Nur wenig Wintergerste

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Auf der fast vergeblichen Suche nach intakten Ähren: Bauernverbands-Kreisgeschäftsführer Georg Scheuring, Landwirt Roland Bieberich, Pflanzenbau-Fachberater Stefan Karch und Kreis-Bauernverbandsobmann Edgar Thomas. Fotos: Dieter Britz
Auf der fast vergeblichen Suche nach intakten Ähren: Bauernverbands-Kreisgeschäftsführer Georg Scheuring, Landwirt Roland Bieberich, Pflanzenbau-Fachberater Stefan Karch und Kreis-Bauernverbandsobmann Edgar Thomas.  Fotos: Dieter Britz
In der linken Ähre fehlen einige Winterweizen-Körner. Das wäre nicht weiter schlimm. Doch die rechten Ähren sind leer und also wertlos.
In der linken Ähre fehlen einige Winterweizen-Körner. Das wäre nicht weiter schlimm. Doch die rechten Ähren sind leer und also wertlos.
 

Nachtfrost und Trockenheit haben zu "90 bis 100 Prozent Totalausfall" bei der bevorstehenden Ernte geführt, klagen die Landwirte in der Region.

- "Der Wald steht grün, die Jagd geht gut, schwer ist das Korn geraten" heißt es euphorisch im Frankenlied, das Viktor von Scheffel im Jahr 1859 eigentlich als Studentenlied dichtete. Den Landwirten im weiten Umkreis ist allerdings ganz und gar nicht nach Frohsinn und Singen zumute, wenn sie an ihre Wintergerste denken, die in etwa zwei bis drei Wochen von den Feldern geholt werden sollte. Unbedarften Wanderern, die an den Feldern vorbei spazieren, drängt sich beim Blick auf die Ähren der Eindruck auf, dass alles bestens in Ordnung ist. Doch der Althausener Landwirt Roland Bieberich reißt aus seinem Acker westlich der Autobahn ein paar Ähren heraus und stellt schnell fest "90 bis 100 Prozent Totalausfall, alles durch Trockenheit und Nachtfrost vernichtet".

2,5 Millionen Euro Schaden

Kreisbauernobmann Edgar Thomas (Nüdlingen), Bauernverbands-Kreisgeschäftsführer Georg Scheuring und Pflanzenbau-Fachberater Stefan Karch (Erzeugerring für landwirtschaftlich pflanzliche Qualitätsprodukte Würzburg e.V.) waren nach Münnerstadt gekommen, um auf die Probleme der Landwirte mit der Wintergerste aufmerksam zu machen. "Das gilt allerdings nicht etwa nur für Münnerstadt und Umgebung, sondern für den ganzen Landkreis und für ganz Unterfranken" , betont Stefan Karch. Der Schaden allein im Landkreis wird auf grob gerechnet 2,5 Millionen Euro beziffert. "Wir wollen zeigen, dass die Winzer nicht die einzigen vom Frost Betroffenen sind", sagen sie im Chor. Wintergerste wird Anfang bis Mitte Oktober angesät, erklären die Fachleute im Pressegespräch. Wegen des milden Winters, bedingt durch den immer deutlicher werdenden Klimawandel, sei sie diesmal recht schnell aus dem Boden gekommen und gewachsen. Mehrere Faktoren haben dazu beigetragen, dass es 2020 nur wenig Wintergerste gibt, so Stefan Karch. Im März und April schadeten einige Fröste schon der Wintergerste. Dazu kam die fast schon übliche Trockenheit über die meisten Wintermonate, die ihr auch nicht gutgetan hat.

Ähren ohne Körner

Ausschlaggebend für die Vernichtung großer Teile der Wintergerste war jedoch die kalte Eisheiligen-Frostnacht vom 12. auf den 13. Mai mit ihren starken Minusgraden. Sie hat nicht nur Rebstöcken, Kirsch- und Apfelbäumen sehr geschadet und viel vernichtet. Auch die Wintergerste wurde nicht verschont, klagen die vier Experten und Landwirte. Zum Teil sei die Wintergerste zu 90 bis 100 Prozent vernichtet worden. In tieferen Lagen seien die Schäden größer als in höheren, an Waldrändern etwa geringer. Roland Bieberich demonstriert, dass Frost und Trockenheit dazu führten, dass zwar die Ähren ausgebildet wurden, dass sie aber keine Körner enthalten, und auf die kommt es ja an. Dass in einer Ähre einige Körner fehlen, komme immer wieder vor. Dass aber wie jetzt überhaupt keine Körner mehr in den Ähren enthalten sind, habe es noch nie gegeben. Er kann das anhand einiger Ähren unschwer belegen. Manche Landwirte hätten noch gar nicht bemerkt, dass ihre gut aussehenden Wintergerste-Felder in Wirklichkeit kaum oder gar keine Wintergersten-Körner enthalten. Diese Getreideart wird zu 90 Prozent als Futter für die Schweine verwendet, mit den restlichen zehn Prozent wird Bier gebraut. Die Schweinezüchter müssen nun Futter zukaufen, aber Wintergerste ist natürlich jetzt schwer zu bekommen. Bei einem Ausfall von 80 Prozent lohne es sich schon gar nicht mehr, das Getreide zu dreschen, hieß es. Bleibt nur die Biogas-Anlage. Doch Wintergerste ohne Körner bringt wenig, "da zahlen die Biogasanlagen sehr schlecht", sagt Edgar Thomas. "Wir können halt nur noch die Abfallprodukte verwerten", klagt er. Jetzt noch einmal etwas Neues auf den Flächen anzusäen, sei zeitlich kaum möglich, ergänzt Roland Bieberich. Die Landwirte bekommen pro Doppelzentner Wintergerste um die 16 Euro. Auf einem Hektar können sie, wenn es nicht wie in diesem Jahr Ausfälle gibt, pro Hektar Fläche etwa 60 bis 70 Doppelzentner ernten. Im Landkreis Bad Kissingen sind etwa 3200 Hektar Fläche, auf denen Wintergerste abgebaut wird, betroffen, weiß Georg Scheuring. Der Schaden beläuft sich auf rund 2,5 Millionen Euro. Auch andere Getreidesorten haben unter dem Nachtfrost und der Trockenheit gelitten. Stefan Karch nennt hier Triticale, Wintergerste, Roggen und Winterweizen. "Aber bisher hält es sich in Grenzen" sagt er.