Querdenker kleben Parolen auf Kirchen-Schaukasten: Pfarrer sucht nach Antworten

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Aufkleber, mit denen sie ihre ganz speziell Sicht auf die Coronapandemie und deren Auswirkung kundtun, haben Unbekannte an den Schaukästen verschiedener Organisationen im Stadtgebiet angebracht. Foto: Martina Kirchner
Aufkleber, mit denen sie ihre ganz speziell Sicht auf die Coronapandemie und deren Auswirkung kundtun, haben Unbekannte an den Schaukästen verschiedener Organisationen im Stadtgebiet angebracht. Foto: Martina Kirchner
Pfarrer Kirchner sucht Erklärungen für das Verhalten der Querdenker. Foto: Rolf Pralle.
Pfarrer Kirchner sucht Erklärungen für das Verhalten der Querdenker. Foto:  Rolf Pralle.
 
"Die Maske muss weg", ist auf diesem Aufkleber zu lesen. Foto: Martina Kirchner.
"Die Maske muss weg", ist auf diesem Aufkleber zu lesen. Foto:  Martina Kirchner.
 

In Bad Brückenau wurden Schaukästen beklebt. Der evangelische Pfarrer Gerd Kirchner sucht nach Antworten, weshalb dies passiert.

Sogenannte Querdenker, Coronaleugner und Verschwörungstheoretiker kennen fast keine Tabus mehr. Ende vergangener Woche haben Unbekannte die Scheiben der in der Stadt aufgehängten Schaukästen verschiedener Organisationen, unter anderem der evangelischen Kirchengemeinde Bad Brückenau, mit Aufklebern voller Parolen versehen. Unter dem Oberbegriff "Deutschland gegen den Corona-Wahnsinn" werden Schlagworte wie Angstpropaganda, Existenzvernichtung, Wirtschaftsdemontage oder soziale Spaltung ins Feld geführt. Das Ganze gipfelt in der Forderung "Die Maske muss weg!".

Der evangelische Pfarrer Gerd Kirchner war nach der Entdeckung der Aufkleber im ersten Moment natürlich schockiert. Trotzdem will er das Handeln der Täter nicht sofort in Bausch und Bogen verurteilen. "Das Problem liegt viel tiefer", sagt der Geistliche, der sich schon seit mehreren Jahrzehnten mit Verschwörungstheorien unterschiedlicher Art beschäftigt und regelmäßig nach deren Ursachen sucht.

Querdenker kleben Sticker auf Schaukästen von Vereinen und Kirche

"Solche Aktionen wie jetzt gehen meistens von Menschen aus, die während ihres Lebens in der Tiefe ihrer Seele regelrecht vorgeführt wurden. Entweder auf Grund eigener Erfahrungen oder oft auch durch überlieferte Erzählungen ist ihr Weltbild immer wieder erschüttert worden".

Kirchner macht seine Aussage an mehreren Beispielen fest. So hätten sich Bürger der ehemaligen Ostblockstaaten von der Öffnung nach Westen und dem späteren Beitritt zur EU wahre Wunderdinge erhofft, schnell aber feststellen müssen, "dass es auch in der neuen Konstellation gewisse Spielregeln gibt und die erhoffte Freiheit nur in gewissem Maße realisierbar ist".

Auch das Thema Nationalsozialismus, das heute leider noch von vielen Menschen gerade der älteren Generation verdrängt werde, spiele eine große Rolle. "Da werden späte Reflexe erkennbar, die in einem für mein Verständnis sinnlosen Handeln ihren Ausdruck finden", erörtert der Pastor einen weiteren Aspekt seiner intensiven Recherchen.

Pfarrer bezieht Stellung

"Diese Leute sollen doch ihre zweifellos vorhandenen positiven Energien lieber in einen fruchtbaren demokratischen Prozess einbringen", hat der Geistliche eine klare Meinung, die er schon oft bei Diskussionen im kleineren Kreis oder auch in größerer Runde eingebracht hat. Er wird nach eigener Aussage trotz aller Widrigkeiten auch künftig in seinem "Bemühen um ein gutes Miteinander" nicht nachlassen.

Weitere Sticker sollen sich noch auf den Informationen des Rhönklub-Zweigvereins und der örtlichen Reservistenkameradschaft befinden.