Die Idee für die neue Bestattungsform war bereits im Frühjahr 2013 aufgekommen. Nun wird das umgestaltete Areal am 18. Juli der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Mensch ändert sich und mit ihm seine Sitten und Gebräuche. Davon bleibt auch das deutsche Bestattungs- und Friedhofwesen nicht ausgenommen. Gab es früher nur das traditionelle Erdbegräbnis, nimmt seit Jahren die Zahl der Urnenbestattungen zu. Dem Wandel der Gesellschaft hat sich nun auch die Gemeinde Nüdlingen geöffnet.
Sie bietet ihren neuen Naturfriedhof auf dem Wurmerich als Alternative zum herkömmlichen Friedhof an.
"Ich bin überzeugt, dass diese Art der Bestattung angenommen wird." Bürgermeister Harald Hofmann ist sich bewusst, dass jedes Angebot alternativer Bestattungen zu Lasten des alten Nüdlinger Friedhofs geht. Aber: "Wenn wir kein solches Bestattungsangebot haben, werden sich interessierte Einwohner woanders hinwenden." Denn auch die Zahl solcher Naturfriedhöfe wächst.
Der nächste dieser Art, der "Ruheforst Rhön" in Zeitlofs, ist nur 45 Kilometer entfernt.
In einem ersten Schritt wurden 400 Bäume unterschiedlicher Stammstärke in diesem Stück Niederwald als Friedhofsbäume ausgewählt und jeder mit einer Nummerierung versehen. Im Kreis um einen solchen Baum dürfen bis zu zehn Urnen aus biologisch abbaubarem Material beigesetzt werden.
Schon zu Lebzeiten darf man sich einen Urnenplatz wählen, wobei man die Wahl zwischen einem Familien- oder Freundesbaum und einem Gemeinschaftsbaum hat.
Unterschiedliche Nutzungsdauer
Familien oder Clubfreunde dürfen sich ihren eigenen Baum aussuchen, an deren Wurzeln dann ausschließlich Angehörige oder Clubmitglieder beigesetzt werden. Die Nutzungsdauer eines solchen Baumes beträgt 99 Jahre.
Einzelbestattungen sind dagegen nur unter Gemeinschaftsbäumen möglich mit einer Nutzungsdauer von 20 Jahren pro Urnengrabstelle. Natürlich dürfen unter diesen Bäumen nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Lebenspartner gemeinsam ihre Ruhestätte wählen. "Wir werden die Satzung großzügig auslegen", versichert der Bürgermeister. Für verstorbene Kleinkinder (bis drei Jahre) hat die Gemeinde einen Sternschnuppenbaum ausgesucht.
Hofmann: "Dort sind Bestattungen kostenfrei."
Grabpflege bleibt aus
Eine Anfrage liegt schon bei Hofmann auf dem Schreibtisch. Interessenten für Bestattungen auf Naturfriedhöfen sind nicht nur Einheimische. Anderenorts ist die Erfahrung eher umgekehrt: Oft sind es Auswärtige, die in dieser Region ihre Urlaube verbracht haben.
"Oder es sind Naturfreunde, Wanderer, Waldliebhaber." Auch Lebenssituationen und Möglichkeiten der Hinterbliebenen spielen eine wichtige Rolle bei der Entscheidung. Hofmann: "Oft sind die Kinder in Deutschland verstreut und können ein Grab nicht pflegen." Grabpflege gibt es auf dem Naturfriedhof nicht: "Es bleibt Natur."
Nicht unwichtig bei der Entscheidung ist der Kostenunterschied zu herkömmlichen Beisetzungen: So kostet die Einzelbestattung unter einem
Gemeinschaftsbaum 500 Euro, ein Familien- oder Freundesbaum mit bis zu zehn Grabstellen je nach Baumstärke zwischen 2000 und 4000 Euro. Hofmann: "Sogar die Dienste des Bestatters sind auf dem Naturfriedhof preisgünstiger."
Die Idee zur Schaffung des Naturfriedhofs stammt aus der Amtszeit von Altbürgermeister Günter Kiesel. Alles begann mit seiner inoffiziellen Anfrage im Gemeinderat im Frühjahr 2013.
Ein halbes Jahr später kam es zu einem offiziellen Beschluss, dem die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplanes folgte. Nach Plänen des Landschaftsarchitekten Klaus Neisser (Bad Kissingen) nahm der Naturfriedhof seine Form an.
6,5 Hektar groß ist die Waldfläche auf dem Wurmerich, keine drei Kilometer vom Ortszentrum entfernt, die zum Naturfriedhof umgewidmet wurde.
153 000
Euro betragen die Gesamtkosten einschließlich des Planungsvorlaufes, die in den Nüdlinger Naturfriedhof investiert wurden.
Der Termin Am Samstag, 18. Juli, erhält der Naturfriedhof um 10 Uhr den feierlichen Segen. Die Einwohner Nüdlingens und des Umlandes sowie alle an dieser neuartigen Art der Bestattung Interessierten können an der Veranstaltung teilnehmen.
Weitere Infos Eine
Broschüre über den Naturfriedhof Nüdlingen ist im Internet unter
www.nuedlingen.de unter der Rubrik Naturfriedhof abrufbar. Eine Druckversion für alle Haushalte in Haard und Nüdlingen wurde ebenfalls ausgearbeitet.