Wie gut sind Politiker aus der Region Bad Kissingen über das soziale Netzwerk Facebook erreichbar? Wir haben das gestestet und nachgefragt: Manche reagieren postwendend - andere gar nicht.
Politiker. Immer präsent. Immer aktiv. Immer was zu sagen. Und auf Veranstaltungen immer in der ersten Reihe. So kennen wir sie. Aber sind sie inzwischen auch in der Welt der sozialen Netzwerke ganz vorne mit dabei? Genauso präsent, genauso aktiv?
Das wollten wir genauer wissen und haben zehn Politikern aus der Region gleichzeitig eine persönliche Nachricht via Facebook geschickt. Mit im Gepäck waren Fragen, wie stark sie das soziale Netzwerk für ihr politisches Amt nutzen, wie häufig, und so weiter. Drei Tage haben wir ihnen zum Antworten Zeit gegeben. Eigentlich doch genügend, gerade in den Sphären der sozialen Netzwerke, die davon leben, direkt und schnell zu reagieren.
Und tatsächlich, es dauerte gar nicht lange, da füllte sich unser virtueller Facebook-Briefkasten. Der Erste war Bundestagsabgeordneter Hans-Josef Fell (Bündnis 90/Die Grünen). Als Einziger schaffte er seine Antwort noch am Tag unserer Anfrage - nur vier Stunden später. Das kann sich sehen lassen. Überhaupt ist Hans-Josef Fell auf Facebook ziemlich aktiv. Es vergeht kaum ein Tag, an dem er nicht etwas auf seiner Fanseite teilt. Die hat mittlerweile 619 "Gefällt mir"-Klicks. "Facebook nutze ich fast nur als Politiker", schreibt uns Fell.
50 bis 100 Anfragen täglich
Auf dem zweiten Platz im Punkto Schnelligkeit landete die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär (CSU). Aber schon fast zwei Tage, exakt waren es 45 Stunden, nach der Anfrage kam ihre Antwort. Wie sich herausstellte, hatte sie, Mitglied im Bundestagsausschuss für Kultur und Medien, beim Versenden ihrer Nachricht ein Problem. Es ging nicht. Die Antworten - übrigens die mit Abstand ausführlichsten - mussten per E-Mail geschickt werden. Dennoch: Auf Facebook ist sie fast täglich unterwegs. "Der direkte und unkomplizierte Austausch macht mir sehr viel Spaß", sagt sie.
Ihr Facebook-Profil hat schon vor geraumer Zeit die 5000-Freunde-Marke erreicht, sodass sie keine Freundschaftsanfragen mehr annehmen konnte. Bär richtete eine zusätzliche Fanseite ein, die inzwischen 1903 Sympathisanten hat. Manchmal hat sie 50 bis 100 Anfragen pro Tag, je nach aktueller Themenlage. "Hier unterstützen mich meine Mitarbeiterinnen", erklärt die Politikerin, alles kann sie nicht selbst beantworten. Kürzel sollen aber immer erkenntlich machen, wer von ihnen gerade schreibt. Nachrichten auf ihrem Profil beantwortet sie selbst.
Noch ein bisschen länger, nämlich 52 Stunden, brauchte Sabine Dittmar (SPD). Die Landtagsabgeordnete ist zwar seit drei Jahren bei Facebook dabei und bringt es auf 538 Freunde, behauptet aber von sich selbst, das soziale Netzwerk relativ selten zu nutzen. Und privat schon gleich gar nicht: "Ich poste eine Pressemitteilung, die mir wichtig ist, oder wenn mich etwas richtig geärgert oder gefreut hat." Immerhin hat sie ihre Antwort per Messenger gesendet, was ja auch schon recht fortschrittlich ist.
Mehr privat als beruflich
Münnerstadts Bürgermeister Helmut Blank (CSU) nutzt das soziale Netzwerk - im Gegensatz zu seinen Kollegen - mehr privat als beruflich. Ihm mussten wir bei Facebook sogar erst eine Freundschaftsanfrage schicken, um ihn überhaupt kontaktieren zu können. Mit seiner Antwort ließ er sich drei Tage Zeit. Aber immerhin hat er überhaupt reagiert.
Von Kay Blankenburg (SPD), dem Oberbürgermeister Bad Kissingens, Brigitte Meyerdierks (CSU), Bürgermeisterin von Bad Brückenau und der Bundestagsabgeordneten Susanne Kastner (SPD) kann man das nicht behaupten. Alle drei haben unsere Nachricht noch nicht einmal gesehen, was man dank einer neuen Facebook-Funktion verfolgen kann. In drei Tagen nicht auf Facebook gewesen? Fehlanzeige genauso beim Landtagsabgeordneten Günther Felbinger (FW). Er hat unsere Anfrage zwar nur wenige Stunden nach dem Versenden gelesen, aber nicht geantwortet. Ob er das bei anderen Anfragen wohl auch so macht?
Und dann gab es ja noch die Kandidaten, nach denen wir bei Facebook vergeblich gesucht haben, die auf die neuen Möglichkeiten der Kommunikation offenbar völlig verzichten. Dazu gehören der Hamelburger Bürgermeister Ernst Stross (SPD) und der Landtagsabgeordnete Robert Kiesel (CSU). Beide ohne Facebook-Profil. Ja, das soll es auch noch geben.
Dann schreiben wir eben doch eine kurze E-Mail. Aus dem Hammelburger Bürgermeister-Vorzimmer hieß es von Mitarbeiterin Angelika Stahl: "Bürgermeister Ernst Stross ist bei Facebook nicht angemeldet." Das war's. Auf die Nachfrage, warum nicht, kam keine Antwort mehr. Robert Kiesel antwortete immerhin persönlich. Er schätze die neuen Medien wie E-Mail und Internet, sei aber "kein Freund von Facebook." Sein Credo: "Das persönliche Gespräch ist durch nichts zu ersetzen." Das kann man auch nachvollziehen.
Supi, hab schon vielen auf´s Profil gekotzt!
Wieso wurde gerade Facebook als Medium gewählt? Wieso nicht Twitter, Email oder ein sonstiger Dienst?
Dass manche Menschen (und das sind Politiker ja auch) nicht so gerne bei Facebook sind, weil es offenkundig Datenhandel betreibt, sollte ja verständlich sein. Das Internet bietet genug Alternativen. Die Politiker hier auf eine festzunageln finde ich unfair.
dass man Abgeordnete häufig kaum noch, ihrem eigentlichen Mandat entsprechend, im Bundestag erreichen kann und man verzweifelt nach Alternativen sucht?
P.S. es lebt sich hervorragend auch ohne einen "account" bei einem "social network" solange man noch ein funktionierendes "real life" hat.
P.P.S. Treibt doch bitte mal eine Sau größerer Relevanz durchs mediale Dorf.