Ein Trio der ganz besonderen Art bereitete im Rahmen des Winterzaubers dem Publikum im Staatlichen Kurtheater viel Spaß.
Weihnachtskonzert mit Blockflöten, Gitarre und Kontrabass? Lässt an besinnliche Hausmusik oder Elternkonzerte in Schulen und sozialen Einrichtungen denken. Jazzig? Drei hochkonzentrierte Herren, die mit todernsten Mienen vermeiden zu zeigen, dass ihnen das Musizieren eventuell Spaß macht, und ein Publikum, das nach den Soli pflichtschuldig applaudiert, cool, relaxed, mit Kennermiene. Obwohl die Instrumente stimmten und es auch viel Jazziges gab, war's das nicht, was das Publikum zwei Tage vor Weihnachten im fast voll besetzten Kurtheater von Anfang an begeisterte. Die Zutaten waren alle vorhanden, aber was "Wildes Holz" am Ende aus ihnen machte, war halt eben etwas ganz anderes.
Die drei Herren zeigten auch diesmal, dass es ihnen Spaß macht, zwischen Plastikbaum und weihnachtsgirlandenkitschgeschmücktem Monitor-Kaminfeuer miteinander zu musizieren und mit ihrem Publikum zu kalauern. Die drei sind phänomenal gute Musiker, die sich nicht nach Marketing-Kriterien zusammengeschlossen, sondern als Freunde beim Musizieren getroffen und vor 18 Jahren dabei festgestellt haben, dass ihre drei Instrumente durchaus zu spannendem Improvisieren zusammenpassen. Und das tun sie, vor allem, weil die drei alle Arten von Tönen und Geräuschen, die man ihnen entlocken kann, verwenden zu einer vielfarbigen, spannenden, unterhaltsamen, virtuos gespielten Musik.
Markus Conrads ist ein ausgezeichneter Jazz-Kontrabassist mit Folkwang-Ausbildung, gastiert weltweit als solcher, eigentlich aber auch Diplominformatiker und ein witziger Conferencier. Anto Karaula spielt eine klassische Konzertgitarre, der er alles, von Bach bis Mozart bis Pop bis Jazz mit größter Präzision, aber auch mitreißendem Groove entlockt. Und Tobias Reisige hat ebenfalls Folkwang-Weihen als mit irrem Klangfarbenreichtum und staunenswerter Fantasie begabter Ausnahmemusiker auf der Blockflöte, von der er alle möglichen Formen und Größen, von der Piccolo bis zur auf dem Orchestergraben wuchtig brummenden fast zwei Meter hohen Vierkantbassflöte mitgebracht hatte.
Von brav bis fetzig
"Alle Jahre wilder" nannten sie ihr Vorweihnachtsprogramm und nahmen ihren Titel beim Namen. Denn die Melodien ganz vieler Weihnachtslieder tauchten brav auf, aber auch wieder ab in fetzigem Jazz, Pop, Punk und Swing. So ging es los mit "Ihr Kinderlein kommet", das aber von Anfang an mit jazzigen Synkopen nicht zurückhielt. In "Hirten in the Sun" zauberte nicht nur Reisige mit seiner Flöte, sondern die Hirten wurden vom Feld sehr schnell nach Südamerika versetzt, wobei Gitarre und Kontrabass für die passende Percussion sorgten.
Beim "Little Drummer Boy" bediente Reisige am Anfang Trommel und Blockflöte gleichzeitig, dann mischten sich "Alle Jahre wieder" und "Kashmir" von Led Zeppelin ein und ließen aus dem Ganzen ein mitreißendes Crossover-Medley entstehen. "Gloria in excelsis deo"- Jubeln der "Engel auf den Feldern" mündet in eine rasante Zupforgie von Gitarre und Bass, während die Flöte in irrem Prestissimo die Melodie spielt. Und das gute, alte "Alle Jahre wieder" mit dem wunderschönen überblasenen Flötensolo zu Beginn endete mit einer mitreißenden und buchstäblich "wilden" Jam-Session, in der auch die Melodie immer mal wieder hervortauchte.
Virtuose Improvisationen
Conrads und Karaula an Bass und Gitarre spielten diese keineswegs nur als Begleitinstrumente, sondern improvisierten virtuos und strichen und zupften wunderschöne Soli. Reisige gab Bachs "Nun komm der Heiden Heiland" auch mal auf verschiedenen Blockflöten alleine, allerdings mithilfe eines Samplers auch mit sich selbst. Conrads stieg vom Kontrabass auch mal auf eine kleine Mandoline um. Und er parodierte mit atonalem Kratzen und Wimmern auf dem gestrichenen Kontrabass die "Neue Musik" der 60er Jahre.
Da tobte der Saal
Es war viel los und zu sehen auf der Bühne, denn die Musiker zeigten auch ihre schauspielerischen Fähigkeiten mit Hingabe. Für den Höhepunkt des Abends war es den drei Holzarbeitern nicht genug, ihre klingenden Hölzer zum Produzieren von Tönen und Trommeleffekten auszunutzen; mit einer Singenden Säge erzeugte Bassist Conrads einen wahrhaft wilden Kontrast zwischen "Leise rieselt der Schnee" und dem steinerweichenden Jaulen und Wimmern jenes Werkzeugs, von dessen klanglichen Fähigkeiten man zum Glück vorher immer nur gehört hat. Der Saal tobte, und furiose Zugabenwahren selbstverständlich.