Das Biosphärenreservat Rhön will jungen Leuten aus dem Partnerreservat "Kruger to Canyons" reguläre Lehrstellen im Handwerk anbieten.
Wenn alles so läuft, wie Michael Geier sich das vorstellt, dann wird es in der Rhön bald die ersten Auszubildenden aus Südafrika geben. Der Leiter der Bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön möchte mit dieser Idee zwei positive Effekte erreichen: zum einen vakante Ausbildungsplätze im Bereich Rhön füllen, vor allem aber jungen Leuten aus dem Nordosten Südafrikas eine klassische Handwerksausbildung nach deutschen Kriterien bieten.
Seit 2008 existiert auf Vermittlung der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit eine offizielle Partnerschaft zwischen dem Unesco-Biosphärenreservat Rhön und dem südafrikanischen Unesco-Biosphärenreservat Kruger to Canyons (K2C) an der Grenze zu Mozambique. Interessenten gab es damals viele, die mit den Rhönern zusammenarbeiten wollten. Aber die haben sich damals für K2C entschieden, weil, wie Geier erklärte, "die Sprachbarriere dank Englisch als Amtssprache niedrig ist, weil die Entwicklung des Reservats weitgehend von privater Initiative getragen wird, und weil es viele Themenbereiche gibt, von denen auch die Rhön profitieren und lernen kann."
Es haben sich mittlerweile eine ganze Reihe von projektbezogenen Kontakten ergeben, auch auf der Basis des Schüleraustausches zwischen Mellrichstadt und Hoedspruit.
In den letzten Monaten, so Geier, hat jetzt ein Projekt Gestalt angenommen, das davon ausgeht, "dass Fachwissen und Können langfristig den größten Nutzen für die
Entwicklung in K2C bringen." Geiers Angebot stieß bei den südafrikanischen Partnern auf offene Ohren.
In Frage kommen im Wesentlichen vier Berufssparten, für die sich in der Rhön wenig Nachfrage ergibt und es bereits zu Engpässen bei der Besetzung von Lehrstellen kommt: Lebensmittel (Bäcker, Metzger), Gastronomie (Koch, Restaurantfachkraft), Holzverarbeitung (Zimmerer, Schreiner) und Bauhauptgewerbe (Maurer, Installateure). Die südafrikanischen Bewerber müssten zwischen 18 und 30 Jahre alt sein, eine allgemeine Schulausbildung auf gutem Niveau abgeschlossen und eine Sprachprüfung in Deutsch abgelegt haben, die halbwegs ein Mitkommen im Unterricht an der Berufsschule zulässt. Außerdem brauchen sie einen Führerschein für Pkw.
Geier weiß, dass er in den beiden Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld Ausbildungsbetriebe sucht, die nicht nur unbesetzte Lehrstellen haben, sondern auch eine große Portion Idealismus und gute Beziehungen, wenn sie junge Leute aus Südafrika einstellen wollen: "Da wir momentan nicht von einer Förderung ausgehen können, müssten die Auszubildenden regulär tariflich bezahlt werden, damit sie in der Rhön über die Runden kommen.
Die Verwaltungsstelle bemüht sich derzeit um Fördermöglichkeiten, da eine Unterstützung der Lehrlinge von zuhause ausgeschlossen werden kann."
Geier will erreichen, dass sich die Ausbildungsbetriebe nicht um mehr Formalien kümmern müssen als bei einheimischen Azubis. Schön wäre es, wenn die jungen Südafrikaner in der Nähe der Ausbildungsbetriebe wohnen könnten - am besten mit Familienanschluss - andererseits aber ein reibungsloser Transport zur Berufsschule möglich ist.
Im Grunde trifft Geier mit seinen Plänen beim Handwerk auf offene Türen. "Der interkulturelle Austausch ist eine gute Sache und eine gute Chance für junge Leute, neue Welten kennen zu lernen", sagt Frank Veth, Geschäftsführer der Handwerkskammer für Unterfranken (Würzburg). "Aber", fährt er fort, "das Biosphärenreservat hat sich viel vorgenommen und muss noch viele Hausaufgaben machen." Natürlich sei das Handwerk froh über jeden Auszubildenden: "Wir haben in Unterfranken derzeit 600 nicht besetzte Lehrstellen, und es werden uns gar nicht alle gemeldet. Der Markt ist im letzten Jahr gekippt."
Veth gibt zu bedenken, dass es Einrichtungen brauche, die sich um Probleme wie Sprache und Integration, Unterbringung und Transport kümmern. Vor allem aber: "Die Ausbildungsvergütung allein sichert nicht den Lebensunterhalt.
Die Unterstützungsprogramme der Agentur für Arbeit sind nicht geeignet."
Roland Eusemann von der Bad Kissinger Arbeitsagentur gibt ihm da Recht: "Wir haben derzeit keine auf ein solches Projekt abgestimmte Fördermöglichkeiten, nur Programme zur Einstiegsqualifizierung" - die für die Südafrikaner allerdings nicht in Frage kommen. Auch fehle es noch an den letzten rechtlichen Grundlagen. Aber Eusemann geht davon aus, dass nicht nur der Ausbildungs-, sondern auch der Arbeitsmarkt für Bewerber aus Drittländern - wie bei den Studenten - geöffnet wird.
Rudolf Hoffmann, Chef der Berufsschule in Garitz, hat von dem Projekt zwar noch nichts gehört, sieht aber prinzipiell kein Problem, dass Auszubildende aus Südafrika hier ihren IHK-Abschluss machen. Die Integration in den Schulbetrieb müsste ohne Schwierigkeiten möglich sein: "Die Südafrikaner werden uns nicht die schlechtesten Leute schicken."