Acht Kommunen im Kreis Bad Kissingen haben ihre Standesämter an andere Gemeinden abgegeben. Geheiratet wird aber überwiegend in der Heimatgemeinde.
Oerlenbach hat es getan, die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Euerdorf mit ihren Mitgliedsgemeinden Euerdorf, Aura, Sulz- und Ramsthal auch. Nüdlingen, Wartmannsroth und auch Motten haben es getan: Das eigene Standesamt geschlossen und an eine andere Kommune ausgelagert. Wer aus Motten eine standesamtliche Urkunde benötigt, bekommt diese seit 2006 in Bad Brückenau, jemand aus Wartmannsroth muss seit 2013 nach Oberthulba. Die übrigen Gemeinden haben ihr Standesamt innerhalb der letzten fünf Jahre nach Bad Kissingen abgeben.
"Vor zehn Jahren wäre so eine Entwicklung undenkbar gewesen", meint Bad Kissingens Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD). Für das Standesamt der Großen Kreisstadt kam sie aber zur rechten Zeit. Nachdem das St. Elisabeth Krankenhaus 2013 seine Geburtsklinik geschlossen hatte, fiel mit den Geburtsbeurkundungen einiges an Arbeit weg. Das wurde mit der Übernahme der Standesämter aus der Umgebung nach und nach wieder ausgeglichen. Wenn ab 2021 noch das Standesamt aus Bad Bocklet dazukommt, "haben wir wieder unsere Sollstärke erreicht", erklärt Blankenburg.
Technik, Personal, Schulungen
"In Oerlenbach hatten wir bereits vor 15 Jahren Überlegungen, unser Standesamt abzugeben", berichtet Werner Rauh, Geschäftsleiter im Rathaus. Dafür habe sich damals allerdings noch keine politische Mehrheit im Gemeinderat finden lassen. Es dauerte bis 2013, bis das Aus akzeptiert und einstimmig beschlossen wurde.
Ein Standesamt vorzuhalten, werde zunehmend sei gerade für kleinere Verwaltungen zunehmend schwerer zu leisten. Die entsprechende Technik, etwa für elektronische Signaturen, muss vorgehalten werden, Personal und Archivkapazitäten ebenso. "Die Kosten sind kontinuierlich gestiegen und es hat zunehmend mehr Arbeit gemacht", blickt Rauh zurück.
Ein Standesamt vorzuhalten, ist nicht nur teuer, sondern wird auch aus fachlicher Sicht anspruchsvoller. Heiratet beispielsweise ein Nicht-EU-Ausländer, müssen die Standesbeamte sich im internationalen Recht auskennen und sie müssen sich gegebenenfalls weitere Dokumente beschaffen. "Da reicht es nicht, das deutsche Recht anzuwenden", erklärt Joachim Kohn, Justiziar der Stadt Bad Kissingen. Standesbeamte benötigen regelmäßig Schulungen, um ihre Arbeit qualifiziert zu erledigen. "Bei Unsicherheiten holen wir uns aber auch Einschätzungen von größeren Standesämtern oder der Regierung", sagt der Jurist.
Einträge ins Geburtenregister
2,82 Euro pro Einwohner überweist Oerlenbach derzeit jährlich an Bad Kissingen, dafür dass dort Andrea Schmitt und ihre Kolleginnen die standesamtlichen Aufgaben miterledigen. Die Dokumente für 17 Sterbefälle, 25 Kirchenaustritte und zwölf Hochzeiten haben sie im vergangenen Jahr für die Großgemeinde bearbeitet. Ein beträchtlicher Teil der Arbeit entfällt nicht nur auf das Ausstellen zum Beispiel von Heirats- und Sterbeurkunden. "Was uns viel beschäftigt sind die Folgearbeiten", erklärt Schmitt. Jedes Mal wenn jemand Kinder bekommt, heiratet, aus der Kirche austritt oder stirbt, muss das korrekt ins Geburtenregister übertragen werden. "Das ist ein gewaltiger Aufwand, den der Bürger nicht sieht", sagt Schmitt.
Trend zum Kreisstandesamt?
Für Oerlenbachs Bürgermeister Franz Kuhn (CSU) war es im Nachhinein die richtige Entscheidung, das Standesamt abzugeben. "Für uns ist das von Vorteil", sagt er. Die Zusammenarbeit funktioniere reibungslos. Ein eigenes Standesamt käme der Gemeinde teurer. Für die Bürger habe sich bei wichtigen Erledigungen ohnehin nicht viel geändert. Sterbefälle werden in der Regel über Beerdigungsinstitute abgewickelt, bei Geburten übernehmen oft die Kliniken die Behördengänge. Heiratswillige aus Oerlenbach müssen zu Vorgesprächen und zur Anmeldung nach Bad Kissingen. Dort bereiten die Standesbeamten die Unterlagen vor. Wenn gewünscht, findet die Trauung aber in der Heimatgemeinde statt. Traub eamter ist dann der Bürgermeister. Die Hochzeit zu Hause wird rege in Anspruch genommen. Dieses Jahr haben bislang 16 Paare aus Oerlenbach geheiratet. "Davon haben 13 in Oerlenbach die Ehe geschlossen", berichtet Kuhn.