Slow Travel: Eine Weltreise, kein Flugzeug

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Auf Familienbesuch in Bad Kissingen: Jochen Müller zeigt einen Sarong. Der bunte Stoff ist ein traditionelles Kleidungsstück auf Bali. Foto: B. Borst
Auf Familienbesuch in Bad Kissingen: Jochen Müller zeigt einen Sarong. Der bunte Stoff ist ein traditionelles Kleidungsstück auf Bali.  Foto: B. Borst
Skipper Torsten (rechts) gibt Jochen Müller letzte Anweisungen für die Fahrt. Foto: Bergholter/Müller
Skipper Torsten (rechts) gibt Jochen Müller letzte Anweisungen für die Fahrt. Foto: Bergholter/Müller
 
Beerdigungszeremonie auf Bali: Der zentnerschwere Sarg einer Priesterin wird durch die Straßen getragen. Foto: Bergholter/Müller
Beerdigungszeremonie auf Bali: Der zentnerschwere Sarg einer Priesterin wird durch die Straßen getragen. Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Endlich wieder Handyempfang Foto: Bergholter/Müller
Endlich wieder Handyempfang Foto: Bergholter/Müller
 
Chinesisches Straßenessen Foto: Bergholter/Müller
Chinesisches Straßenessen Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Im November ist das Buch Mittendurch statt drüber weg erschienen. Foto: Benedikt Borst
Im November ist das Buch Mittendurch statt drüber weg erschienen. Foto: Benedikt Borst
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
Mittendurch statt drüber weg Foto: Bergholter/Müller
 

Jochen Müller will vor dem immer gleichen Alltag entfliehen: Der Wissenschaftler mit den Kissinger Wurzeln wirft seinen Job hin, kündigt seine Wohnung und geht mit Kumpel Peer auf eine 15 monatige Weltreise. Die Herausforderung: Mehr als 70 000 Kilometer ohne zu fliegen.

Die Weltreise begann mit einem Skiurlaub in Österreich und einer Sinnkrise. Jochen Müller, geboren in Kassel, die Familie alteingesessene Bad Kissinger, arbeitete 2010 als promovierter Wissenschaftler an der Charité in Berlin. Sein Freund Peer Bergholter war als Journalist und Werbetexter tätig. Beide sind Mitte 30, beide haben keine Lust auf den immer gleichen Alltag.
Abends beim Biertrinken auf einer Hütte in den Alpen wird Müller klar, wie unzufrieden er mit seinem Leben ist. "Eine Woche Urlaub reicht mir nicht. Ich verpiss mich", sagt er. Heute benutzt er deutliche Worte, wenn er über die Zeit vor fünf Jahren spricht.


Auto weg, Job weg, Freundin weg

In den beiden Männern reift der Entschluss, einen Strich zu ziehen. Sie planen ihre Auszeit, wieder fließt Bier: "Wir haben uns bei mir in der Küche getroffen und uns überlegt, wo wir schon immer hin wollten", erzählt Müller. Schnell zeigt sich, dass sie es mit einer Weltumrundung probieren wollen. Dann die Idee: "Wir fliegen nicht." Ein Flugzeug würden sie nur benötigen, um von Australien über den Pazifik nach Südamerika und von dort über den Atlantik nach Europa zu gelangen. Das muss sich anders lösen lassen.

Vor der Reise lösen die Männer ihre Haushalte auf, Jochen kündigt seinen Job, Peer verkauft sein Auto und macht mit seiner Freundin Schluss. Ausgerüstet mit je zwei Rucksäcken, Klamotten, Laptop und Kamera geht es los: Über Russland und die Mongolei nach China und weiter nach Südostasien. 15 Monate später, an Weihnachten 2012, kommen sie nach einer Reise durch 21 Länder wieder in Deutschland an.


Frust auf Timor

Ihre Erlebnisse haben sie in einem Reiseblog veröffentlicht, außerdem ist seit kurzem ein Buch über die Weltumrundung ohne Flugzeug erhältlich. Paradoxerweise waren es nicht die Ozeane, die Probleme machten, sondern die kleine Timorsee zwischen Indonesien und Australien. "Für den Pazifik und den Atlantik hatten wir einfach Plätze auf Containerschiffen gebucht", sagt Müller. "Australien hatte aber den Schiffsverkehr nach Südostasien zum Erliegen gebracht." Weil sich kein Boot für die Überfahrt fand, stieg Bergholter frustriert in den Flieger nach Darwin, während Müller sich drei Monate lang von Java aus von Insel zu Insel bis nach Timor hangelte. Dort gab er auf. "Das war der Tiefpunkt der Reise. Ich habe gemerkt, es geht nicht mehr. Die Zeit wurde knapp, ich musste fliegen."

Die Freunde versuchten, flexibel auf die Reisgegebenheiten zu reagieren. "Auch wenn es abgedroschen klingt: Wir wollten den Weg zum Ziel machen", sagt Müller. Den Rest besorgte das Glück, wie etwa auf Bali. "Wir sind durch einen ganz dummen Zufall zu einer hinduistischen Trauerzeremonie eingeladen worden." Die wichtigste Hohepriesterin des Landes wurde beigesetzt. Die beiden Freunde waren als einzige Touristen dabei, eingehüllt in traditionelle balinesische Kleider. "Es war fantastisch." Die Sinnkrise aus den Alpen war da bereits vergessen.


CO2- reduziertes Abenteuer trifft Nerv der Zeit

Ein Jahr lang aus dem Alltag ausbrechen, eine Weltreise machen, nur mit dem Rucksack von Hostel zu Hostel ziehen und exotische Länder bereisen. Solche Erlebnisse sind für die heutigen Generationen lange nichts ungewöhnliches mehr. Ganze Bibliotheken lassen sich mit Reisetagebüchern, Abenteuerberichten und ähnlichen füllen. Dennoch schaffen es Jochen Müller und Peer Bergholter mit "Mittendurch statt drüber weg", in dieser Bücherflut nicht unterzugehen. Sie haben einen Schwerpunkt gesetzt, mit dem sie den Zeitgeist getroffen haben: eine Weltreise, 70 576 Kilometer, 21 Länder, kein Flugzeug.

Unter den Modestichworten Slow Travel und CO2 -Reduktion lässt sich die Weltreise offenbar gut vermarkten. Für GEO.de schrieben die beiden während ihres Trips einen Reiseblog, für die Verlagsgruppe Droemer Knaur schildern sie ihre Erlebnisse und Begegnungen nochmals in Buchform. Der Titel wurde auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt und ist im November erschienen.

Die beiden Autoren schildern Kapitel für Kapitel abwechselnd ihre Eindrücke von Begegnungen, Konflikten, Erlebnissen, angefangen bei Visumsproblemen in Russland über Fahrzeugpannen in der Mongolei bis hin zur verzweifelten Suche nach einer Überfahrgelegenheit von Südostasien nach Australien. Die einzelnen Passagen sind kurzweilig und lebendig geschrieben, der Sprachstil der beiden Autoren ist klar und direkt. Der Leser wird dadurch nah an das Geschehen heran geholt. Unter jedem Kapitel gibt es eine kurze Infobox über die Eigenheiten eines Landes mit Tipps für andere Backpacker.

Mittendurch statt drüber weg, Taschenbuch, Knaur TB, 336 Seiten, ISBN: 978 3 426 78775 5, 12,99 Euro.