Das Wohnmobil wurde sichergestellt, aber "nie abgeholt, vermutlich wegen der enormen Schulden", so der Staatsanwalt. Kennzeichen und die falschen Ausweise lagen dem Gericht vor, ebenso wie ein beschlagnahmter Laptop aus einem anderen Verfahren. Damit hatte die Beschuldigte zum einen die Zettel in ihrer Scheibe gedruckt, aber zum anderen auch Schreiben an den Ministerialrat und zwei Landräte geschickt mit hohen Geldforderungen. Zudem forderte sie die Polizei auf, Wohnmobil und Ausweise zurückzugeben und Entschädigungen in Millionenhöhe zu bezahlen.
Freiheit wichtiger als die Ideologie
Das war nicht das erste Mal, dass sie solche Briefe verschickt hat. Bereits im Dezember 2020 war sie deshalb wegen versuchter Nötigung verurteilt worden und damit einschlägig vorbestraft. "Damals war Ihnen die Freiheit wichtiger als die Ideologie, denn als Sie in Haft sollten, wurde plötzlich doch bezahlt", merkte die Richterin an. Trotzdem stellte sie aber auch fest, dass die Angeklagte "keine Einsicht" zeigt.
Die Ausweise - Plastikkarten in mehreren Sprachen, im Stil von EU-Ausweisen - seien "relativ gut gemacht", so die Richterin und "dienen der Täuschung im Rechtsverkehr", ergänzte der Staatsanwalt. "Die Ausweise stammen von kriminellen Fälschern einer Reichsdruckerei in Berlin, die einfältigen Leuten das Geld abknöpfen, Bauernfängerei, die aber ziemlich gut durchdacht ist", wusste er.
Anhängerschaft wächst
Diese Gruppen hätten in den letzten Jahren enormen Zulauf. Sie agieren mit Angst vor wirtschaftlicher Abhängigkeit, berichtete der Staatsanwalt. Die SHAEF-Strömung (SHAEF war ein alliiertes Oberkommando, das 1945 aufgelöst wurde, Anm. d. Red.) erfreue sich großer Beliebtheit. "Sie wollen Politiker einschüchtern, da ist der Griff zur Waffe nicht weit", so der Staatsanwalt. Auch die Schreiben, die die Angeklagte an den Kriminaloberrat und zwei Landräte verschickt hatte, zeugen von rechtsextremem Gedankengut. Man solle die Entschädigung in der neuen Währung zahlen, für ihn eindeutig Hinweise auf eine geplante Revolution, so der Staatsanwalt.
"Man kann den Quatsch ja glauben, wenn man das daheim macht und keinem schadet", so der Staatsanwalt. In diesem Fall hätte aber zum einen ein Unfall passieren können, dann hätte die Angeklagte privat haften müssen. Das könne sie aber nicht. Es sei typisch Reichsbürger-Ideologie, dass die Leute glauben, sie würden plötzlich ihre Schulden los. Doch das funktioniere nie. Auch die Schreiben, egal ob die Drohung ein untauglicher Versuch ist, seien in der Bundesrepublik Deutschland strafbar.
Der Staatsanwalt beantragte für Urkundenfälschung in Tateinheit mit dem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz sowie Nötigung in zwei Fällen eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Das sei nach einer Geldstrafe für die Nötigung im Dezember die gesetzliche Konsequenz. Auch Bewährung sei bei der ersten Freiheitsstrafe üblich, "da werden Sie nicht anders behandelt, obwohl Sie abartiges Gedankengut pflegen" und als Verurteilte trage sie die Kosten des Verfahrens. "Sie können froh sein: Zu Reichsbürger-Zeiten gab es noch viel härtere Strafen als heute", meinte der Staatsanwalt.
Die Richterin gab seinem Antrag statt und verfügte zusätzlich eine Geldauflage von 750 Euro, zu zahlen in monatlichen 25 Euro Raten an die Vermittlungsstelle für gemeinnützige Arbeit der Aktionsgemeinschaft Sozialisation (AGS) in Schweinfurt. Und sie warnte die Angeklagte: "Wenn Sie so weitermachen landen Sie im Gefängnis", denn sie sei fast sicher: "Sobald Sie das Gericht verlassen haben, werden Sie uns das nächste Schreiben schicken."