Nur wenn Gefahr droht, wird gefällt.

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Der Blick nach oben ist typisch für Florian Reuscher. Der Baumkontrolleur am Landratsamt überprüft den Zustand der landkreiseigenen Bäume. Auf dem Tablet hält er Ergebnisse noch vor Ort im Baumkataster fest. Foto: Dieter Büttner
Der Blick nach oben ist typisch für Florian Reuscher. Der Baumkontrolleur am Landratsamt überprüft den Zustand der landkreiseigenen Bäume. Auf dem Tablet hält er Ergebnisse noch vor Ort  im Baumkataster fest.  Foto: Dieter Büttner
Alte Bäume sind ökologisch wertvoll und sollen möglichst lange erhalten werden. Foto: Heike Beudert
Alte Bäume sind ökologisch wertvoll und sollen möglichst lange erhalten werden. Foto: Heike Beudert
 

Erhalten geht vor Fällen. Das ist die Devise von Baumkontrolleur Florian Reuscher. Regelmäßig prüft er die Bäume, die auf Grundstücken des Landkreises wachsen.

3800 Bäume und Baumgruppen wachsen aktuell auf dem Grund und Boden des Landkreises. Sie stehen auf Schulhöfen von Gymnasien und Realschulen, entlang von Straßen, auf Jugendzeltplätzen oder auf Wanderparkplätzen. Die Bäume werden geschätzt als ein Stück Natur in urbaner Umgebung, als Schattenspender, Naturdenkmäler, als Landschaftsgestalter oder Straßenbegleiter. Einen wirtschaftlichen Nutzen sollen sie nicht bringen. Ungezähmt können und dürfen sie dennoch nicht wachsen, weil dies in einer zivilisierten Umgebung Probleme mit sich bringen könnte. In einem Baumkataster hat der Landkreis deshalb alle seine Bäume erfasst.

Herabfallende Äste oder umstürzende Bäume sollen soweit wie möglich vermieden werden. Florian Reuscher kümmert sich als Baumkontrolleur gewissermaßen um die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen für den Baumbestand des Kreises.

Er kennt sie alle - die noch ungestüm wachsenden ebenso wie die alten, schon vergreisten Bäume. Denn regelmäßige Kontrolle ist wichtig. Oberstes Ziel ist dabei der Erhalt der Bäume. Gefällt wird nur, wenn es aus Sicherheitsgründen nicht mehr anders geht. Eine wichtige Hilfe bei seiner Arbeit ist für den 33-Jährigen das sogenannte Baumkataster. Darin sind alle 3800 Bäume beziehungsweise Baumgruppen im Eigentum des Landkreises aufgeführt. Seit 2016 wird dieses digital geführt. Im Kataster ist die Lage der Bäume mit GPS vermessen worden. "Man muss nachvollziehen können, wo die Bäume zu finden sind", sagt Florian Reuscher. Baumart, Vitalität, durchgeführte Pflegemaßnahmen, die jeweiligen Routinekontrollen - all das ist in diesem Verzeichnis festgehalten und wird regelmäßig aktualisiert.

Es hilft Florian Reuscher bei der Arbeitsplanung. Denn aus versicherungsrechtlichen Gründen müssen alle Bäume in unterschiedlichen Zeiträumen inspiziert werden. Naturdenkmäler - diese liegen im Kreis allesamt in der Obhut des Landratsamtes - werden aufgrund ihres hohen Alters am häufigsten, und zwar zweimal jährlich begutachtet. Die ältesten Bäume kommen auf ein Alter von 500 bis 600 Jahren, sagt Florian Reuscher. Es gibt Exemplare mit einem Stammumfang von acht Metern.

Das digitale Baumkataster ist nach Ansicht des Kreisgartenfachberaters Dieter Büttner ein absolutes Muss für den Landkreis. "Wir hätten anders nicht mehr weitermachen können". Das System habe sich bewährt, findet er. Büttner empfiehlt allen Kommunen, die noch kein Baumkataster führen, diese Art der Erfassung.

Denn wer Bäume im öffentlichen Raum besitzt, muss ihre Verkehrssicherheit gewährleisten; dank des Katasters behält man den nötigen Kontrollrhythmus immer im Auge und weiß genau, ob Bäume Auffälligkeiten haben, die berücksichtigt werden müssen. Das Verzeichnis hilft aber auch, wenn das geschieht, was eigentlich aufgrund der Kontrollen nicht passieren sollte: Ein Baum verursacht einen Schaden, beispielsweise nach einem Sturm durch herabfallende Äste. Dann ist es wichtig, belegen zu können, dass Routinekontrollen und Sorgfaltspflicht eingehalten wurden.

Florian Reuscher ist ausgebildeter Landschaftsgärtner. Um in seinem heutigen Beruf arbeiten zu können, hat er eine Zusatzqualifikation zum Baumkontrolleur absolviert. Denn sein Arbeitsfeld ist weit. Er ist geschult auf das Erkennen von außen sichtbaren Schäden oder von möglichen Hohlräumen im Innern des Baumes. Reuscher ist für die Fortschreibung des Katasters zuständig und koordiniert die Kontrollen. Er trifft die Entscheidung, ob nötige Pflegearbeiten von ihm und Mitarbeitern des Landkreises selbst erledigt werden oder eine Firma damit beauftragt wird. Und er muss entscheiden, ob bei Problembäumen zusätzlich ein Baumgutachter zur Rate gezogen wird. Diesem stehen Spezial-Arbeitsgeräte zur Verfügung, die Florian Reuscher nicht hat, weil sie sehr teuer sind. Denn nur Mithilfe von Hightech gelingt bei unklaren Befunden der Blick ins Innere von Bäumen. "Zur Arbeit als Baumkontrolleur gehört viel Erfahrung", erzählt der Fachmann. Er schätzt deshalb die guten Kontakte zu Kollegen aus der Stadt Bad Kissingen und der Staatsbad GmbH, um sich austauschen zu können.

Fast unsichtbare Baumfeinde

Erfahrung ist zum Beispiel beim Umgang mit diversen Pilzerkrankungen nötig, die Bäume schwächen können. Jüngst gab es im Umfeld des Berghauses Rhön einen Befall mit dem Brandkrustenpilz, berichtet der Baumspezialist. Das Problem: "Man sieht das Ausmaß der Schädigung nicht, denn er frisst die Wurzeln ab", sagt Florian Reuscher. In diesem Fall wurde ein Gutachter mit Spezialgerät hinzugezogen. Die nötigen Maßnahmen wurden durchgeführt, die Bäume gerettet.

Bei Neupflanzungen auf Landkreisgrundstücken achtet Dieter Büttner als Leiter der zuständigen Fachstelle darauf, dass möglichst widerstandsfähige Neupflanzungen vorgenommen werden. Dabei orientiert sich die Fachabteilung am Landratsamt an Erfahrungen aus der Landesanstalt für Gartenbau in Veitshöchheim. Denn es gelte, solche Bäume neu zu pflanzen und ins Baumkataster aufzunehmen, die mit den Klimaveränderungen gut zurecht kommen und deshalb dauerhaft ein stabiles sowie gesundes Wachstum und damit auch einen geringeren Pflegeaufwand versprechen.