Im Dschungel der Bürokratie

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Vanessa Geiling verpackt ein Buch, das ein Kunde online gekauft hat. Künftig wird die Inhaberin des Antiquariats "Schätze & Co." wohl keine Bücher mehr ins europäische Ausland verschicken können, weil die Vorschriften undurchsichtig und die Kosten...
Vanessa Geiling verpackt ein Buch, das ein Kunde online gekauft hat. Künftig wird die Inhaberin des Antiquariats "Schätze & Co." wohl keine Bücher mehr ins europäische Ausland ...
Vanessa Geiling verpackt ein Buch, das ein Kunde online gekauft hat. Künftig wird die Inhaberin des Antiquariats "Schätze & Co." wohl keine Bücher mehr ins europäische Ausland verschicken können, weil die Vorschriften undurchsichtig und die Kosten...

Neue Gesetze und EU-Verordnungen machen Kleinunternehmen das Leben schwer. Vanessa Geiling wird wohl keine Bücher mehr ins europäische Ausland schicken können.

Vanessa Geiling hat Angst, etwas falsch zu machen, was möglicherweise dann auch noch rechtliche Konsequenzen haben könnte. Die Inhaberin des Antiquariats "Schätze & Co." am Münnerstädter Anger kämpft sich durch ein Wirrwarr von länderspezifischen Gesetzen innerhalb der EU. Und das nur, weil manchmal ein Kunde aus dem europäischen Ausland ein Buch online bei ihr kauft. Wenn sie dieses verschicken will, muss sie als Kleinhändler im jeweiligen Land registriert sein, was auch noch etwas kostet. Tut sie das nicht, drohen nicht unerhebliche Strafen, in Polen sogar Haft. "Ich bin verunsichert, wahrscheinlich werde ich den Verkauf in die EU einstellen müssen", sagt sie. Und damit fällt dann ein Teil der Einnahmen weg, die sie vor allem in schlechten Monaten gut gebrauchen könnte.

Verkauf auch über das Internet

Gerade einmal 23 Jahre war Vanessa Geiling alt, als sie vor anderthalb Jahren das Antiquariat übernommen hat. "Ich komme klar", sagt sie. Dass man mit einem Antiquariat nicht reich wird, war ihr von Anfang an bewusst. Etwa die Hälfte er von ihr verkauften Bücher erwerben die Kunden vor Ort. Das sei meist das Taschenbuch, das sich jemand kauft, weil er schnell was zu lesen braucht. Den anderen Teil macht der Verkauf über das Internet aus. Sie bietet ihre Bücher über bekannte Plattformen an und über ihre eigen Seite www.schaetzeundco.de. Weil über das Internet oft Sach- und Fachbücher verkauft werden, die teurer als die Taschenbücher sind, kommt der größere Teil ihres Umsatzes über das Internet. Bis jetzt.

Die Bücher werden in einem Umschlag verschickt, entsprechend der in Deutschland geltenden Verpackungsverordnung muss sich auch Vanessa Geiling wie alle , die Verpackungen in den Umlauf bringen, beim Verpackungsregister "Lucid" anmelden und eine Gebühr (Systembeteiligungsentgelt) bezahlen, von der dann wiederum die Entsorgung finanziert wird. "Das ist in Ordnung, das versehe ich", sagt die junge Unternehmerin.

Dann kommt die zu dem Punkt, bei dem ihr Verständnis aufhört. "Die EU ist das Problem." Es gibt nämlich noch die erweiterte Herstellungsverantwortung für den internationalen Markt. Entsprechend einer EU-weit geltendem Regelung muss jedes Mitgliedsland ein eigenes, länderspezifisches Gesetz erlassen. "In jedem Land ist die Regelung anders", beklagt Vanessa Geiling. Die Kosten seien sehr unterschiedlich. Außerdem gebe es oft keine Bagatellgrenze.

Die meisten Bücher verschickt sie nach Deutschland und den deutschsprachigen Raum. In Deutschland sei die Regelung auch sehr einfach. Sie wiegt die Verpackung, die in der Regel aus einem A4-Umschlag besteht und rechnet das mit der Anzahl der verschickten Bücher hoch. Würde sie beispielsweise ein Buch nach Frankreich schicken, bräuchte sie eine Lizens. Da es keine Bagatellgrenze gibt, gilt das schon ab dem ersten Buch: 80 Euro müsste sie für die Lizens bezahlen. Dafür könnte sie zwar 10.000 Bücher pro Jahr ins Nachbarland schicken, aber das ist für sie völlig illusorisch. "Für Kleinunternehmer ist das absolut sinnlos und nicht wirtschaftlich." Zudem sind die Informationen, die sie finden konnte auf Französisch.

In anderen Ländern soll die Gebühr bis zu 600 Euro betragen. Das Problem ist aber, dass es keine Plattform gibt, wo alles aufgelistet ist. "Ich bräuchte fast einen Profi, einen Anwalt, der die Gesetze versteht und mir sagen kann wann ich mich wo registrieren muss", sagt Vanessa Geiling. Es gebe zwar Angebote einer Beratung, aber da müsste sie 20 Euro pro EU-Land zahlen. "Für einen kleinen Händler ist das viel Geld", sagt sie. Übrigens: Ein Buch in die USA zu schicken, ist überhaupt kein Problem.

Es gibt zwar keinen Dachverband, die Betroffenen haben sich aber zusammengeschlossen und einen offenen Brief verfasst. Sie hoffen, dass vielleicht doch noch ein bisschen Ordnung in das Wirrwarr kommt und sie auch weiterhin Bücher ins europäische Ausland schicken können.