Interview mit Krankenhaus-Koordinator für Unterfranken: Betten voll - wie geht es weiter?
Autor: Charlotte Wittnebel-Schmitz
LKR Bad Kissingen, Mittwoch, 01. Dezember 2021
Die Lage in den Krankenhäusern spitzt sich weiter zu. Was bedeutet das für Menschen, die nun eine intensivmedizinische Behandlung brauchen?
Dr. Michael Mildner ist Ärztlicher Leiter der Krankenhauskoordinierung für den Zweckverband für Rettungsdienste und Feuerwehralarmierung Schweinfurt.
Seine Aufgabe ist es, die Übersicht zu bewahren und die Verteilung der Patienten auf die Kliniken zu koordinieren. Er kennt sich daher bestens aus, wie die Lage in den Landkreisen Bad Kissingen, Haßberge, Rhön-Grabfeld, Schweinfurt sowie für die Stadt Schweinfurt ist.
Die für Corona vorgesehenen Intensivbetten waren am Dienstag in der Main-Rhön-Region erschöpft. Heißt das wirklich, es sind keine Betten mehr frei für Leute ohne Coronainfektion, die aber ein Intensivbett brauchen?
Dr. Michael Mildner: Gestern (Dienstag, 31.11.2021) gab es keine Intensivbetten mehr, auch für Leute, die keine Coronainfektion haben. Alles, was da kam, musste über das Kontingent der Intensivstationen untergebracht werden. Heute Morgen sah es besser aus, läuft aber inzwischen schon wieder zu. Aber es ist keine Frage der aufgestellten Betten. Es gibt Betten, auch auf der Intensivstation. Auch Maschinen. Aber es gibt nicht ausreichend Menschen, insbesondere in der Pflege. Es geht über die Kapazitätsgrenzen der Leute hinaus.
Kommen jetzt Mediziner, die in Pension sind, in die Intensivstationen?
Es ist ein Verteilungskampf, der Personalpool ist begrenzt. Die Pensionäre sind überwiegend beim Impfen. Außerdem ist es nicht so sinnvoll, auf den Intensivstationen Leute einzusetzen, die schon ein paar Jahre raus sind und keine Erfahrungen mit der Behandlung von intensivpflichtigen Covid-Patienten haben. Aber keine Frage, es gibt Kollegen, die das könnten.
Sind schon Patienten in Ihrem Zuständigkeitsbereich ausgeflogen worden?
Nein, es ist noch niemand ausgeflogen worden. Ich rechne auch nicht damit. Bodengebunde Umverlegungen gibt es aber schon. Erst gestern wurde eine Person nach Würzburg gebracht.
Im Landkreis Miesbach werden bereits Leichensammelstellen vorbereitet. Ist es bei uns auch schon so weit?
Nein. Das haben wir in der ersten Welle gemacht. Bisher weiß ich nichts davon. In den südbayerischen Landkreisen hat die Kleeblattaktion für Entlastung gesorgt.
Wie geht es weiter?
Es gibt zwei Prognosen, die auf unterschiedlichen Algorithmen beruhen und wöchentlich neu berechnet werden. Die eine ist von der Universität Freiburg, die andere von der Universität Ulm. Die aus Freiburg besagt, dass am Dienstag der Scheitelpunkt war, dass es nun einen leicht rückläufigen Bedarf gibt. Das glaube ich nicht. Die Ulmer Prognose sagt, dass es noch zehn Tage ansteigen wird. Laut dieser kommt es in Unterfranken zu einer Steigerung des Intensivbettenbedarfs nochmals um 25 Prozent. Vor einer Woche lag die Prognose noch bei einer Steigerung von 30 bis 40 Prozent. Letztlich müssen wir abwarten, was eintreten wird.