Der Ort Gräfendorf im Landkreis Main-Spessart fühlt sich von den vielen Besuchern am Wasserfall derzeit überrannt. Mehrere Unfälle werfen die Frage auf, wie sicher es für Wanderer und Besucher dort ist.
Derzeit ist der Trettstein-Wasserfall im Wald bei Gräfendorf, auf der Grenze der Landkreise Main-Spessart und Bad Kissingen, ein überaus beliebtes Ausflugsziel. "Die Leute überrennen uns momentan", sagt Gräfendorfs Bürgermeister Johannes Wagenpfahl. Am Pfingstmontag wurden, offenbar unter anderem durch Instagram angelockt, 2200 Besucher gezählt, sagt Stephan Schulze vom Baumhaushotel Seemühle. Im Trettsteinbecken tummelten sich bis zu 150 Leute gleichzeitig. Am Sonntagmittag war eine 53-jährige Wanderin am Wasserfall abgestürzt und hatte sich schwer verletzt.
Der Unfall und ein weiterer im vergangenen Jahr, bei dem der ehemalige Burgsinner Bürgermeister Franz Schüßler stürzte und sich Sprunggelenk und Wadenbein brach, werfen die Frage auf, wie gefährlich der Besuch des Wasserfalls ist und ob man ihn und die Wege besser sichern oder mit Tafeln auf die Gefahren hinweisen könnte. Klaus Spitzl, Geschäftsführer vom Naturpark Bayerische Rhön, kennt den Trettstein. Er ist der Meinung: "Wenn man sich auf den Wanderwegen bewegt, passiert eigentlich gar nix." Stephan Schulze vom Baumhaushotel Seemühle, über dessen Grund ein Teil der Wege zum Trettstein führt und für dessen Hotelgäste die vielen Besucher eine Zumutung seien, sagt hingegen: "Sicher ist da gar nichts." Es sei rutschig und steil, kurzum "total gefährlich".
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Vor sechs Jahren wurden am Wasserfall neue Geländer installiert, die örtliche Jugendfeuerwehr setzt regelmäßig Stege und Wege instand. Der offizielle Wanderweg befindet sich auf der Seite des Landkreises Bad Kissingen und wurde vor einigen Jahren mit einem Holzgeländer ausgestattet. Der Weg von Gräfendorf sei ebenfalls in einem vernünftigen Zustand, findet Bürgermeister Wagenpfahl. "Im Rahmen unserer Möglichkeiten haben wir da ein Auge drauf." Allerdings sei die abgestürzte Frau von der anderen Seite, wo es kein Geländer gibt, einen steilen Hang heruntergekommen - und das, so wurde ihm zugetragen, mit ungeeigneten Schuhen.
Hat die Gemeinde eine Sicherungspflicht am Wasserfall? Wagenpfahl meint nein und bezieht sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Oktober 2012. Darin ist festgehalten, dass die Benutzung des Waldes auf eigene Gefahr geschieht, ein Waldbesitzer keine besonderen Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten hat. "Die Leute müssen wissen, dass es in so einem Wald waldtypische Gefahren gibt", so der Bürgermeister. "Wir können das nicht so absichern wie im Dorf eine Straße oder eine Treppe mit Räum- und Streupflicht."
Der im vergangenen Jahr verunglückte frühere Burgsinner Bürgermeister Franz Schüßler, 61, sieht das ebenso. Er sei schon viele Male am Trettstein gewesen, vor einem Jahr aber habe er es über einen ungesicherten Weg versucht und sei über eine Wurzel gestolpert. Tief gestürzt sei er nicht. Sich im Wald zu bewegen sei eben ein Risiko.
Das Aufstellen einer Tafel, die auf mögliche Gefahren hinweist, wäre denkbar, aber Bürgermeister Wagenpfahl gibt zu bedenken, dass es allein zwei Wege von Gräfendorf dorthin gibt, außerdem zwei von Dittlofsroda und einen von Waizenbach. Wo sollte man eine solche Tafel also aufstellen?
Katja Glatzer, Redakteurin aus Würzburg, ist der Meinung, dass auch auf dem Weg an Gefahrenstellen wenigstens ein kleines Schild sinnvoll wäre. Sie wurde am Muttertag auf dem Rückweg vom Wasserfall Zeugin, wie eine Großmutter mit ihrem dreijährigen Enkel auf dem Pfad vom Baumhaushotel auf einem laubbedeckten Stein ausrutschte und beide mehrere Meter den steilen Hang hinabrollten.