Vollsperrung B 286 bei Arnshausen: 1000 Tonnen-Brücke lernt schweben

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Durch die Brücke sollen bereits Ende des Jahres Radfahrer und Fußgänger von Arnshausen nach Bad Kissingen kommen. Fotos: Benedikt Borst
Durch die Brücke sollen bereits Ende des Jahres Radfahrer und Fußgänger von Arnshausen nach Bad Kissingen kommen. Fotos: Benedikt Borst
HIer werden die Lastmodule verschraubt
HIer werden die Lastmodule verschraubt
 
 
6000 Tonnen Schotter sind für die Aufschüttung des Bahndammes und das Wiederherstellen des Gleisbettes vor Ort
6000 Tonnen Schotter sind für die Aufschüttung des Bahndammes und das Wiederherstellen des Gleisbettes vor Ort
 
 
 
 
Brückeningenieur Robert Haupt
Brückeningenieur Robert Haupt
 
 
 
 
 
 
 
 
Robert Haupt steht vor dem großen Brückenbauwerk. Fotos: Benedikt Borst
Robert Haupt steht vor dem großen Brückenbauwerk.  Fotos: Benedikt Borst
 
 

Nächste Woche wird eine 1130 Tonnen schwere Radwegunterführung 42 Meter in den Bahndamm zwischen Bad Kissingen und Arnshausen geschoben. Das Zeitfenster ist eng, die Arbeiter sind rund um die Uhr im Einsatz.

Der Koloss aus Stahlbeton liegt bereits fertig aufgebaut auf einem Acker nahe des Bahndamms: So lang wie ein Blauwal, mehr als fünf Mal so schwer und außerdem so breit und hoch, dass ein großer Truck ohne Probleme hindurch fahren kann. Bei dem Koloss handelt es sich um eine Eisenbahnunterführung, durch die in Zukunft der Radweg zwischen Bad Kissingen und Arnshausen gehen soll.
Der Bau des Radwegs läuft seit September, nächste Woche soll die Brücke in den Bahndamm geschoben werden. Dafür muss ein Gewicht von mehr als 1100 Tonnen eine Strecke von 42,20 Metern überwinden. "Das ist schon ein Wort", meint Robert Haupt, zuständiger Brückenbauingenieur vom Staatlichen Bauamt Schweinfurt.

Was die Sache richtig knifflig macht, ist das enge Zeitfenster, das zur Verfügung steht. Der Gleisabschnitt wird gesperrt, das heißt, es rollen während der Arbeiten keine Züge zwischen Ebenhausen, Bad Kissingen und Elfershausen. In Absprache mit der Deutschen Bahn wurde der Termin für den Brückeneinschub festgelegt. Die Arbeiter haben vier Tage, um das Bauwerk in seine endgültige Position zu bringen und die Gleise wieder fahrtauglich zu machen. "Die Bahn will, dass die Strecke ab Montag wieder in Betrieb ist", sagt Haupt.

Das enge Zeitfenster und der gewaltige Arbeitsaufwand machen es laut Haupt erforderlich, dass die parallel zum Radweg verlaufende B 286 ab Montag voll gesperrt wird. "Sonst können wir den Betrieb nicht aufrecht halten", sagt er. Ab der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag bis einschließlich Sonntagnacht sind rund um die Uhr 80 Arbeiter sowie ein großer Maschinenpark aus Lastern, Baggern und Walzen im Einsatz. Haupt bittet die Anwohner, sich darauf einzustellen: "Es kann an Fronleichnam, am Sonntag und in den Nachtstunden zu Lärmbelästigungen kommen."

Die Polizei Bad Kissingen rechnet zudem wegen der zeitgleich stattfindenden Offroad-Messe "Abenteuer und Allrad" mit Verkehrsbehinderungen.

Schritt für Schritt: Wie funktioniert die Verschiebung? Nachdem am Mittwoch der letzte Zug gefahren ist, werden die Gleise zurückgebaut. "Als erstes kommen die Kabel für Kommunikation- und Sicherung weg", erklärt Haupt. Die liegen in den Gleisen. Die Kabel werden gekappt und aufgerollt. Anschließend werden die Schienen auseinander geschweißt, dann wird erst das Gleisbett und schließlich der ganze Bahndamm abgetragen. "Das ist für uns die kritische Phase", sagt der Ingenieur. Schlechtes Wetter könnte den Zeitplan durcheinander werfen.

Gaspolster aus Stickstoff

Am Freitagabend soll die Brücke in die frei gewordene Lücke im Bahndamm geschoben werden. Dafür ist eine Spezialfirma aus Nürnberg verantwortlich. An den Seiten des Bauwerks befinden sich jeweils drei Flügel. Darunter werden Lastmodule verschraubt, die wiederum auf Stahlgleitschienen liegen. Aus den Lastmodulen wird Stickstoff gepresst, so dass die Brücke wie auf einem dünnen Gaspolster schwebt. "Die Reibung wird dadurch enorm verringert", erklärt Haupt. Hydraulische Hubzylinder schieben das Bauwerk dann Stück für Stück in die endgültige Position. Im Anschluss wird der Bahndamm wieder aufgeschüttet und die Gleise werden wiederhergestellt. Zuschauer können die Prozedur vom Fußweg auf der anderen Seite der B 286 beobachten.

B 286 wieder komplett frei

Die Bundesstraße bleibt noch eine Woche gesperrt, auch wenn die Arbeiten an der Brücke abgeschlossen sind. Es ergibt sich dadurch die Möglichkeit, die Straße am Stück zu asphaltieren. "Die Straßendecke hat dann eine höhere Qualität und ist länger haltbar", begründet Haupt. Die Asphaltierung dauert eine Woche, danach wird die wichtige Zufahrt nach Bad Kissingen wieder komplett freigegeben.

Zahlen und Zeitplan des Brückeneinschubs

Technische Daten Die Stahlbetonbrücke hat eine Durchfahrtshöhe von 4,5 Metern. Sie ist fünf Meter breit und von Flügelende zu Flügelende 27,5 Meter lang. Ihr Gewicht beträgt 1130 Tonnen. Die Lebensdauer liegt bei mehr als 100 Jahren. Die Brücke ist so groß, dass sie vom Schwerlastverkehr benutzt werden kann. Sollte die daneben liegende Autounterführung saniert werden, könnte der Verkehr über den Radweg umgeleitet werden.

Einschub Jedes Lastmodul trägt während des Einschubs ein Gewicht von 190 Tonnen. Sie sind für ein Gewicht von 250 Tonnen ausgelegt. Die Brücke muss eine Strecke von 42,20 Metern zurücklegen. Bei einer Geschwindigkeit von einem Meter in der Minute werden rund 90 Minuten benötigt.

Sperrung Die B 286 ist zwei Wochen von Montag, 1. Juni, bis Freitag, 12. Juni gesperrt. Die Bahngleise sind von Mittwoch, 3. Juni, ab 23 Uhr bis Sonntag, 7. Juni, nicht befahrbar. Zwischen den Gleisabschnitten Ebenhausen - Bad Kissingen - Elfershausen verkehren stattdessen Busse.

Zeitplan Die eigentliche Verschiebung beginnt Mittwochnacht mit dem Rückbau der Gleise und des Gleisbettes.Die Brücke wird am Freitag voraussichtlich zwischen 18.30 und 20.30 Uhr in ihre endgültige Position verschoben. Östlich des Bahndamms, entlang des vorhandenen Fußwegs zum Freibad, wird ein Besucherfeld eingerichtet. Ab Montag sollen wieder Züge rollen. In der zweiten Woche der Vollsperrung wird die B 286 asphaltiert. Die Bundesstraße ist voraussichtlich ab Freitagnachmittag wieder frei befahrbar. Ab Mitte Juni soll der Radwegabschnitt von Bad Kissingen bis zum Bahndamm asphaltiert werden. Der zweite Abschnitt weiter nach Arnshausen soll bis Ende des Jahres fertig sein.