An den Kartagen und an Ostern hat der Bad Kissinger Küster Dietmar Hack alle Hände voll zu tun - nur ums Läuten muss er sich drei Tage lang ausnahmsweise nicht kümmern.
Es gibt Orte in der Herz-Jesu-Kirche, an die selbst Küster Dietmar Hack selten kommt: "Bis rauf in den Glockenstuhl geh' ich vielleicht alle zwei Monate mal", sagt er während des Aufstiegs.
Der erste Teil des Weges ist noch einfach: Zu beiden Seiten des Haupteingangs führen jeweils Steintreppen bis zur Empore und weiter bis zum Dachstuhl des Kirchenschiffes: 18 Meter hoch ist der große Raum, von dem aus der Kronleuchter hinuntergelassen wird oder Lampen gewechselt
werden können.
Motorantrieb für Kirchturmuhr Im Dachstuhl des Kirchenschiffes steht auch die alte mechanische Turmuhr. "Die stammt aus meiner Heimatgemeinde Aura", berichtet Hack stolz. In Gebrauch ist sie jedoch schon lange nicht mehr, die Gewichte, die früher jeden Tag hochgezogen werden mussten, liegen verstaubt neben der Uhr, das Gestänge der drei Ziffernblätter wird heutzutage durch einen elektronisch
gesteuerten Motor angetrieben.
In Höhe des Dachstuhls befindet sich auch die Halterung für Fahnenstangen: Ein Teil des großen Fensters über dem Haupteingang kann herausgehoben werden, um die Kirche festlich zu schmücken. Weiter nach oben geht es ab hier nur noch über Holz-Treppen, die immer enger und steiler werden.
Den Krieg überstanden Schließlich gelangt Hack in den Glockenstuhl aus dicken Metallstreben. "Ein hölzerner Glockenstuhl würde vermutlich besser klingen", weiß der Küster. Beim Bau der Stadtpfarrkirche 1884 habe man sich aber für die Metall-Konstruktion entschieden, in der sechs Glocken hängen. "Im Krieg wurden die alle abgenommen und abtransportiert", weiß Hack.
"Aber nach dem Krieg wurden sie wiedergefunden und zurück gebracht."
Wie genau sie bis in den Turm gehievt wurden, ist auch ihm unklar, immerhin wiegt die größte, die Herz-Jesu-Glocke stolze 2573 Kilogramm und hat einen Durchmesser von 1,63 Meter. Gegossen wurde sie 1884 im Würzburger Stadtteil Heidingsfeld.
Erst wieder in der Osternacht Wie alle anderen Glocken im 67 Meter hohen Turm der Bad Kissinger
Stadtpfarrkirche (siehe Info-Kasten) und aller anderen Kirchen im Landkreis schweigt die Herz-Jesu-Glocke von der Abendmahl-Feier an Gründonnerstag bis in die Osternacht. "Erst beim großen Te Deum wird zum ersten Mal wieder geläutet", berichtet Hack. In der Zwischenzeit ziehen die Ministranten mit ihren Holz-Klappern durch die Straßen und weisen die Gläubigen auf die Gottesdienst-Zeiten hin.
Gut verteilt Und Gottesdienste gibt es an Ostern jede Menge: "Weihnachten und Ostern sind sicherlich die intensivsten Zeiten", sagt Küster Dietmar Hack über seine Arbeit. Der Vorteil an Ostern sei, dass sich die Gottesdienste über mehr Tage verteilen: Von der Abendmahl-Feier am Donnerstag über Kreuzwege und das Gebet am Grab bis zu den Feiern an den Ostertagen.
Rund um die Stadtpfarrkirche Bau Am 12. Januar 1881 fand der symbolische erste Spatenstich durch den damaligen Dekan Pfarrer Andreas Dietz auf dem 22 650 Quadratmeter großen Grundstück statt. Der Grundstein wurde offiziell am 25. März 1882 gelegt. Am 31. August 1884 weihte der Würzburger Bischof Dr.
Franz Josef Stein die Kirche auf den Namen Herz Jesu.
Ausstattung Die Kirche ist als dreischiffige Basilika im neugotischem Stil aus weißem Sandstein errichtet. Sie ist 70 Meter lang, 20 Meter breit udn hat im Innern eine Grundfläche von rund 1200 Quadratmetern. Ohne Bestuhlung fasst sie rund 4000 Personen. Der über 67 Meter hohe Turm erhebt sich über dem Hauptportal.
Der viereckige Grundriß des Turmes ist vor der Dachhöhe durch vier Ecktürmchen flankiert. Er geht in ein Oktogon über. Dieses wird durch ein Spitzdach in Form der in Franken üblichen Julius-Echter-Türme vollendet. Das Hauptportal zieren die Statuen des Hl. Bonifatius (rechts) und des Hl. Kilian (links).
Innenausstattung Von 1884 bis 1947 war die Kirche mit einem neugotischen Hochaltar und vier Seitenaltären ausgestattet.
Teile davon stammten vom Bad Kissinger Bildhauer Valentin Weidner. Zwischen 1947 und 1957 wurde die Kirche dann komplett umgestaltet. Nach den Vorgaben der Liturgie des zweiten vatikanischen Konzils erfolgte 2003 ein erneuter Umbau: Im neuen Altar wurden die vier Reliquien aus dem Jahr 1884 der Heiligen Kilian, Burkhard, Adalbero und Laurentius wieder integriert.
Glocken Im Glockenstuhl hängen neben der Herz-Jesu-Glocke folgende fünf Glocken: Die Jakobusglocke (Gewicht 1306
Kilogramm) und die Marienglocke: (776 Kilogramm, beide 1858 gegossen, die St. Josephsglocke (500 Kilogramm), die St. Wendelinsglocke (350 Kilogramm) und die St. Andreasglocke (310 Kilogramm), alle 1884 gegossen.
Quelle: Internet-Seite der Pfarrgemeinde