Eine orthodoxe oder byzantinische Kapelle oder Kirche ist ohne Ikonen undenkbar. Franz Güra hat ohne Vorkenntnisse alle Ikonen für die Kapelle im Deutschordensschloss gefertigt.
Seit gut zehn Jahren wird die Kapelle im Deutschordensschloss für Gottesdienste im byzantinischen Ritus genutzt. Im Juli 2008 wurde dort ein Dankgottesdienst gefeiert; Anlass war die Dauergenehmigung der Stadt für die Nutzung des Gewölbekellers im Deutschordensschloss als byzantinische Kapelle. Zuvor war die Nutzungsdauer der Räumlichkeiten auf eine Probezeit von drei Jahren beschränkt gewesen. Mindestens seit diesen zehn Jahren ist die Geschichte der byzantinischen Kapelle mit dem Namen Franz Güra verbunden.
Eine orthodoxe oder byzantinische Kapelle oder Kirche ist ohne Ikonen völlig undenkbar. Franz Güra hat sich in die Technik des Ikonen-Schreibens eingearbeitet (Ikonen werden nicht gemalt, sondern geschrieben). Alle Ikonen in der Kapelle stammen von ihm. Nun wurden in einem feierlichen Gottesdienst noch einmal vier Ikonen von ihm durch Archimandrit Pater Dr. Gregor Hohmann OSA geweiht. Sie sollen in der Ikonostase einen Platz bekommen.
Diese Ikonostase ist eine mit Ikonen geschmückte Wand mit drei Türen, die in orthodoxen Kirchenbauten das innere Kirchenschiff und den Altarraum trennt.
Franz Güra hat damit seine Arbeit beendet, wie er sagt. Für weitere Ikonen ist in der Kapelle kein Platz mehr. Die von ihm geschaffenen vier Festtagsikonen zeigen die Heimsuchung, den zwölfjährigen Jesus im Tempel, die Fußwaschung und die Erzengel. Die Vorlagen dazu lieferten ihm Ikonen vom Berg Athos. Vor elf Jahren hat der pensionierte Rektor der Maximilian-Kolbe-Sprachheilschule in Lebenhan, der heute im Betreuten Wohnen im Haus St. Michael lebt, mit dem Schreiben von Ikonen angefangen, da für die damals noch neue Kapelle eine Ikone mit dem Abbild Johannes des Täufers gebraucht wurde.
Keine Dekoration
"Ikonen zeigen meist Christus, Maria, oder Heilige und werden in der Regel auf Holztafeln gemalt", erklärt Franz
Güra. Von einem Priester geweiht, haben sie für Theologie und Spiritualität eine besondere Bedeutung. Sie sind wesentlicher Bestandteil der byzantinischen Kunst, werden nicht als Dekoration verwendet und auch nicht als kunstgewerbliche Gegenstände betrachtet.
"Viel Freizeit verbringe ich mit dem Studium und Malen von Ikonen, denn die aussagekräftigen Tafelbilder begeistern mich immer wieder aufs Neue", sagt Güra. Ohne große Vorkenntnis hat er sich an die Herstellung seiner ersten Ikonen gemacht, nachdem er sich ein wenig damit beschäftigt und Vorlagen beschafft hatte. Danach besuchte er Kurse, unter anderem in Südtirol. Bei diesen Lehrgängen habe er die innere Tiefe des Ikonen-Malens kennengelernt und erste Erfahrungen mit der besonderen Art der Meditation gemacht.
"Die Menschen der Ostkirche vertiefen sich in die Aussagekraft der Bilder, denn sichtbare Bilder erzählen von unsichtbaren und ungreifbaren Ereignissen, auf die sie nur ein schwaches Bild werfen", sagt Güra.
Güra stellt seine Ikonen komplett selbst her. Dazu besorgt er sich die Tafeln (Bretter aus verschiedenen Holzarten unterschiedlicher Stärke), die er in mehreren Arbeitsgängen bearbeitet. Jeder verkörpert eine besondere Symbolik. Beim Ikonenmalen muss eine historisch vorgegebene Reihenfolge des Farbauftrags strikt eingehalten werden. Danach werden zuerst die dunklen Farben aufgetragen, dann die Heiligenscheine mit Blattgold ausgeführt. Schließlich vervollständigen die helleren Farben das Motiv. Nachdem das Bild ein halbes Jahr lang getrocknet ist, wird die Oberfläche mit Firnis überzogen.
Zur Ikone wird das Bild allerdings erst durch die schon erwähnte Weihe durch einen Priester.
Archimandrit Pater Gregor Hohmann OSA weihte beim Gottesdienst, den der Johanneschor unter der Leitung von Richard Arlt umrahmte, nicht nur diese Ikonen, sondern auch ein von Franz Güra gemaltes Franziskus-Kreuz, dessen Original in Assisi steht.
Alter Bekannter
"Das war für mich eine große Herausforderung, ich musste mich richtig hineindenken", sagt Güra. Auf dem Kreuze befinden sich 33 Figuren, 13 Engel und über 200 kleine Muscheln. Dieses Kreuz bekommt Schreinermeister Winfried Ryback. "Er hat sehr viel geholfen, er hat keine Rechnungen gestellt beim Einbau der Ikonostase und sich stattdessen dieses Kreuz gewünscht", sagt Franz Güra.
Nach dem Gottesdienst stellte sich übrigens Pater Gregor, der im Mai 80 Jahre alt wurde, als Neubürger in Münnerstadt mit Wohnsitz in St. Michael vor. Er ist allerdings vielen Bürgern noch von früher bekannt.
Er besuchte das Gymnasium in Münnerstadt und leitete von 1983 bis 1987 das Münnerstädter Schülerinternat.
Auch die Einführung von Gottesdiensten im byzantinischen Ritus im Jahr 1987 ist sein Verdienst. Er hat sich sicher darüber gefreut, dass das bis heute so geblieben ist, auch wenn die Kapelle ins Schloss umziehen musste.