Moretti Swing" zum Auftakt, eine Hommage an frühere Zeiten als Straßenmusikanten in Italien, und der "Pathetique" von Ludwig van Beethoven in ihrer eigenen "Interpretation für drei einfache Holzinstrumente" zeigten Tobias Reisige (Flöten), Markus Conrads (Bass) und Anto Karaula (Gitarre) mit sichtbarem "Spaß an der Freud'", dass sich gute Kompositionen nicht in Schubladen wie E- oder U-Musik packen lassen.
Für die drei Profis aus dem Ruhrpott kennt Musik jedenfalls keine Grenzen und Schubladen.
Besonders deutlich wurde das bei "Mozart 40", "benannt nach einem Handy-Klingelzeichen, obwohl die Melodie gar nicht von Mozart ist". Schnell erkannte man das Leitmotiv der "Badinerie" von Bach, das aber plötzlich in moderne Rock- und Pop-Melodien überging. Kein Musikstück blieb so, wie es sein Anfang zu versprechen schien.
Was langsam begann, endete oft in furiosem Tempo.
Hatte sich der Konzertbesucher gerade auf das "Lacrimosa" aus Mozarts Requiem eingestellt, fand er sich unerwartet in der russischen Volksweise "Schwarze Augen" wieder. Übergänge gab es scheinbar keine, perfekt war alles miteinander verwoben. "Wir nennen dieses Stück deshalb das Schwarze Requiem", ulkte Reisige.
Manchmal gaben sogar die Musiker vor, selbst die konzertante Entwicklung eines Stückes nicht zu kennen - gerade so, als führten diese ein Eigenleben. So meinte Bassist Markus Conrads leicht schmunzelnd bei Ankündigung des Pachelbel-Kanons: "Mal schauen, was dabei rauskommt."
Scheinbare Leichtigkeit
Mit ihrer launigen Moderation brachte die charmante Boygroup mittleren Alters eine scheinbare Leichtigkeit über die
Rampe, die den herausragend professionellen Umgang der drei Musiker mit ihren Holzinstrumenten als leichteste Spielerei erscheinen ließ. Während Anto Karaula mit seiner akustischen Gitarre rockte oder sie als Schlagzeug missbrauchte, Markus Conrads mit Zupfen und Streichen der Saiten sowie sogar Streicheln seines Instruments alles nur Mögliche aus seinem Kontrabass herausholte, schien das musikalische Spektrum des Flötisten Tobias Reisige unerschöpflich: Auf knapp 20
Blockflöten von der Piccolo- bis zur Kontrabassflöte spielte er seine Instrumente im Laufe des Konzertabends nacheinander, auch mal zwei gleichzeitig.
Geschickt wurde das Publikum in die Bühnenshow eingebunden wie beim Mitpfeifen des Bee-Gees-Evergreens "Staying Alive", bei dem sogar die blitzenden Disco-Kugeln nicht fehlten.
Bei manchem Lied wechselte auch mal ein Musiker von der Bühne ins Parkett, wodurch es quer über die Köpfe der Zuhörer zum Dialog der Instrumente kam. Verträumt lauschte der Saal dann dem von Markus Conrads komponierten Liebeslied, das ohne Verstärker gespielt wurde, "denn wahre Liebe braucht keine Verstärkung".
Laut und rockig wurde es aber dann doch wieder im fulminanten Finale.
Der AC/DC-Song "Highway to Hell" drohte anfangs fast im Jubel des Saales unterzugehen. Das ganze Kurtheater schien zu rocken. Flötist Reisige hatte das Publikum zuvor noch gewarnt: "Sie müssen jetzt nehmen, was kommt." Womit allerdings niemand gerechnet hatte, kam als Letztes: Reisige holte eine schlichte Plastikflöte hervor ("Die habe ich in einem Ein-Euro-Laden gekauft"), und alle drei Musiker entließen ihre jubelnden Zuhörer mit dem Titelsong "Pippi Langstrumpf".