Letztes Zwiegspräch der Orgeln in der Erlöserkirche Bad Kissingen

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Vierhändig an den drei übereinander angeordneten Manualen der Steinmeyer-Orgel in der Kissinger Erlöserkirche zu fliegen, erforderte für Christine Stumpf und Jörg Wöltche nicht nur hohe Konzentration, sondern auch ein genau aufeinander abgestimmtes Spiel. Foto: Peter Klopf
Vierhändig an den drei übereinander angeordneten Manualen der Steinmeyer-Orgel in der Kissinger Erlöserkirche zu fliegen, erforderte für Christine Stumpf und Jörg Wöltche nicht nur hohe Konzentration, sondern auch ein genau aufeinander abgestimmtes Spiel. Foto: Peter Klopf
Christine Stumpf an der Chororgel. Foto: Peter Klopf
Christine Stumpf an der Chororgel. Foto: Peter Klopf
 
Kirchenmusikdirektor Jörg Wöltche an der Steinmeyer-Orgel. Foto: Peter Klopf
Kirchenmusikdirektor Jörg Wöltche an der Steinmeyer-Orgel. Foto: Peter Klopf
 

Das Silvesterkonzert in der Erlöserkirche fand 2014 zum letzten Mal statt. Zum einen wird die Stumpf-Orgel in der Erlöserkirche abgebaut, zu anderen ist für Jörg Wöltche der Arbeitsaufwand zu groß.

Wer dem Stress des Silvesterabends entfliehen will, für den ist seit vielen Jahren die evangelische Erlöserkirche, zwei Stunden vor Jahreswechsel, ein Ort der Erholung und des Genießens geworden. So stand auch Ende 2014 wieder ein Orgelkonzert der besonderen Art auf dem Programm. Der Kirchenmusikdirektor Jörg Wöltche und Kantorin Christine Stumpf hatten anspruchsvolle Musikstücke einstudiert, die sie gemeinsam an den zwei Orgeln der Kirche einzigartig interpretierten.

Entfernt und doch so nah

Im Gleichklang hörte man dabei die Steinmeyer-Orgel auf der Empore und die Stumpf-Orgel im Altarraum, die im Zwiegespräch die Melodie interpretierten. Die große Kunst lag darin, dass die Organisten beim Spiel an den rund 25 Meter auseinander stehenden Instrumenten den anderen Spieler weder hören noch sehen konnten und dennoch homogen die Werke intonieren mussten. Auch dieses Mal schafften es die beiden Organisten, sich dem Zuhörer als übereinstimmende Einheit zu präsentieren und brillant ihre Stücke zu Gehör zu bringen.

Besonderer Höhepunkt war dabei Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 5 in c-moll, op. 67 (Schicksalssymphonie), die auf der großen Steinmeyer-Orgel von beiden vierhändig und vierfüßig gespielt wurde. Da es zu dieser Sinfonie bisher keine Bearbeitung für Orgel vierhändig und vierfüßig gegeben hat, hatte Jörg Wöltche für dieses Konzert eine Notenausgabe selbst erstellt.

Einfach, aber einprägsam

Vier Noten und sonst nichts. Dreimal G, dann Es. Ob es je ein einfacheres einprägsameres Thema gegeben hat? Ein ganzes gewaltiges sinfonisches Gebäude beruht auf diesen vier Noten. Und nicht nur auf ihnen, sondern auf ihrem Rhythmus, auf den Schlägen, mit denen "das Schicksal an die Pforten klopft". Der gesamte erste Satz ist auf diesem berühmten Anfangsthema aufgebaut.

Im zweiten Satz begegnen wir dem Lyriker Beethoven. Der dritte Satz ist düster, voll geheimnisvoller Impulse. Ein Hymnus von unbesiegbarer Kraft leitete den letzten Satz ein. Auf einer Leinwand konnten die Zuhörer dank Videotechnik das filigrane Spiel der beiden Organisten mitverfolgen. Das Halbdunkel des Kirchenschiffes, die bewundernswerten Interpretationen, das beeindruckende Zusammenspiel beider Künstler, erzeugten eine Atmosphäre des Wohlfühlens und das Gefühl, das alte Jahr in Harmonie zu beenden und das neue Jahr gelassen anzugehen.

Nach zwölf Jahren ist Schluss

Dieses war nach nunmehr zwölf Jahren das letzte Silvesterkonzert für zwei Orgeln, da die Stumpf-Orgel im Chorraum, das Meisterstück des Garitzer Orgelbaumeisters Michael Stumpf, das seit 2002/2003 als Dauerleihgabe zur Verfügung stand, nach einem Beschluss des Kirchenvorstandes im Januar 2015 wieder abgebaut werden muss. Ein Gutachten einer Orgelsachverständigen der Evangelischen Landeskirche hat im Frühjahr diesen Jahres ergeben, dass die große Steinmeyer-Orgel bedauerlicherweise einen Reparaturstau von bis zu 100.000 Euro hat. Die Kirchengemeinde ist daher nicht in der Lage, sich die Chororgel als zweites Instrument anzuschaffen. In evangelischen Kirchen in Bayern müssen die Kirchengemeinden den Unterhalt ihrer Orgeln ohne jegliche landeskirchliche Zuschüsse selber erarbeiten. "Das Konzert war vorerst das letzte am Silvesterabend", wie Wöltche erklärte. Der Arbeitsaufwand sei auch für ihn und seine Familie zu groß geworden.