Naturschützer alarmiert: Die Zahl der Amphibien im Landkreis ist dramatisch geschrumpft.
Als er die fertigen Zahlen in seiner Liste gesehen hat, griff Sepp May zum Telefon. "Ich hatte gehofft, es kommt noch ein Schwung." Die Situation bei seinen Kollegen: genauso. Kein Zweifel, nachdem er die Hammelburger an der Strippe hatte. Die seien immerhin fast zwei Wochen früher durch. "War's das jetzt?", fragte sich der 69-Jährige. Auf seinem Abschnitt bei Premich geschah dasselbe wie bei den anderen Krötensammlern: "Es ist nichts mehr gekommen."
Die Zahlen von Sepp May passen zum bayernweiten Trend. An den meisten Übergängen, an denen freiwillige Amphibienschützer den Tieren beim Überqueren helfen, sind die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr stark zurückgegangen, meldet der Bund Naturschutz (BN) in Bayern. 50 Prozent weniger meldeten fast alle Landkreise an einem oder mehreren Übergängen. Auch Einbrüche um 90 Prozent seien keine Seltenheit. Mehr als die Hälfte aller Arten, die in Bayern heimisch sind, stehen inzwischen auf der Roten Liste. Bei Uwe Friedel in Nürnberg laufen die Daten zusammen. Der Geoökologe hat die Landkreise im Blick. Im Raum Bad Kissingen waren dieses Jahr "deutlich weniger unterwegs", bestätigt auch Franz Zang, Chef der BN-Kreisgruppe.
Was Uwe Friedel besonders alarmiert: Es geht nicht nur um die ohnehin selten gewordenen Arten. "Uns macht eher Sorgen, dass auch die Arten betroffen sind, die relativ robust sind", sagt der Wissenschaftler - wie Erdkröte und Grasfrosch.
Letzte Überlebende
Freilich, meint Jürgen Thein, Schwankungen gebe es seit jeher. Der Biologe betreut auch ein Artenschutzprojekt für die Geburtshelferkröte. Die ist vom Aussterben bedroht. Sämtliche Tiere, die in ganz Bayern bis heute überlebt haben, leben im Biosphärenreservat Rhön. Er beobachtet: "Ist das Wetter nach der Winterruhe zu kühl und zu trocken, stagniert die Wanderung und die Tiere ,tröpfeln' nur an den Zäunen." Wichtig für die Vergleichbarkeit: Daten aus mehreren Jahren. Die hat Sepp May.
Lebensgefahr: Straße
Seit den 80ern geht er auf Kröten-Tour. Angefangen hatte er bei Frauenroth. "Man sieht einfach, dass was gemacht werden muss in der Natur." Seit sieben Jahren kümmert er sich um "Abschnitt 140". Gut 100 Meter an der Staatsstraße zwischen Premich und Steinach. Hier wollen die meisten der Kröten vom Wald "Schmalwasser Süd" zu den gegenüberliegenden Fischteichen. Dazwischen: die St2267. Hin und zurück: Zweimal wird der Verkehr auf der Straße zur Gefahr. Sepp May will wie einige andere Freiwillige vom BN-Bad Kissingen genau das verhindern. Sie sammeln die Tiere am Zaun ein, der sie am Überqueren der Straße hindert.
"Der eine geht mit dem Hund spazieren, ich geh zu den Kröten", sagt Sepp May und lacht. Manchmal sind Tochter und Enkel dabei. Vier Wochen dauert die Wanderung meist, sagt er. Und wann ist es soweit?
"Die Tier gehen nicht nach dem Datum, sondern nach der Witterung." Den richtigen Zeitpunkt hat er im Gefühl, sagt er. Der Boden muss warm genug sein und feucht. Regen und Gewitter, schwülwarm, zehn Grad: bestes Wetter für die große Reise bis zu ihren Laichplätzen. Die startet in der Dämmerung: "Tagsüber sieht man normalerweise keine."