Nüdlingen: Knatsch im Gemeinderat
Autor: Ellen Mützel
Nüdlingen, Montag, 14. Juni 2021
Weil sie mit dem Klima in der Versammlung unzufrieden waren und Transparenz vermissen, haben Mitglieder des Bürgerblocks einen Antrag gestellt, der es in sich hat. Die Folgen würden das Handeln der Verwaltung lähmen.
Es war eine lange Diskussion in der jüngsten Gemeinderatssitzung. Der Grund waren drei Anträge der Wählergemeinschaft Bürgerblock. Die Forderungen waren erstens, den Etat von Bürgermeister Harald Hofmann (CSU) um die Hälfte zu kürzen. Zweitens, dass Hilfsmittel bei der Erstellung des Sitzungsprotokolls genutzt werden, um keine Aussage zu verpassen und drittens ein Versuch, die bereits 2020 ausgefallene Bürgerversammlung wenigstens in diesem Jahr stattfinden zu lassen.
Zum ersten Antrag: Der Nüdlinger Bürgermeister und die Verwaltung dürfen bis zu einer Summe von 16 000 Euro selbst über Anschaffungen oder ähnliches entscheiden. Für alles darüber hinaus braucht es die Zustimmung des Gemeinderats. Der Bürgerblock fordert, diesen Betrag auf 8000 Euro zu kürzen. Auch bei weiteren Angelegenheiten, wie überplanmäßige Ausgaben oder Nachträge zu Verträgen, soll der Verfügungsrahmen des Bürgermeisters um 50 Prozent gekürzt werden.
Antragssteller Klaus Beck äußert sich
Klaus Beck (Bürgerblock), der den Antrag gestellt hatte, erinnert in dem Zusammenhang an eine Sitzung aus dem Frühjahr. Dort ging es darum, ob die Gemeinde eine Kühlzelle für die Jagd beschaffen sollte, oder nicht (die Entscheidung wurde vertagt). Dort habe der Bürgermeister Beck "sehr harsch angegangen". Beck zitiert Hofmann: ",Wenn wir das dann nicht genehmigen, mach ich das mit meinen eigenen Mitteln. Herr Funk, wie viel hab ich? 16 000? Gut, dann machen wir das in einer abgespeckten Version. Da brauche ich keinen Gemeinderatsbeschluss.'"
So etwas sei für Beck "kein gemeinsames Arbeiten. Wir bekommen von Projekten nichts mit, oder erst dann, wenn es schon passiert ist." Es sei ihm ein großes Anliegen, dass der Bürgermeister den Gemeinderat einfach mitnimmt. Sie wollten ihn mit dem Antrag wachzurütteln.
Einwände seitens der Verwaltung
Der Geschäftsleitende Beamte Stefan Funk stellte sich schützend vor den Bürgermeister: Er denke bei Entscheidungen oft an den Gemeinderat. Fachlich erläutert er, dass sich Entscheidungen um bis zu vier Wochen verlängern würden, wenn die Mittel um die Hälfte gekürzt werden.
Für dringende Entscheidungen müsste der Bürgermeister von einem Gesetz Gebrauch machen, mit dem er eigens entscheidet und dann den Gemeinderat in Kenntnis setzt. Die festgesetzten 16 000 Euro ergeben sich aus einer Berechnung, die der bayerische Gemeinderat empfohlen hat (vier bis fünf Euro pro Einwohner). Dies habe sich bewährt.
"Es geht darum, dass wir die Demokratie ein Stück weit vermissen"
Edgar Thomas (CSU) kann den Antrag nicht nachvollziehen. Das sei ein persönlicher Angriff aus persönlichen Gründen. Darauf auf die Verfügungsmittel des Bürgermeisters zu schließen, sei ihm unverständlich. "Er ist sehr sparsam und überlegt auch sehr lange, mir auch manchmal zu lang, ob das nicht auch günstiger geht."
Florian Wilm (Bürgerblock) entkräftet: "Es geht hier nicht um einen persönlichen Vorwurf, oder dass wir sagen, der Bürgermeister könne nicht mit Geld umgehen. Es geht darum, dass wir die Demokratie ein Stück weit vermissen." Entscheidungen nach dem Motto "das mach ich selber, da brauch ich euch nicht", gefielen ihm nicht. Dass die Vorgabe vier bis fünf Euro pro Einwohner aus guten Gründen vorgeschlagen seien, ist ihnen bewusst. "Das hat sich aber nur dann bewährt, wenn der ganze Apparat funktioniert."
Diskussion wichtig, Antrag falsch
Volker Schäfer (SPD) kann den Grund des Antrages nachvollziehen, findet den Ansatz aber falsch. "Eine Gemeinde ist wie ein Unternehmen und muss handlungsfähig sein. Ich werde dem nicht zustimmen, unterstütze aber die Grundaussage: Die Kommunikation hat in letzter Zeit sehr gelitten. Wir werden bei der Entscheidungsfindung nicht mitgenommen." Er habe parallelen zum Bürgermeister in Schondra entdeckt.
Anita Haub (Bürgerblock) beklagt, dass Bürger sie teilweise auf Themen ansprechen, von denen der Gemeinderat noch nichts gehört hatte. "Für mich ist das immer eine Herzensangelegenheit gewesen, im Gemeinderat zu sein. Aber ich fühle mich nicht mehr wohl, weil ich das Gefühl habe, wir werden nicht richtig informiert."
Christian Höfler (Bürgerblock) ist bewusst, dass es ein "heftiger Antrag" war. Aber: "Einiges, was abgelaufen ist, war nicht richtig. Mit dem Kühlhaus war das Maß voll." Es sei höchste Zeit, dass "mal so eine Aussprache stattfindet." Der Sinn des Antrages sei damit erfüllt.
Bürgermeister "wachgerüttelt"
Auch Edgar Thomas finde die Diskussion gut, nicht aber die Art, sie herbeizuführen. Uwe Beer (CSU) glaubt, dass der Bürgermeister schon "wachgerüttelt" ist. "Euer Ziel war ja, dem Bürgermeister mitzuteilen, dass wir mitgenommen werden wollen und dass wir nicht in allen Punkten mitgenommen werden. Ich glaube, das hat er verstanden."
André Iff (CSU) verweist darauf, dass die Mittelkürzungen nicht nur den ersten, sondern auch den zweiten Bürgermeister betreffen würden. "Ich würde mir wünschen, dass der Bürgerblock den Antrag zurückzieht."
Bürgermeister äußert sich
Florian Wilm bittet den Bürgermeister, was viele im Raum sich wohl auch wünschten: "Sag doch du auch einmal was dazu". Bürgermeister Hofmann geht auf das Zitat ein, das Klaus Beck zu Beginn vorlas. Seine Wahrnehmung: "Ich bin gefragt worden, bis wie weit der Bürgermeister solche Entscheidungen treffen darf und wie weit der Gemeinderat."
Dass diese Bemerkung aus dem nicht glücklich war, wisse er jetzt auch. Die Diskussion über das Kühlhaus sei sehr emotional gewesen. "Wir haben in der Verwaltung überlegt, ob wir die Kühlzelle brauchen oder nicht. Als ich festgestellt habe, dass es über diese 16 000 gehen wird, habe ich es sofort gestoppt." Auch sonst sei er daran interessiert, dass der Rat immer gut informiert sei. Er versuche immer, dass der Gemeinderat genügend Unterlagen hat. Der Gemeinderat lehnte den Antrag mit fünf gegen elf Stimmen ab.
Lesen Sie hier den Kommentar zur Sitzung.
Antrag zu Bürgerversammlung
Der zweite Antrag drehte sich um eine Bürgerversammlung in Nüdlingen. Die letzte sei 2019 gewesen. Derzeit hätten die Bürger keine Chance, ihre Meinung gegenüber der Gemeinde zu äußern, sagt Antragssteller Klaus Beck. Er schlägt die Bürgerversammlung in Online-Form, in der Turnhalle oder Draußen vor.
Dass eine solche Veranstaltung brauche, da waren sich alle einig. Das Wann und Wie diskutierten sie. Stefan Funk gab zu bedenken, dass die Verwaltung derzeit nicht voll besetzt sei und viele wichtige Themen bearbeite. Als Ersatz gebe es demnächst eine Sonderausgabe der Nüdlinger Nachrichten. Bis März 2022 müsse die Bürgerversammlung spätestens stattgefunden haben.
Die Entscheidung dazu liege allein beim Bürgermeister, hier habe der Stadtrat kein Stimmrecht.
Daher zog Klaus Beck den Antrag zurück, sie wollen ja nichts Rechtswidriges. Jedoch erst, nachdem der Bürgermeister klarstellte: "Mein Ziel ist es, Bürgerversammlung bis Mitte oder Ende Oktober zu machen."
Antrag 3: Tonaufnahmen als Hilfe für die Niederschrift
Der dritte Antrag des Bürgerblocks lautete wie folgt: "Aus gegebenen Anlass und da es immer wieder vorkommt, dass Beiträge aus der Sitzung nicht im Protokoll erscheinen, beantragen wir Hilfsmittel für das Anfertigen der Niederschrift, also z.B. Tonaufnahmen einzusetzen." Die Verwaltung solle das Protokoll nach wie vor anfertigen, nur habe sie zur Unterstützung eine Tonaufnahme, die im Anschluss zu löschen sei - abgelehnt, mit acht zu acht Stimmen.