Beim Blumengießen im Garten bemerkten Gerhard und Barbara Seufert ein Summen über ihnen. Es klang ungewöhnlich tief - keinesfalls wie das einer Biene, Schmeißfliege oder Wespe. Das Geräusch stammte von den Flügeln eines großen Insekts.
Beim Blick nach oben sahen sie wie eine 2,5 Zentimeter lange, schwarz-gelb gemusterte Hornisse in den Rollladenkasten eines Dachbodenfensters hineinschlüpfte. "Erst habe ich noch gedacht, dass es sich um Wespen handelt. Wir hatten auch schon in den vergangenen Jahren Wespennester in der Garage", erzählt Hausbesitzer Gerhard Seufert. Er sei aber skeptisch geworden, weil die Tiere im Vergleich zu normalen Wespen schlichtweg zu groß waren. Also habe er sich an den Computer gesetzt und recherchiert, was sich da auf seinem Dachstuhl eingenistet haben könnte. Nach eigenen Worten war er sich kurze Zeit später sicher, dass es sich um Hornissen handelt; und die stehen in Deutschland unter Artenschutz. Deshalb dürfen die Nester nur von Fachleuten mit entsprechender behördlicher Genehmigung entfernt werden. "Der Weg der Zuständigkeiten ist kompliziert. Der normale Bürger telefoniert da von Pontius zu Pilatus", findet Seufert.
Als pensionierte Beamter wusste er aber, an wen er sich am besten wendet und rief bei der Naturschutzbehörde des Landratsamtes an. Dort sei ihm umgehend geholfen worden. Die zuständige Bearbeiterin informierte Claus Schenk vom Naturpark und Biosphärenreservat Bayerische Rhön, der das Nest mit Schutzkleidung und Absauger aus dem Rollladenkasten herausholte und in einem speziellen Hornissenkasten im Garten aussetzte. Gerade noch rechtzeitig, wie der Fachmann erläutert: "Zwei Wochen später und dann stinkt das Nest wie blöd." Verantwortlich dafür sei ein Saft, den die Larven ausscheiden und der bei Seuferts bereits die Jalousie mit braunen Schlieren verunreinigte. Dass sich Hornissenvölker in Rollladenkästen ein Zuhause suchen, geschehe einzig aus der Not heraus. Dann fänden sie keinen geeigneten Lebensraum. "Dort ist es eigentlich zu eng. Viele der Tiere werden eingequetscht und sterben, wenn die Jalousie hochgezogen wird", schildert Schenk.
Die Umsiedlungsaktionen sind insofern sowohl für Mensch, als auch Tier sinnvoll. Zum einen, weil das Haus nicht mehr verdreckt wird und zum anderen, weil die Tiere ein passendes Lebensumfeld in der Natur erhalten: in Gärten, auf Wiesen oder auch in leerstehenden Scheunen. Der Naturschützer weiß, wo er die Tiere aussetzen kann. Einzige Bedingung: Es dürfe nur nicht zu weit vom Ausgangspunkt entfernt sein, da die Nester empfindlich seien und bei einem langen Transport leicht beschädigt werden. Im Falle der Seuferts wird eine Fichte im eigenen Garten zur neuen Hornissenherberge. "Ein großer Dank geht an die Leute, die so etwas melden und die Tiere weiter bei sich dulden", lobt Schenk. Er vermutet aber, dass gerade auf dem Land oft nicht so vorbildlich gehandelt werde. Dort würden die Nester wahrscheinlich einfach vernichtet.
Entgegen aller Vorurteile - im Volksmund sind Hornissen als aggressiv verschrien - bewertet Claus Schenk das Zusammenleben als unkompliziert. "Hornissen sind die größten und harmlosesten der Faltenwespen", sagt er. Sie würden nur angreifen, um ihr Nest zu verteidigen. Ansonsten seien sie sehr friedlich. Das Ehepaar Seufert sieht es ähnlich unkompliziert. Dass das Nest mittlerweile in ihrem Garten hängt, ist für beide kein Pro blem. "Sie sind ohnehin ungefährlich. Außerdem ist die Flugzeit der Hornissen in drei bis vier Wochen vorbei", zeigt sich Gerhard Seufert gelassen. Ihm seien sie sogar lieber als normale Wes pen: "Die lassen einen wenigstens bei Kaffee und Kuchen in Ruhe."