Jörg Wöltche zieht vor Verfassungsgericht.
Kaum hatte der bayerische Ministerpräsident am Sonntag das "Verbot des Gemeindegesangs im Gottesdienst" angekündigt, legte Jörg Wöltche beim Bayerischen Verfassungsgericht Klage dagegen ein. "Ich betone, dass dies privat erfolgte, denn als Angestellter meiner evangelischen Landeskirche steht mir eine solche Beschwerde nicht zu", sagt der Bad Kissinger Kirchenmusikdirektor und Schweinfurter Dekanatskantor. Als sich Wöltche am Montag nach München wandte, war die 10. Infektionsschutzverordnung des Freistaats indes noch gar nicht verabschiedet und publik gemacht worden. Unter anderem aus diesem Grund erfülle Wöltches Schreiben nicht die Voraussetzungen zu einer Verfassungsbeschwerde, heißt es in der Antwort des Münchner Verfassungsgerichtshofs von diesem Freitag.
Die Infektionsschutzverordnung, die am 9. Dezember in Kraft trat, schreibt vor, dass Gottesdienstbesucher nun nicht mehr singen dürfen. "Das halte ich für völlig überzogen", sagt Wöltche. Schließlich sei das Beten weiterhin erlaubt. "Wo ist da der Unterschied, ob ich im Sitzen ein Vaterunser bete oder im Stehen leise ein Lied mitsinge?"
Dass die Gottesdienstbesucher an Heiligabend nicht mal ein "Stille Nacht" singen dürfen, habe ihn sehr betroffen gemacht. "Da hatte ich nach dem Sonntag, als die Ministerrunde tagte, eine schlaflose Nacht." Denn natürlich habe man in Bad Kissingen, wie andernorts auch, ein umfassendes Hygienekonzept vorgelegt. Der Staat könne nicht derart in die Struktur von Gottesdiensten eingreifen, sagt Wöltche, der auch den Gospelchor der KisSingers leitet. Dagegen müsse man sich wehren, das Singverbot empfinde er als "Bevormundung". Nach Paragraf 142 der Bayerischen Verfassung aber seien Kirchen "von staatlicher Bevormundung frei", argumentiert er. Die Staatsregierung berufe sich bei ihrem Gesangsverbot auf Studien mit Profisängern. "Wer als gelernter Sänger mit bis zu 120 Dezibel singt, der stößt natürlich eine andere Menge an Aerosolen aus als ein durchschnittlicher Gottesdienstbesucher."
Neue Formulierung gefordert
Am Freitag hatte Wöltche die Antwort des Verfassungsgerichts im Briefkasten. Der Richter aus München habe in seinem Schreiben zwar Verständnis gezeigt. Er sei jedoch darauf hingewiesen worden, dass es zum Zeitpunkt seiner Beschwerde noch keinen "existenten Umsetzungsakt" des Singverbots gegeben habe. Zudem habe der Freistaat - anders als im Frühjahr beim kurzzeitigen bayernweiten Gottesdienstverbot - in der 10. Infektionsschutzverordnung nun mit dem Singverbot eine "mildere Maßnahme" in Bezug auf Gottesdienste gewählt.
Wolle er sein Anliegen weiterverfolgen, müsste er es neu formulieren und den normalen Klageweg beschreiten, zitiert Wöltche aus dem Schreiben. Doch mit einer solchen Klage, das gehe aus dem Brief hervor, werde er wohl keinen Erfolg haben. Man müsse die Pandemie-Vorschriften im Blick haben, dürfe sich davon aber nicht zu sehr einschüchtern lassen, findet er. Weihnachten sei nun mal ein besonderes Fest. Deshalb engagiert sich Wöltche dafür, dass die evangelische Kirchengemeinde in Bad Kissingen ein Krippenspiel im Freien aufführen kann. "Es ist mit den für den Hygieneschutz zuständigen Behörden abgestimmt - und die freuen sich sogar, dass wir das machen."
Seit Jahren findet die Aufführung der Kinder zu Heiligabend im Gotteshaus statt. Jetzt hat die Kirchengemeinde für Sonntag, 20. Dezember, die Bühne im Innenhof des Bad Kissinger Luitpoldbads angemietet. Das ausgeklügelte Hygienekonzept sieht 400 personalisierte Sitzplätze vor. Auf der Bühne sollen dann 25 Kinder singen - durch Folien voneinander getrennt. ikr
Nachdem sämtliche Veranstaltungen verboten sind kann ich nicht verstehen, wie man eine solche Großveranstaltung durchführen kann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Besucher auf den Plätzen und beim Verlassen des Innenhofs den notwendigen Abstand wahren können. Nachdem aber wahrscheinlich nächste Woche ein kompletter Lockdown beschlossen wird, bin ich mir sicher, dass der Gottesdienst entfällt.
Es ist mir ein Rätsel warum Leute ständig wegen unwichtigen Dingen vor Gericht ziehen müssen.
Ja, der Gottesdienst ist mit Singen definitiv schöner. Aber heute wurden fast 30.000 Neuinfektionen und 600 Tote binnen 24 Stunden gemeldet. Ist öffentliches Singen jetzt wirklich so wichtig?
Statt der Klage hätte der Kirchenmusikdirektor ein Angebot für ehemalige erkrankte Covid-Patienten ausarbeiten können. Ihnen würde Singen zur Heilung und Stärkung ihrer Lungen sicherlich gut tun.
Die sollen froh sein dass Gottesdienste überhaupt stattfinden dürfen, was man bei der derzeitigen Coronalage eigentlich auch verboten werden müsste
Stille Nacht können sie ja dann auf dem Weg nach Hause singen....