Was als Kaffeekränzchen begonnen hatte, endete mit einer Anzeige wegen Vergewaltigung. Der 49-jährige Angeklagte gibt alles zu - fast.
Bis wohin sind die Hände von Olaf K.* vorgedrungen? Auch ein Gutachten konnte dem Gericht nicht die letzte Gewissheit liefern. Opfer und Täter widersprechen sich. Es geht um viel für den 49-jährigen Angeklagten. Olaf K.* (*Namen von der Redaktion geändert) sitzt wegen eines schweren Vorwurfs auf der Anklagebank im Kissinger Amtsgericht: Vergewaltigung und vorsätzliche Körperverletzung. Ein Jahr ist es her. Das meiste von dem, was die Staatsanwältin aufzählt, gibt er zu. Beim entscheidenden Punkt bleibt er dabei: "Auf keinen Fall." Ein Rechtsmediziner soll jetzt Licht in den Fall bringen.
"Ich weiß nicht, welcher Teufel mich geritten hat", sagt der 49-Jährige heute. Normalerweise lehne er Gewalt ab. An diesem Vormittag schmiss er seine Prinzipien wohl über Bord.
Eigentlich kam er in guter Absicht. Und eigentlich war er schon am Gehen, bevor das passierte, was eine umfängliche Gerichtsverhandlung losgetreten hat.
Es war ein Montag. Olaf K. hatte Urlaub. Auf dem Heimweg vom Einkaufen fiel ihm die Bitte seines Chefs ein. Der Sprössling einer alten Bekannten suchte doch Arbeit, erinnerte er sich, sein Boss wiederum fähige Leute. Er klingelt und im nächsten Moment sitzen er und Rita R.* bei einem Käffchen zusammen in der Küche und gucken Fotos vom letzten Urlaub an.
Man kennt sich: Beide haben mal im gleichen Ort gewohnt. Schon früher hatte der Angeklagte mit dem Ehemann von Rita R. zu tun, als er sich in der Vereinsarbeit engagierte. Man kennt sich sogar noch besser: Vor 20 Jahren soll es eine Art "Techtelmechtel" gegeben haben. Olaf K.* berichtet von einem pikanten Flirt: Rita R. habe ihn kurzerhand zu einem Shopping-Trip eingeladen. Auf dem Einkaufszettel: Sex-Spielzeug. Außer Gefummel sei damals aber nichts gelaufen, sagt der 49-Jährige.
Angeklagter bot Opfer Geld
"Wollen wir ein Nümmerchen schieben", habe er sie gefragt, als sie damals vor einem Jahr so gesellig in der Küche beieinander gehockt hatten. Genauso wie auf die Frage, ob sie ihm einen blasen wolle, lehnte Rita R. ab. Nein, auch nicht für Geld. Nach einem halben Stündchen Plausch verabschiedete sich der Angeklagte, erzählt er. Die 40-Jährige bog daraufhin ins Wohnzimmer ab und ließ sich auf einer Matratze nieder, die dort für ihren Hund gelegen haben soll. "Na, vielleicht hat sie es sich ja doch überlegt", dachte sich Olaf K.
Der 49-Jährige sitzt neben seinem Anwalt, die Hände gekreuzt auf dem Tisch vor sich. Kleine Augen, die Miene starr, Doppelkinn, kurz rasierte Haare. Der Mann lebt auf dem Dorf. Seit kurzer Zeit hat er wieder eine Freundin. Dass er heute hier sitzt, davon weiß fast niemand. Auch nicht seine Eltern, sagt er. Er habe Angst um deren Gesundheit. Olaf K. antwortet, wenn er gefragt wird. Direkt, ruhig und klar. Jeans, T-Shirt, Turnschuhe, der Brustkorb hebt sich schnell. Mit seinen knapp 100 Kilo hatte er Rita R. schließlich da, wo er sie haben wollte. Unter ihm.