In der Revision bleibt das Urteil im Automatensprenger-Prozess bestehen, die Strafen fallen etwas geringer aus. Noch eine Revision?
Auch die Zweite Große Strafkammer des Landgerichts Hanau hat im Automatensprenger-Prozess die beiden Schlüchterner wegen versuchten Mordes schuldig gesprochen. Der 53-Jährige wurde zu drei Jahren und zehn Monaten, der 38-Jährige zu vier Jahren und acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Das Strafmaß fiel damit um zwei beziehungsweise vier Monate geringer aus.
Der Jüngere scheint erneut in Revision gehen zu wollen.
Eindeutiges Ja des Staatsanwalts
Einzig ein Anklagepunkt war erneut zu verhandeln: der des versuchten Mordes. Wegen der Automatensprengung in Gaubüttelbrunn vor fast drei Jahren, an deren Folgen ihr Komplize aus Zeitlofs gestorben war, waren sie im Juli 2014 bereits verurteilt worden.
"Ist ein Tatentschluss zu bejahen, was die Tötungsabsicht angeht?", das war die Kernfrage, die sich laut Staatsanwalt Dr. Oliver Piechaczek stellt, um die beiden Angeklagten des versuchten Mordes schuldig zu sprechen. In seinem Plädoyer kam er zu einem klaren Ja. Die beiden Schlüchterner hätten erkennen können, dass ihr Komplize bei der Sprengung des Fahrkartenautomaten in Gaubüttelbrunn schwer, gar lebensgefährlich verletzt worden war.
Der unerwartet laute Knall, das Ausmaß der Verwüstung, die Beobachtung des älteren Angeklagten, dass der knapp 100 Kilogramm schwere Mittäter zwei bis drei Meter von der schweren Metallplatte durch die Luft katapultiert wurde und dann bewusstlos und blutend liegen blieb, waren Hinweise genug.
Aber die Schlüchterner schafften ihren Freund in dessen Auto, um ihn nach Salmünster zu bringen.
Auch wenn ihnen der Tod des Freundes nicht direkt zuzurechnen sei, seien sie doch aktiv geworden, um die eigene Tatbeteiligung zu vertuschen. Und das reicht laut Piechaczek aus, um den Vorwurf des Mordes zu begründen. Dass die beiden dabei noch immer unter Schock gestanden haben wollen, nimmt er ihnen nicht ab.
"Was passiert ist, ist tragisch", sagte die Verteidigerin des inzwischen 38-jährigen Angeklagten.
Richtig sei zwar, dass der Verletzte vom Tatort mitgenommen wurde, aber das gehe ja auch gar nicht anders, wenn man ihn in ein Krankenhaus bringen wolle. "Ihn nicht zurückzulassen, bedeutet doch gerade, dass den beiden etwas an ihm lag", so Rechtsanwältin Michaela Roth. Man könne nicht verlangen, dass die Laien die Schwere der Verletzung erkennen. Für deren Handeln könne man "Dummheit oder bösen Willen" unterstellen.
Die Juristin spricht gar von dämlichem Handeln. Der Staatsanwaltschaft unterstellt sie, die Argumentation basiere auf Unterstellungen. Die beiden, die mit einer einfache Kommunikation schon überfordert seien, hätten nie daran gedacht, dass sie eine Entscheidung zwischen dem Leben des Freundes und dem Nichtentdecktwerden hätten treffen müssen.
Keinesfalls handlungsunfähig
Das Gericht folgt am Ende der Forderung der Staatsanwaltschaft. Im niedrigeren Strafmaß berücksichtigt die Kammer dabei die lange Verfahrensdauer. "Das Verletzungsausmaß müssen sie laienhaft erkannt haben", begründet Vorsitzende Richterin Susanne Wetzel. Die beiden seien zwar sicher erschrocken, aber keinesfalls handlungsunfähig und kopflos gewesen.
Auch sieht es das Gericht als erwiesen an, dass das Leitmotiv der gesamten Handlungen die Verdeckung der Straftat gewesen sei.
Während der ältere Verurteilte umgehend den Rechtsmittelverzicht erklärt, wollen der Jüngere, die Staatsanwaltschaft sowie die Vertreterin der Nebenklägerin zunächst keine Erklärung abgeben.
Gegenüber den Kinzigtal-Nachrichten sagte Rechtsanwältin Michaela Roth im Anschluss allerdings, es werde wohl auf eine erneute Revision hinauslaufen. Binnen einer Woche will sie sich mit ihrem Mandanten zusammensetzen.
Andreas Ungermann