Ein Flowtrail-Selbstversuch: Simon Snaschel, eigentlich Fußballer, hat am Kreuzberg Mountainbike-Erfahrung geschnuppert.
Ein großer Freund des Kreuzbergs bin ich nie gewesen. Ein Mountainbiker bislang auch nicht. Aber das war geil. So richtig geil. Die Abfahrt und insbesondere der Flowtrail haben entschädigt. Für einen Anstieg mit brennenden Oberschenkeln und Muskelkater am Tag danach. Als Sportjournalist habe ich inzwischen das eine oder andere ausprobiert und erlebt. Aber diese Mischung aus Adrenalin, Geschwindigkeit, Technik und Action hat mich schnell gepackt. Drei Stunden zuvor war ich mir nicht sicher, was mich erwarten würde. Gut, eine Mountainbike-Tour auf den Kreuzberg war vereinbart. Dass ich auch wieder runterkommen musste, war mir schon klar. Und dass es nicht einfach die Straßen entlang gehen würde, war jetzt auch nicht die große Überraschung. Schließlich führte mich einer, der die Rhön wie seine Westentasche kennt.
Andreas Rohe stammt ursprünglich aus Bad Königshofen, inzwischen lebt er seit fast 20 Jahren in Unterwaldbehrungen. Und er betreibt die Bike-Schule Rhöntrail.
"Die Rhön ist ideal zum Biken", erzählt der 46-Jährige, während wir von Bischofsheim aus in Richtung Frankenheim starten. Wir sprechen über Sport, über das Mountainbiken, über unsere Fahrräder. Gut, eigentlich gehören beide ihm: 2000 Euro sind die etwa wert - jeweils. "Mittelklasse", wie Rohe sagt. Als Bike-Lehrer hat Andreas Rohe sich 2012 selbständig gemacht. Schwer gefallen ist ihm der Schritt nicht. "Natürlich macht man das nicht von heute auf morgen. Vom Sport war ich schon immer begeistert und habe das Potenzial der Rhön erkannt. Die habe ich dann erstmal erkundet, war eigentlich jeden Tag mit dem Bike unterwegs.
Man muss ja Touren zusammenstellen, sehen, was möglich ist."
Das Feedback war schließlich durchweg positiv. Inzwischen läuft es nicht nur für Rohe und Rhöntrail rund, das Mountainbiken an sich wird immer mehr zur absoluten Volkssportart. "Draußen in der Natur zu sein, die körperliche Herausforderung im schweren Gelände, außerdem der mentale Aspekt - die Mischung ist einfach super", sagt Rohe über seine Sportart. Das Mountainbiken ist seine Leidenschaft, das spürt man jederzeit. Und die hat Rohe zu seinem Beruf gemacht: "Das würde ich gegen keinen Job eintauschen."
So angenehm die Unterhaltung auch ist, so häufig gerät sie mit der Zeit ins Stocken. Denn die Anstrengung nimmt mit dem Anstieg am Arnsberg immer mehr zu. Anfangs tue ich mir schwer, den richtigen Rhythmus und Gang zu finden. "Ruhig und rund treten, nicht strampeln", sagt Rohe, der gemächlich hinter mir herfährt.
Beim ersten Halt spricht Rohe über die umliegenden Berge, die verschiedenen Begebenheiten und den unterschiedlichen Untergrund. Über Schwierigkeiten mit dem Wetter, über alle möglichen Charaktere und die Ansprüche an einen Bike-Lehrer. "Das ist ja nicht allein die Technik, du verbringst oft ja eine ganze Woche mit einer Gruppe mit unterschiedlichen Menschen. Erwachsene, Kinder, alles ist dabei. Die musst du bei Laune halten."
Meine Laune wird derweil etwas schlechter. Denn ein paar Minuten müssen wir über offenes Gelände, da pfeift der Wind einem doch eisig um die Ohren. "Jetzt geht's gleich an die Körner", warnt mich Rohe vor, als wir wieder in den Wald starten. Denn die letzten Höhenmeter in Richtung Kloster Kreuzberg haben es in sich. Besonders, da es häufig über große Steine geht und die vom Regen der vorangegangenen Tage doch arg rutschig sind. Immer wieder verliere ich mit dem Rad den Halt.
"Du musst das Gewicht gleichmäßig verteilen und mit Schwung durchgehen, hohe Trittfrequenz", sagt Rohe, gibt aber zu, dass die Erfahrung bei solchen Anstiegen entscheidend wäre. Und die fehlt mir. Dennoch kommen wir wenig später am Gipfel des Kreuzbergs an. Damit ist für mich als Münnerstadter (Vor-)Rhöner ein wichtiger Punkt im Lebenslauf abgehakt: Mit dem Fahrrad auf den Kreuzberg - Check.
Der erste Teil ist also geschafft. Und ab jetzt wird die Sache hier so richtig Spaß machen. Davon bin ich aber noch nicht überzeugt, als mir Rohe einen Schnellkurs in Sachen Abfahrt mit dem Mountainbike gibt. "Ganz wichtig ist der Pistolengriff, also immer einen oder zwei Finger an den Bremsen. Dann mit breiten Armen etwas nach vorne lehnen, wie ein Gorilla. Den Sitz ganz tief einstellen und die ganze Abfahrt im Stehen fahren.
Und auf jeden Fall immer den Blick nach vorne, um die Strecke zu checken." Erst einmal bin ich vorsichtig, als wir mit gut 25 Stundenkilometern den ersten Streckenteil in Richtung Neustädter Haus herunterfahren. Spaß macht es trotzdem, wenngleich ich noch etwas verbissen am Lenker hänge. "Ganz locker in den Handgelenken", sagt Rohe. Die Mountainbikes sind sehr gut gedämpft, trotzdem belastet der unebene Untergrund die Arme ordentlich. Ja und dann, dann wird es richtig interessant.
"Flowtrail Kreuzberg" steht auf einem großen Schild. Daneben biegt ein schmaler Weg in den Wald, es geht bergab. Flowtrail, das ist ein künstlich angelegter Streckenabschnitt mit Rampen, Holzbrücken, scharfen Kurven: ein Spielplatz für Mountainbiker, frei befahrbar für jedermann. "Es gibt den Chickenway", sagt Rohe. "Der führt an den großen Hindernissen vorbei, so kann auch ein Anfänger durchfahren." Ein Anfänger wie ich.
Die großen Sprünge lasse ich weg, dennoch rumpeln wir mit rund 30 Km/h die Piste herunter. Und das macht riesigen Spaß. Mit der Zeit gewinne ich freilich auch an Zutrauen, bremse weniger und lasse das Bike einfach rollen. "Geil, oder?", empfängt mich Rohe kurz danach grinsend am Ende des Parcours. "Absolut", antworte ich.
Auf dem letzten Streckenabschnitt über Unterweißenbrunn zurück nach Bischofsheim haben wir wieder mehr Zeit und Luft, etwas zu plaudern. "Fußballer bist du?", fragt Rohe. "Habe ich früher auch gemacht, in Bad Königshofen. Die Umstellung auf das Mountainbiken war am Anfang brutal, weil ganz andere Muskelpartien beansprucht werden." Zuspruch, wie schön. Aber einen Seitenhieb kann sich Rohe ganz am Ende doch nicht verkneifen, als meine Beine sich doch mehr und mehr bemerkbar machen. "War doch eine schöne kleine Vormittagsrunde, oder?" Schön und klein? Naja. Eher absolut geil.