Werbung für das Ehrenamt

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AWO-Landesvorsitzender Thomas Beyer: "Die AWO bereitet sich langsam auf ihren 100. Geburtstag vor, ist aber noch immer bei bester Gesundheit." Foto: Sigismund von Dobschütz
AWO-Landesvorsitzender Thomas Beyer: "Die AWO bereitet sich langsam auf ihren 100. Geburtstag vor, ist aber noch immer bei bester Gesundheit." Foto: Sigismund von Dobschütz
Berater Joachim Schmitt gab den AWO-Mitgliedern Tipps zur Gewinnung von Ehrenamtlichen. Foto: Sigismund von Dobschütz
Berater Joachim Schmitt gab den AWO-Mitgliedern Tipps zur Gewinnung von Ehrenamtlichen.  Foto: Sigismund von Dobschütz
 

Mit einer Aktionswoche will die Arbeiterwohlfahrt zu mehr sozialem Engagement motivieren.

Mit einer bundesweiten Aktionswoche will die Arbeiterwohlfahrt (AWO) über soziale Themen und die Vielfalt ehrenamtlicher Tätigkeit in der Arbeiterwohlfahrt informieren. Im Anschluss an seine Mitgliederversammlung im Bad Kissinger Parkwohnstift lud deshalb auch der Bezirksverband Unterfranken zu einer Vortragsveranstaltung ein. Referent Joachim Schmitt aus Miltenberg, selbstständiger Berater im Freiwilligen-Management, zeigte Strategien und konkrete Maßnahmen auf, wie heute
ehrenamtlich Tätige gewonnen werden können.
"Wir bereiten uns langsam auf unseren 100. Geburtstag vor, sind aber noch immer bei bester Gesundheit", stellte Landesvorsitzender Thomas Beyer selbstbewusst fest. Dennoch müsse sich auch die Arbeiterwohlfahrt für die Zukunft wappnen. Früher sei es für viele fast normal gewesen, sich in der AWO zu engagieren. "Wir brauchten uns um Nachwuchs keine Sorgen zu machen." Heute sei dies nicht mehr selbstverständlich, weshalb auch die AWO ihre Öffentlichkeitsarbeit verstärken müsse. Die bundesweite Aktionswoche soll mit Marktplatz-Präsentationen, Tagen der offenen Tür in ihren Einrichtungen, mit Sommerfesten und Vortragsveranstaltungen für eine Mitarbeit in der Arbeiterwohlfahrt werben. Denn die zentrale Frage der Zukunft, so Beyer, sei auch für die AWO: "Wie gewinnen wir mehr Ehrenamtliche?"
Als Berater hatte man sich Joachim Schmitt eingeladen, Fachmann auf dem Gebiet des Freiwilligen-Managements. Er widerlegte in seinem Vortrag vor 100 Zuhörern das aus Vereinskreisen oft gehörte Vorurteil: "Es will sich ja heute keiner mehr engagieren." Nach einer von 1999 bis 2009 durchgeführten Langzeitstudie liegt der Anteil ehrenamtlich Tätiger unverändert bei 36 Prozent der Deutschen über 14 Jahren. Der Prozentsatz jener, die sich vielleicht engagieren würden, stieg sogar an, während der Anteil der absolut Unwilligen im Vergleichszeitraum von 40 auf nur noch 27 Prozent sogar gesunken ist.
Die allgemeine Bereitschaft zum Ehrenamt ist also gestiegen, nur das Verständnis hat sich gewandelt: Heute engagiert man sich meistens nur dann, wenn die Aufgabe sinnvoll erscheint und dem Ehrenamtlichen Spaß macht. Die Zeit der Erfüllungsgehilfen, die nur auf Weisung anderer einen Dienst versehen, ist vorbei. Ehrenamtliche Mitarbeit ist heute eher projektbezogen und abhängig von der jeweiligen Lebenssituation des Freiwilligen, hat Schmitt in seinen Untersuchungen festgestellt und zitierte hierzu Adalbert Evers, Professor für Vergleichende Gesundheits- und Sozialpolitik an der Justus-Liebig-Universität in Gießen: "Das neue Ehrenamt bedeutet Selbstbestimmung und Selbsterfüllung."
Im Vergleich zu anderen Gesellschaftsbereichen ist es noch leicht, Ehrenamtliche für die Fachgebiete Soziales und Jugend zu finden. "Doch der Generationswechsel steht noch bevor", warnte Schmitt die lauschenden AWO-Mitglieder. "Ab 2016 schwindet auch hier das Potenzial, da viele heute Aktive aus Altersgründen ausscheiden müssen." So steht auch die AWO vor einer großen Herausforderung zur Sicherung ihres Mitgliederbestandes.
Was ist also zu tun? In vielen Vereinen suchen überalterte Vorstände fieberhaft nach jüngeren Amtsnachfolgern, bestehen aber zugleich auf dem Erhalt veralteter Strukturen. "So wird ein Generationenwechsel nicht nur verpasst, sondern verhindert", warnte Schmitt. Mit beispielhaften Strategien und etlichen Tipps für konkrete Maßnahmen, um Freiwillige zu gewinnen, zeigte Schmitt Möglichkeiten auf. Eine erste richtige Maßnahme für die AWO sei die Aktionswoche: "Wir müssen erst einmal kräftig Wind machen."
Zudem muss jede Organisation im Wettbewerb um Ehrenamtliche auch Wahlmöglichkeiten bieten, um beim Angesprochenen überhaupt Interesse zu wecken und die Bereitschaft zum Mitmachen zu erhöhen. Auf lokaler oder regionaler Ebene sei zum Beispiel ein gemeinsamer Aktionstag mit anderen Ortsvereinen hilfreich: "Lasst uns alle zusammen einmal 24 Stunden etwas Gutes tun." Die dadurch erreichte höhere Aufmerksamkeit erleichtert die Suche nach möglichen Freiwilligen.
Freiwillige lassen sich noch immer für den guten Zweck finden, stand für Joachim Schmitt fest. Man muss sie heute nur anders ansprechen. Findet man als Organisation oder Verein trotzdem keine Lösung, sollte man einen externen Fachmann als Berater hinzuziehen. Sogar Schmitt gab offen zu, bei der Neuausrichtung seines heimatlichen Vereins externe Hilfe genutzt zu haben: "Ich kann mich ja nicht selbst beraten."