Im Garten wächst ein Katamaran
Autor: Redaktion.
Hammelburg, Freitag, 15. August 2014
Andreas Wunderle will 2015 mit seiner 3,5 Tonnen schweren "He-Lu" ins Mittelmeer stechen. Er arbeitet schon seit mehreren Jahren an seinem Traum.
Bereits acht Jahre schweißt Andreas Wunderle an seinem Traum. Jetzt rückt Tag X näher. 2015 will er mit dem selbst konstruierten Katamaran samt Frau und zwei Kindern von Kroatien aus in See stechen.
Bis dahin harrt das Boot in dem Hassenbacher Garten der Fertigstellung. Das Szenario auf dem Rhöner Wiesenhang hat etwas Exotisches. Fast, als wäre hier eine Arche angeschwemmt worden.
Mit Stützen und Keilen hat der selbstständige Metallbauer ein Trockendock für den 3,5 Tonnen schweren Segler improvisiert. Zwölf Meter lang und 6,50 Meter breit ist die Baustelle aus Aluminium, Holz und Kunststoff. 13 Meter ragt der Mast in den Himmel.
Die äußerliche Ruhe trügt. Schon länger ist der Handwerker mit dem Innenausbau beschäftigt. "Langsam will ich wissen, wie es schwimmt", verrät der 43-Jährige zunehmende Ungeduld.
Rund 50 Quadratmeter Segelfläche sollen das Boot mit 20 Stundenkilometern über das Wasser gleiten lassen. Für Flautenzeiten und Hafeneinfahrten wird ein 40 PS-Außenborder angebaut.
Am Computer geplant
So, wie Wunderle, ist sonst kaum ein Skipper mit seinem Boot vertraut. Schließlich kennt er jede Naht und jedes Schraubgewinde. Angefangen hat das Abenteuer mit dem Zeichnen von CAD-Plänen am Computer. Zwar könne man fertige Baupläne kaufen, doch die seien teuer. Außerdem wollte er eine maßgeschneiderte Lösung.
Rund ein Jahr hat der Experte geplant. Und dabei von Erfahrungen profitiert, die er vor Jahren mit einem Erstlingswerk gesammelt hatte: Ein Trimaran, der für das Bordleben der Familie inzwischen doch zu klein geworden ist. Wie der große Bootsbruder nach dem Stapellauf mit seinen 35 Zentimeter Tiefgang im Wasser liegt, ist noch unklar.
Viele Meter Schweißnähte hat Wunderle zwischen den fünf Millimeter dicken Aluminiumplatten gezogen. Die beiden Pontons bekommen ihre Stabilität durch geschickt gesetzte Knicke.
Komfort ist wichtig
"Komfort ist mir wichtig", sagt der Konstrukteur zu den Ausmaßen des Katamarans. Das Cockpit, gewissermaßen die Terrasse hinter der Hauptkajüte, bietet 18 Quadratmeter Sitzfläche. Das beschert genügend Entfaltungsmöglichkeiten beim gemütlichen Rasten in einsamen Buchten. Als Rückzugsmöglichkeit in der Nacht stehen sechs Schlafplätze in den beiden Pontons zur Verfügung. Auch im Badezimmer ist alles selbst gebaut. In Kürze wird noch Teppichboden verlegt.
Durch seine Kreativität spart Wunderle bares Geld. "Schiffszubehör ist teuer", sagt er. Nicht minder elegant sind die Detaillösungen des Konstrukteurs. Alles ist durchdacht.
Von der Rollenführung der Ankerkette über die Ankerkiste bis zum Mechanismus der Schwerter, die dem Boot im Wasser Seitenführung geben. Ausgeklügelt auch die Staumöglichkeiten in Netzen unter Deck.
In die Kajüte baut Wunderle zwei handelsübliche Kühlschränke, die noch an die ebenfalls selbstgebaute Sitzgruppe angepasst werden. Extravagant mutet der weiße Sitz für den Steuermann an. Schon jetzt lässt sich auf dem Rhöner Grün ausmalen, wie der weiße Bezug mit dem azurblauen Meer konstrastiert. Und wenn dann erst der Bootskörper in dezentem Gelb gestrichen sein wird...
Fix und fertig würde ein Boot dieser Größenordnung rund 300 000 Euro kosten, weiß Wunderle. Mit der Eigenleistung kommt es weitaus günstiger. Wer jetzt Lust am Bauen bekommt, sollte sein Zeitbudget überprüfen.
Rund 7000 Arbeitsstunden hat der Metallbauer bisher investiert.
"Das ist mein Ausgleich", sagt er. Die Familie ist voller Vorfreude auf die Urlaube an Bord der He-Lu. Taufpaten sind die Kinder Helena und Lukas.
Zur Jungfernfahrt geht es auf der Autobahn nach Südeuropa. "Ich muss wohl zweimal fahren", blickt Wunderle voraus. Beim Transport weiß er einen Vorzug des Katamarans zu schätzen: Die Brücke und die Pontons können auseinander geschraubt werden. Dutzende Schrauben halten das Boot zusammen. Für die Lagerung in Kroatien hat der Skipper ein Grundstück gekauft. Rund drei Monate soll das Boot jährlich zu Ferienzeiten ins Wasser. Die Ziele gehen Wunderle nicht aus. Denkbar sei ein Trip in die Karibik. Man braucht ja neue Träume. Spätestens für den Ruhestand nach einem erfüllten Metall- und Schiffbauerleben. Wolfgang Dünnebier