Im Wald am Sinnberg: 23-jähriger erpresst 4000 Euro von seinem ehemaligen Chef

2 Min
Der Prozess wird am 3. Februar, fortgesetzt, nachmittags sind die Plädoyers geplant.
Der Prozess wird am 3. Februar, fortgesetzt, nachmittags sind die Plädoyers geplant.

Ein 23-Jähriger versprach seinem Ex-Chef eine günstige Schafherde und presste ihm mit seinem bewaffneten Kumpel das Geld ab. Das Opfer ist bis heute traumatisiert und kann seinen Beruf nicht mehr ausüben.

250 Muttertiere für 5000 Euro - ein verlockendes Angebot für den Schäfer aus Nordrhein-Westfalen. Doch als er zusammen mit seinem Freund die Herde des früher bei ihm beschäftigten 23-jährigen Mannes bei Bad Kissingen besichtigen will, stürmt dessen Kumpel (24) - mit Sturmhaube maskiert und Pistole bewaffnet - aus dem Gebüsch. Beide pressen dem kaufinteressierten Schäfer 4000 Euro ab für eine Herde, die es gar nicht gibt - und flüchten in die Nacht.
Die kriminelle Tat, vollbracht am 12. April letzten Jahres gegen 21.15 Uhr, räumen die beiden Angeklagten am Mittwoch vor der Großen Strafkammer des Landgerichts ein und entschuldigen sich bei ihren Opfern. Diese sagen, davon hätten sie wenig. Sie sind auch ein Dreivierteljahr nach dem brutalen Überfall weiter traumatisiert und in psychologischer Behandlung. "Ich kann meinen Beruf nicht mehr ausüben", sagt der Schäfer (25). "Meine Tiere bekommen ihre Jungen im Winter, aber nach 17.30 Uhr traue ich mich nicht mehr aus dem Haus."
Unbedingt Geld brauchten die beiden Angeklagten, vor allem für die Finanzierung ihrer Drogensucht und zur Schuldenzahlung, wie sie sagen. Da kam der 23-Jährige (mit abgebrochener Ausbildung als Schäfer) auf die Idee, seinen früheren Chef "abzuziehen". Also rief er ihn an, bot ihm "seine" 250-köpfige Schafherde zum Kauf an - für nur 5000 Euro. Er wollte unbesehen eine Anzahlung. "Nicht, bevor ich die Tiere gesehen habe", sagte der Schäfer und fuhr mit seinem besten Freund gut 300 Kilometer aus dem Norden Nordrhein-Westfalens nach Bad Kissingen.
Angekommen am vereinbarten Treffpunkt, ein Schnellimbiss, stieg der 23-Jährige zu ihnen ins Auto und lotste die beiden an ein Waldstück "Am Sinnberg", von wo aus es nur wenige Meter bis zur Schafsherde sein sollte. Der Kaufinteressent war gleich nachdem Aussteigen schon skeptisch: "Da war kein Schafskot, und ich habe auch kein Blöken gehört." Nach wenigen Metern sprang "eine dunkle Gestalt" - der Kumpel des 23-jährigen Angeklagten - aus dem Gebüsch und bedrohte den Freund des Schäfers auf dem Beifahrersitz: "Geld her, Handy her." Der Maskierte hielt dabei die Pistole in Richtung seiner Schläfe.
Der Schäfer selbst schaltete sich ein, holte das Geld aus dem Handschuhfach und zählte dem Maskierten 4000 Euro auf die Hand. Sein Ex-Mitarbeiter begründete die Erpressung damit, er habe ihn damals schlecht behandelt. Anschließend mussten die Überfallenen ihre Handys und den Autoschlüssel herausrücken, welche die Angeklagten 15 Meter entfernt am Straßenrand ablegten mit der Ansage, sie sollten mehrere Minuten gar nichts unternehmen. Im Wald warteten weitere Komplizen, die das beobachten.
Nach einer ganzen Weile hielt der Schäfer ein Auto an, schilderte dem Fahrer die Lage. Vom nahen Café aus riefen die Erpressungsopfer die Polizei, die sofort nach den Tätern suchte. Der 23-Jährige, der die Idee zu dem Raubüberfall hatte, stellte sich einen Tag später der Polizei. Sein 24-jähriger Kumpel mit Sturmhaube und Pistole kam zwei Tage danach in U-Haft. Zuvor hatte er nach eigenen Worten die Tatwaffe vom Kurpark aus in die Saale geworfen.
Die beiden mutmaßlichen, aber weitgehend geständigen Täter haben nie einen Beruf erlernt, stammen offenbar aus schwierigsten familiären Verhältnissen, haben ein erhebliches Drogenproblem.
Für die schwere räuberische Erpressung drohen drei bis 15 Jahre Haft. Der Prozess wird am 3. Februar, fortgesetzt, nachmittags sind die Plädoyers geplant. Stefan Sauer