Mit dem Angebot eines "Mehrgenerationen-Hauses" werben zwei Unternehmer aus Nüdlingen für ein neues Wohnkonzept. Alt und Jung sollen unter einem Dach wohnen und ein Mehrgenerationenhaus alter Prägung in neuem Gewand wieder beleben.
Grünes Licht für das Nüdlinger Mehrgenerationenhaus. Der Gemeinderat ist einverstanden, die Baugenehmigung beantragt, die Reservierungen für die ersten Wohnungen liegen bereits vor. "Zum Jahresende 2015 können wir mit dem Bau beginnen", ist Johannes Schramm zuversichtlich. Gemeinsam mit seinem Partner Thomas Zänglein plant der Nüdlinger Unternehmer als Gesellschafter der dafür gegründeten Bauträgerfirma S+Z Immobilien GbR im Baugebiet Wurmerich-Ost ein Mehrfamilienhaus für gemeinsames Wohnen von Jung und Alt.
Man muss umdenken
"Immer mehr Senioren sitzen doch allein in ihrem viel zu großen Haus, nachdem die Kinder ausgezogen sind", hat der Jungunternehmer Schramm beobachtet. Viele wohnten sogar außerhalb der Ortszentren ohne jede Einkaufsmöglichkeit. Daher seine Überlegung: Der demografische Wandel macht ein Umdenken erforderlich. Eine längere Lebensdauer bei vielleicht eingeschränkter körperlicher Mobilität macht ein zentrumsnahes Wohnen erforderlich ohne die Notwendigkeit, selbst zum Autofahren zu müssen.
Gegenseitige Hilfe
Diese Überlegung brachte Schramm und Zänglein vor einem Jahr auf die Idee eines Mehrgenerationenhauses in Nüdlingen. "Jung und Alt können sich als direkte Nachbarn auch gegenseitig unterstützen, ohne auf Hilfe Dritter angewiesen zu sein." Vielleicht passen Ältere als Ersatzgroßeltern gelegentlich auf kleine Kinder auf und Jüngere erledigen als Gegenleistung für die Senioren im Haus ein paar Gefälligkeiten.
Bei Vorträgen und Workshops einer Bad Kissinger Projektgruppe zu diesem Thema spürte Schramm die große Nachfrage nach solchen Wohnmöglichkeiten. Auch für das eigene Bauprojekt am Oberweg gibt es seit der Projektvorstellung bereits Reservierungen für vier der insgesamt zwölf Wohnungen, die eine Größe zwischen 85 und 115 Quadratmetern haben. Die Wohnungen sind aufgeteilt auf drei versetzte Gebäudeteile.
Mehr Platz für wen? Der Mittelteil mit den größeren Vier-Zimmer-Wohnungen ist eigentlich für junge Familien mit Kindern, die kleineren Drei-Zimmer-Wohnungen links und rechts daneben sind eher für ältere Paare gedacht. Schramm: "Bei unseren bisherigen Anfragen zeichnet sich allerdings genau der umgekehrte Trend ab." Junge, noch kinderlose Paare zeigen für die preiswerteren Wohnungen ab 100 000 Euro Interesse, die über 50-Jährigen lassen sich für bis zu 200 000 Euro teure Einheiten vormerken.
Kein Einfluss auf die Nachfrage "Ideal wäre es natürlich, wenn, dem Konzept eines Mehrgenerationenhauses entsprechend, die zwölf Wohnungen etwa hälftig zwischen Jung und Alt aufgeteilt wären." Doch haben Schramm und Zänglein letztlich keinen Einfluss auf die Nachfrage. "Idealismus ist gut, aber am Ende muss das Finanzielle stimmen." Zumindest im Anfang nehmen sie es deshalb, wie es kommt. Schramm: "Sobald Vorverträge für die ersten sechs Wohnungen unterschrieben sind, wird gebaut. Die Finanzierung ist jedenfalls gesichert und die Baugenehmigung wird in Kürze erwartet.
Das Konzept ist ausbaufähig Das Nüdlinger Mehrgenerationenhaus soll Zänglein und Schramm als Referenzprojekt dienen. "Wir denken bereits über zwei weitere Häuser an anderen Standorten nach", verrät Schramm. Auch die beiden anderen Bauprojekte sollen im Umfeld von Bad Kissingen verwirklicht werden. In der Kurstadt sind die Grundstückspreise aber zu hoch, die Wohnungen würden dort teurer. "Wir wollen doch vernünftige Wohnungen in nachhaltiger, umweltschonender Bauweise zum vernünftigen Preis anbieten." Dies sei im Falle des Nüdlinger Pilotprojekts nicht nur ein Vorteil für eigene Einwohner, vermutet der Bauherr, sondern werde auch Käufer aus den umliegenden Gemeinden locken und zu Neubürgern machen.
Alles barrierefrei Das 1 600 Quadratmeter große Grundstück am Oberweg wird mit dem geplanten zweigeschossigen Wohngebäude mit Sichtdachstuhl und seinen zwölf bis ins Dach barrierefreien, hochwertig ausgestatteten Wohnungen "architektonisch optimal ausgereizt". Schramm: "Das Haus wird auch optisch etwas hermachen."
Kreisbaumeister Günter Stammwitz hat aus baurechtlicher Sicht keine Probleme für das "Mehrgenerationenhaus" in Nüdlingen. Es füge sich in die umgebende Bebauung gut ein, wäre kein Fremdkörper und wird so auch genehmigt werden. Mit dem Begriff Mehrgenerationenhaus hat er allerdings so seine Probleme. "Das gibt es in jeder funktionierenden Dorfgemeinschaft", ist seine Meinung, "und wer sagt, dass die Käufer der Eigentumswohnungen an einem Konzept des gegenseitigen Helfens auch mitmachen?" Johannes Schramm kann eine solch differenzierte Betrachtung durchaus verstehen. Auf Nachfrage erklärte er, dass sich zum einen Interessenten für die Wohnungen gemeldet hätten, die die Idee des Mehrgenerationenhauses befürworten und sich da auch einbringen würden. Verpflichtend wäre das natürlich nicht. Allerdings wies er darauf hin, dass die Wohnanlage die Voraussetzung für "Gemeinsamkeit" habe, beispielsweise sei ein Versammlungsraum integriert.
Erwartungsvoll Bürgermeister Harald Hofmann (CSU) fand die Idee für ein solches Konzept von Anfang an "hervorragend". Ein derartiges Wohnangebot - barrierefrei, für alle Generationen - habe es in der Gemeinde noch nicht gegeben, entsprechend positiv sei die Plananfrage auch im Gemeinderat aufgenommen worden (16:1 Abstimmung für das gemeindliche Einvernehmen). "Das Konzept macht Sinn", sagte er, "ob daraus mehr wird, wissen wir nicht."