Es gibt einen Trend, der Sozialberaterin Gabriele Morath große Sorgen macht: Die Altersarmut im Landkreis nimmt zu.
"Die Altersarmut im Landkreis Bad Kissingen war schon immer ein Thema, und auch ein Thema mit einer großen Dunkelziffer. Denn vor allem ältere Menschen schämen sich, wenn sie erkennen und dann auch zugeben müssen, dass sie ohne Hilfe von außen nicht mehr klar kommen", sagt Gabriele Morath, Sozialberaterin beim Caritas-Kreisverband.
"Aber es werden auch immer mehr Menschen, die kommen, weil sie Angst vor der Zukunft haben und nicht wissen, wie sie ihr Alleinsein meistern sollen, weil sie sich ein Alten- oder Pflegeheim nicht leisten können."
Mit einer guten Beratung kann Gabriele Morath ihren Klienten einen gewissen Teil ihrer Sorgen nehmen. Aber es sind auch die ganz materiellen Probleme, die zunehmen.
Gerade in der kalten Jahreszeit, wenn der Energiebedarf steigt, sind viele Menschen überfordert, weil ihnen bei den steigenden Energiepreisen die Kosten über den Kopf wachsen. Zwar können ältere Menschen besser mit Kälte umgehen als jüngere und vor allem als Kinder. Aber wenn die Stromversorger drohen, den Strom abzuschalten, und es in manchen Fällen auch tun, dann muss Gabriele Morath auch mit Geld eingreifen.
"Wenn ich den Gesellschaften eine Abschlagszahlung anbieten kann, sind sie meistens bereit, sich auf ausgehandelte Ratenmodelle einzulassen, die die Bedürftigen alleine ohne die Absicherung im Hintergrund nie bekommen würden." So verhandeln kann sie nur, weil sie den Spendentopf der Aktion Weihnachtshilfe zur Verfügung hat.
Die Sozialberaterin staunt auch nach drei Jahren manchmal noch, wie gut sich viele alte Menschen mit ihrer Armut arrangieren können, wie sie
ihre Bedürfnisse auf ihre finanzielle Situation einstellen können - auch wenn sie wissen, dass sich ihre Not nicht mehr ändern wird. Denn auch die kleinste Rentenerhöhung wird sofort wieder von der Grundsicherung abgezogen, sodass unterm Strich immer derselbe Betrag steht.
Unvorhergesehenes ist fatal Aber diese organisierte Bescheidenheit funktioniert nur, solange nicht Unvorhergesehenes passiert.
Und das können auch Ereignisse sein, die ein Normalverdiener überhaupt nicht als Problem erkennt. Morath: "Jetzt war eine Frau bei mir, die plötzlich keine warmen Winterschuhe mehr hatte, weil ihre alten irreparabel kaputt gegangen waren." Sie kann unter Umstanden Ersatz über das Kramlädle der Caritas bekommen, aber halt auch nicht zum Nulltarif.
Schwieriger ist das schon, wenn die 20 Jahre alte Brille plötzlich zerbricht.
Überhaupt ist der Gesundheitssektor ein Bereich, der wachsende Sorgen macht, weil man sich auch im reichen Deutschland Krankheit leisten können muss. Dass viele Bedürftige nicht zum Arzt gehen, weil sie es sich nicht leisten können, ist für Gabriele Morath eine traurige, aber keine neue Erfahrung. Wobei es vor allem die immer teurer werdenden Medikamente sind, deren Kosten die Krankenkassen nicht übernehmen.
Einen kleinen Lichtblick ermöglicht da der Spendentopf der Weihnachtshilfe. Denn Bedürftige können von den Kosten frei gestellt werden, wenn sie einen nicht allzu hohen Betrag an die Krankenkasse bezahlen. Der ist für viele natürlich auch nicht zu stemmen, obwohl er sich im zweistelligen Bereich bewegt. Aber den kann Gabriele Morath übernehmen.
Der größte Posten sind - schon seit mehreren Jahren - die Lebensmittelgutscheine, mit denen Menschen
unterstützt werden, die mitten im Monat finanziell so ausgeblutet sind, dass sie sich nicht einmal mehr etwas zu essen kaufen können - ein erstaunliches Faktum inmitten einer Wohlstandsgesellschaft. Bei diesen Gutscheinen geht es wirklich nur um die Grundversorgung. Gegen Alkohol und Zigaretten dürfen sie nicht eingelöst werden.
Gabriele Morath hat die Erfahrung gemacht, dass die beteiligten Firmen diese Einschränkung sehr ernst nehmen und sich nicht an den Kassen nicht auf einen Handel einlassen oder ein Auge zudrücken. Und sie freut sich auch, dass die wenigen Versuche von Gutscheininhabern, diese zu verkaufen und sich ihren Alkohol mit Bargeld zu beschaffen, zum Misserfolg verdammt waren. Denn das ist einfach nicht erlaubt.