Es war ein intensives Wochenende des Nachwuchses: am Samstag die Kissinger KlangWerkstatt und das erste Konzert der jungen Leute von der Lincoln Society New York, am Sonntag die junge Truppe der Liechtensteiner Akademie.
Es war ein intensives Wochenende des Nachwuchses: am Samstag die Kissinger KlangWerkstatt und das erste Konzert der jungen Leute von der Lincoln Society New York (das zweite folgte am Montag), am Sonntag die junge Truppe der Liechtensteiner Akademie. Das Publikum ging mit großem Interesse mit.
Von den New Yorkern um Altmeister David Finckel - er war 34 Jahre Cellist des Emerson String Quartet - und die Pianistin Wu Han hatte man sich einiges erwartet.
Denn wenn Amerikaner junge Musiker fördern, gehen sie davon aus, dass aus ihnen etwas wird. Und das Schöne war: Die hohen Erwartungen wurden eingelöst.
Das lag sicher an dem typisch amerikanischen Programm, das alles nicht so verbissen nahm. Mit Mozarts "Kegelstatt-Trio" und Schumanns Klavierquintett op. 44 lag das Hauptaugenmerk natürlich auf der europäischen Klassik und Romantik.
Aber es setzte auch zwei deutliche amerikanische Akzente, die nicht ganz überraschend die heitere Unterhaltsamkeit bedienten.
Mark O'Connors "F. C.'s Jig" für Violine und Viola" war tatsächlich der typische Volkstanz. Aber Chad Hoops und Matthew Lipman spielten die wilden Doppelgriffe so schnell, dass nicht nur eine mitreißend farbige Musik entstand, sondern dass sich auch ständig die Betonungsmuster verschoben.
Auch eine Bratsche muss nicht träge sein.
Dass George Gershwins "Rhapsody in Blue" in der Fassung zu vier Händen ein lustvolles Vergnügen werden würde, war nicht überraschend. Aber die Idee, dass José Franch Ballester die Einleitung der lachenden Klarinette von der Seite zuspielte. Dann war die Bahn frei für Wu Han und Gloria Chien, und sie stürmten los - mit enormem Zugriff, mit Vergnügen am Rythmischen und Vorwärts-Pulsierenden, an
harmonischen Konfrontationen und an allem, was letztlich Lautstärke bringt. Ein starker, bunter Bilderbogen!
Verführerische Klarinette Ernster ging's zu in der Abteilung Europa, gleich zu Beginn mit dem Trio für Klarinette, Viola und Klavier. Wenn man beckmessern wollte, könnte man feststellen, dass Matthew Lipman, vielleicht verleitet von dem ungemein weichen Klarinettenton von José Franch Ballester, den
ersten Satz noch sehr romantisch spielte. Aber insgesamt gelang es den beiden zusammen mit Gloria Chien, die vom Klavier aus steuerte, die Eleganz und gemütliche Unaufgeregtheit dieses Werkes - es gibt trotz vieler Triolenketten keinen wirklich schnellen Satz, dafür aber wunderbar sangliche Themen - bestens zur Geltung zu bringen.
Robert Schumanns berühmtes - und einziges - Klavierquintett Es-dur op. 44 wurde zum Höhepunkt des Konzerts.
Auch hier überzeugten die unaufgeregte Gelassenheit und die sichtliche Musizierfreude der Amerikaner, die durchaus, ganz im Sinne Schumanns, in Richtung sinfonischer Dimensionen zielten, aber mit einer sehr gut ausgehörten Klangbalance und mit viel Gespür für die musikalische Wirkung. Vor allem der Trauermarsch des zweiten Satzes bekam viele emotionale Facetten. Die Tempi waren ambitioniert, allerdings nie so, dass der musikalische Ausdruck darunter litt.
Aber natürlich hatten die New Yorker auch einen höchst erfahrenen Kammermusiker als Mitspieler: David Finckel gab nur durch sein Spiel unauffällig, aber wirkungsvoll die Impulse und Hinweise. Das ist eine Art des Musizierens, von der die jungen Leute eine ganze Menge an Erfahrungen mitnehmen können, auch wenn sie alle es sich bereits erlauben können, ein stabiles musikalisches Selbstbewusstsein zu besitzen.