Infrastruktur Heiko Vöth von "Igros" stellt ein Konzept für kleinere Orte vor. In der Gemeinde Aura soll bereits im September "der Metz" wieder öffnen.
von unserem Redaktionsmitglied Ralf Ruppert
Bad Kissingen — Heruntergelassene Rolläden, verschlossene Tür, dunkle Räume: In der Auraer Durchgangsstraße steht seit Jahren der ehemalige Dorfladen leer. "Der Metz" hieß der Laden bis zuletzt, erzählt Bürgermeister Thomas Hack. "Das war nicht nur ein Laden, sondern ein sozialer Treffpunkt." Deshalb versuchte die Gemeinde schon vor rund fünf Jahren, wieder einen Dorfladen zu
initiieren. "Wir dachten an eine genossenschaftliche Lösung", berichtet Hack. Die Idee scheiterte, weil sich trotz Förderung durch die Dorferneuerung kein Betreiber fand. Jetzt ist trotzdem eine Lösung absehbar: Die Firma "Igros" mietet den "Metz" an und arbeitet mit einer Betreiberin.
Gemeindliches Konzept scheiterte "Igros stellt alles, aber es muss jemand vor Ort auf eigenes Risiko arbeiten", umschreibt der Auraer
Bürgermeister das Konzept. Das sei auch der große Unterschied zum gemeindlichen Vorgehen: "Bei uns hätten die Erstausstattung und die Theke damals rund 60 000 Euro gekostet." Stehen sollte der Dorfladen am Platz des alten Feuerwehrhauses. "Wir hätten da was Neues hingestellt", betont Hack und bedauert, dass daraus nichts wurde: "Das Scheitern war ein großer Rückschlag."
Umso größer ist die Vorfreude jetzt: "Die Verhandlungen sind
abgeschlossen, von unserer Seite steht alles", fasst Vertriebsleiter Heiko Vöth den Stand der Dinge zusammen. Gestern stellte er das Konzept des "Nahversorgers" in der Bürgermeister-Dienstbesprechung vor. "Durch die Zentralisierung der Lebensmittelmärkte bleiben die kleinen Orte auf der Strecke", sagte Vöth und sprach damit vielen Bürgermeistern aus dem Herzen.
Dem steuert Igros entgegen, indem vollständig eingerichtete Läden zur Verfügung gestellt werden. Ein einfaches Kassensystem und eine zentrale Buchhaltung sollen das System erleichtern: "Wir versuchen, den Betreibern den Rücken frei zu halten."
Igros beliefert Läden mit 100 bis 300 Quadratmeter Grundfläche in Nordbayern und Südthüringen. Fünf neue Dorfläden kommen heuer alleine in der Region Main-Rhön dazu.
Rentabel seien Dorfläden nach seiner Erfahrung ab rund 800 Einwohnern in einem Ort, aber es gebe auch kleinere Orte mit eigenen Läden. "In Aura wollen wir zum Beispiel 1200 Artikel anbieten", berichtet Vöth. Zudem seien Backwaren und eine kleine Wursttheke geplant. Wie im alten Metz eben. Mehr verrät er allerdings noch nicht, der Name der Betreiberin ist noch geheim.
Von Poppenlauer bis Zeitlofs "Wir sind auf
eine positive Grundeinstellung der Kommunen angewiesen", warb Vöth in der Bürgermeisterdienstbesprechung um Unterstützung. Projekte gebe es im Landkreis viele: "In Poppenlauer suchen wir schon seit zwei Jahren." Eigentlich sei der Ort mit knapp 2000 Einwohnern sehr gut geeignet, zudem stehe eine ehemalige Schlecker-Filiale zur Verfügung.
Nur der Betreiber fehle.
Auch in Reiterswiesen hat Igros bereits die Fühler ausgestreckt: Dort hat vor kurzem das Traditionskaufhaus Renninger geschlossen. "Der Bedarf ist da", ist sich Vöths Chef Johannes Graf sicher. Allerdings seien die Rahmenbedingungen in Reiterswiesen schwieriger, weil die Familie Renninger den ehemaligen Laden ganz verkaufen möchte. Ähnlich ist die Lage in Motten, wo der letzte Dorfladen heuer geschlossen hat.
Auch für Schondra und Zeitlofs gebe es Verhandlungen.
"Wir haben einen kleinen Dorfladen wieder aufgemacht und dabei gut mit Igros zusammengearbeitet", berichtete der Bad Bockleter Bürgermeister Wolfgang Back von seinen Erfahrungen. "Wir haben immer mehr Probleme, den Bedarf in den Kommunen abzudecken", forderte Landrat Thomas Bold die Bürgermeister auf, sich des Themas anzunehmen.
Empfang Das Projekt "main daheim" stellte Regionalmanagerin Cordula Kuhlmann den Bürgermeistern vor. Darin geht es um einen "Praxisleitfaden Willkommenskultur für Kommunen". Kuhlmann und Landrat Thomas Bold legten den Bürgermeistern nah, sich mit dem Thema zu befassen. "Migration hat wesentlichen Einfluss auf unsere Entwicklung", sagte Bold. Insbesondere um Fachkräfte müssten sich Regionen bemühen.
Kuhlmann verwies darauf, dass 80 Prozent der Zuzüge aus anderen Teilen Deutschlands kommen. In Bad Kissingen gebe es besonders viele Zuzüge der Generation 50plus, während in Lohr besonders viele Menschen mittleren Alters und in Würzburg viele Junge ankommen. Kuhlmann stellte Broschüren und einen Leitfaden vor, den jede Kommune für sich übernehmen und anpassen kann.
Mitbring-Dienst Sebastian Mitter von "Pulsismedia" stellte eine neue App vor, die
derzeit entwickelt wird: Unter dem Motto "App jetzt wird mitgebracht" sollen Menschen, die nicht mobil sind, und Pendler miteinander vernetzt werden. Die Idee: Einer stellt einen Einkaufszettel online, andere kaufen die Waren in der Region ein und bringen sie mit. Ab September ist eine Testphase in Premich geplant.