Kein anderer Fußballreporter ist so inständig mit Lob bedacht worden wie Günther Koch. Das Buch "Wir melden uns vom Abgrund" zeichnet das Leben eines Besessenen und Seiteneinsteigers des Fußballbetriebs nach.
Dieses Gesicht. So schaut kein Held. So schaut keiner aus der Gattung dieser auf Hochglanz polierten Stars und Sternchen. Nachdenklich schaut er aus, der Günther Koch. Vielleicht auch erschöpft, eine Spur leidend. Dort, an seinem Arbeitsplatz als Radioreporter. Das Bild auf dem Buchdeckel passt wie die Faust aufs Auge zum Titel des Buchs: Wir melden uns vom Abgrund.
Dieser Mann mit Kopfhörer. Brille, Bart und blauem Hemd hat auf den ersten Blick so gar nichts Glamouröses an sich. Mehr Arbeiterklasse als Chefetage. Aber wehe, wenn er losgelassen. Das Unprätentiöse verschwindet, sobald Günther Koch mit dem Reden beginnt, bevorzugt über Fußball natürlich. Als "Poet am Ball" wird der ehemalige Lehrer bezeichnet, als "Stimme des Fußballs" gar, wie der Stern einmal schrieb. Und nichts davon ist übertrieben. Günther Koch malt Bilder im Kopf. Erst recht für jene Fangemeinde, die es mit dem 1. FC Nürnberg hält. Aber bitte nicht irren: "Güko" ist, bei aller Liebe für seinen "Glubb", keineswegs auf den mittelfränkischen Traditionsverein fixiert. Koch mag den Fußball, mag sogar den FC Bayern München. Und scheut schon gar nicht die Konfrontation, wenn einer die Unabhängigkeit dieses Freigeistes in Frage stellt.
Eine Frage des Vertrauens
Jürgen Roth, Autor des Buches, hatte quasi den Zuschlag bekommen, Leben und vor allem mediales Wirken von Günther Koch in Schriftform in Szene zu setzen. Eine Herausforderung, die nur ein Vertrauter des Wort-Akrobaten meistern konnte. 20 Jahre kennen und schätzen sich der Verfasser und der Protagonist, weshalb das Oeuvre fernab jedweder Oberflächlichkeit ist. Nichts, was die Leserin und der Leser mal im Vorübergehen konsumieren sollte. Zeit nehmen heißt die Devise für dieses Buch, das vor wenigen Wochen im Kunstmann-Verlag erschien, pünktlich zum 80. Geburtstag von Günther Koch.
Bei all den interessanten Begegnungen hätte es durchaus ein Bildband werden können, aber Jürgen Roth begnügt sich mit einer überschaubaren Anzahl an Foto-Motiven eines facettenreichen, immer auch politischen und sowieso stets emotionalen Menschen. Was das Buch so lesenswert macht? Dass viele Wegbegleiter sich sehr persönlich auslassen dürfen über diesen Nonkonformisten.