Lizzy Aumeier gibt ihrem Publikum im Kurtheater nicht nur viel zum Lachen, sondern auch viel zum Nachdenken. Die Verbindung von Humor und Musik gelingt mit Partnerin Swetlana Klimova.
Wie bitte? So hatte Lizzy Aumeier beim letzten Mal aber nicht ausgesehen! Mit roter Wuschelperücke und einer Geige unter dem Arm schlurft da eine Person auf den Flügel zu, die auch von den Umrissen her nicht wirklich passt. Oder vielleicht doch? "Guten Abend! Mein Name ist Lizzy Aumeier. Ich begrüße Sie sehr herzlich zu unserem Klavierabend mit Werken russischer Komponisten", sagt diese Person. Das kann nicht die falsche Veranstaltung sein. Und sehr schnell merken auch Nicht-Muttersprachler wie Sachsen oder Nordfriesen, dass der Dialekt dieser seltsamen Lizzy Aumeier nicht in der Oberpfalz anzusiedeln ist, sondern erheblich weiter östlich. Und dann dämmert es: Das muss Svetlana Klimova sein, die Geigerin und Pianistin, mit der Lizzy Aumeier seit einigen Jahren in ihren Ensemble- und Soloprogrammen zusammenarbeitet.
Die letzten Zweifel verfliegen, als das Original auf die Bühne kommt; geradezu unauffällig, als sei sie noch einmal umgekehrt, um irgendwelche vergessenen Papiertaschentücher zu holen und dann von der Seite einzusteigen. Lizzy Aumeier ist eine Kabarettistin und Entertainerin, die nicht die großen Auftriebe zu mögen scheint. Sie braucht nicht das sich weit öffnende Bühnentor und die blendend ausgeleuchtete große Treppe, die sie hinunterschreiten kann. Sie hat es lieber kammermusikalisch, introvertiert, nuanciert, leiser, in der Reihenfolge "Zuhören, Nachdenken, Lachen - oder auch nicht". Und damit letztendlich auch nicht so distanziert wie auf der Showbühne. Sie sucht sehr schnell den persönlichen Kontakt zum Publikum.
Attacken auf Bodo und Frank
Dieses Mal hat es Bodo, Frank und Susi erwischt. Die beiden Männer saßen in Reichweite. Sie hatten sich den Abend sicher entspannter vorgestellt. So mussten sie jeden Augenblick mit dem Einschlag von frechen Attacken rechnen, und dann sahen sie sich unter dem Druck, möglichst witziger und origineller zu sein als die Kabarettistin und möglichst wenig von sich zu verraten. Lizzy Aumeier ist mit den beiden - aber das wussten sie erst hinterher - sehr liebevoll umgegangen. Susi hatte es leichter: Die saß weiter hinten und konnte nur zitiert werden als Expertin für Fahrradfahren und Sex - nein, beim Sex gilt die Helmpflicht nicht.
Es ist eigentlich immer wieder erstaunlich, wie raffiniert Lizzy Aumeier ihre Programme - aktuell heißt es "Jetzt erst recht" - strukturiert und füllt, ohne dabei plakative Überschriften zu brauchen. Das zeigte schon der Beginn: "Der Russe muss immer alles okkupieren. Das hier ist Unterfranken!", nuschelte sie, als sie nach Svetlana Klimova die Bühne betrat. Und als sie das erste Mal ins Publikum schaute, entfuhr ihr der Satz: "Ihr seid aber schon alle echt und nicht aus Pappe wie im Fernsehen." Damit war, fast nebenbei, der Grund gelegt für die beiden drängenden aktuellen Themen Ukrainekrieg und Corona.
Die allerdings nur in kleinen Einheiten immer wieder eingestreut wurden. Denn Lizzy Aumeier ist keine Freundin von Themenblöcken mit plakativen Überschriften, die abgearbeitet werden. Auch wenn ihre Texte ausgearbeitet sind, wirkt das, was sie sagt, immer spontan, weil sie ständig hin und her springt. Das macht das Zuhören durchaus anstrengend, weil sie zu allem etwas zu sagen hat. Wenn man nichts verpassen will, muss man dranbleiben. Klar gibt es auch hier und da mal eine kleine Delle, etwa einen Herrenwitz oder die Reaktion einer Besucherin. Aber insgesamt arbeitet sie mit höchst spannenden und aktuellen Anreißern, die viel Nachdenken in Gang setzen. Wenn sie etwa nur fragt: "Was macht jetzt der Andi Scheuer?" Oder wenn sie sich über das unsägliche Gendern oder die ebenso unsägliche "Winnetou-Diskussion" aufregt. Oder über Sprüche wie "Der Weg ist das Ziel" oder "In der Ruhe liegt die Kraft".
Sie weiß, dass es hilfreich ist, sich nicht politisch einordnen und abstempeln zu lassen, denn sie teilt gegen Friedrich Merz ebenso aus wie gegen Olaf Scholz. Und sie macht sich selbst in ziemlich frecher Weise zum Thema: über ihr Denken und über ihre Gestalt. Nur einmal wird sie wirklich ernst: als sie das Publikum auffordert, die Übertragungen der WM aus Katar zu boykottieren. Sie musste gar nicht erklären warum: In dem Beifall hätte sie ohnehin niemand verstanden.
Was einen Abend mit Lizzy Aumeier zu einer Besonderheit macht, ist die Musik. Schließlich ist sie studierte Kontrabassistin, und sie ist in der Lage, Musik und Humor zusammenzuführen. Da hat sie in Svetlana Klimova die ideale Partnerin gefunden. Wenn die beiden mit Geige und Kontrabass loslegen, wenn sie wild gemischte Bearbeitungen spielen von Vivaldis "Vier Jahreszeiten" bis zu "Flipper" und "Spiel mir das Lied vom Tod", dann zeigt sich, dass sich E-Musik und Humor keineswegs ausschließen. Und auch nicht, als zum Schluss (das muss schon sein dürfen) Lizzy Aumeier und Ihr Mann (und Manager) Andreas Stock das Duett "Feinsliebchen" trällerten. Dann konnte das Sortieren der vielen Gedanken beginnen.