Archäologische Grabung auf dem Viehmarkt

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Romy Dworazik und Christina Günther legen Mauerreste frei.Foto: Arkadius Guzy
Romy Dworazik und Christina Günther legen Mauerreste frei.Foto: Arkadius Guzy

Der Viehmarkt ist erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein freier Platz in der Hammelburger Altstadt. Zuvor stand dort die Marienkapelle. Eine archäologische Grabung holt sie ans Tageslicht zurück - zumindest für kurze Zeit.

Die Bauarbeiten auf dem Viehmarkt locken derzeit viele Neugierige an. Immer wieder stehen Passanten minutenlang an den Bauzäunen, um einen einmaligen und für viele Jahrzehnte nicht wiederkehrenden Einblick in die Stadthistorie zu gewinnen.

Seit Anfang der Woche graben Romy Dworazik und Christina Günther die Reste der Marienkapelle aus. Ein Bagger schabt zunächst die Erde vorsichtig bis zur festgelegten Tiefe ab, erklärt Dworazik. Dann legen die beiden Archäologinnen vom Bamberger Grabungsbüro Jochen Scherbaum die Steinköpfe der Mauerreste mit Kelle und Handbesen nach und nach frei. Die Fundamente tauchen teilweise bereits 30 Zentimeter unter dem Platz auf.
Die Historie der Kirche ist in groben Zügen bekannt. Auch die Zaungäste, die die Archäologinnen ansprechen, kennen sie. "Man erfährt viel von den Passanten", sagt Dworazik.

Feuer zerstört den Turm

Die beiden Expertinnen fotografieren die Mauern und messen sie in ein Koordinatensystem ein, um die Position der Kirche genau zu dokumentieren. Bisher stimmt die Lage mit den historischen Überlieferungen überein, wie Dworazik an einem Auszug aus dem Urkataster erläutert. Die bis jetzt aufgedeckten Steine zeichnen die Umrisse um den Altarraum nach.

Die Marienkapelle wurde nach Angaben des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege im Jahr 1302 erbaut. In der Reformationszeit war die Kirche protestantisch. Ab dem 18. Jahrhundert oder vielleicht schon etwas früher verfiel sie. Nur der Westturm blieb als Feuerwachturm stehen. Der Stadtbrand von 1854 beschädigte aber auch ihn, sodass er nach dem Feuer mit den Mauerresten abgetragen wurde. Die Bewohner nutzten die Steine für den Aufbau der Häuser. Nur die Fundamente überdauerten unter dem Viehmarkt.

Nach der Dokumentation wird die ausgehobene Fläche aufgefüllt, damit die Neugestaltung des Platzes beginnen kann. Die fest sitzenden Mauerteile können dabei im Boden bleiben, einzelne lockere Steine müssen wohl entfernt werden, erklärt Detlef Mohr. Der Stadtbaumeister betont: "Es ist nicht unsere Absicht, alle Mauerreste zu beseitigen."

Nicht nur Anwohner haben vor den Arbeiten vorgeschlagen, ein Stück der Kirche unter einer Glasplatte sichtbar zu lassen. Mohr hält dies für technisch schwierig. Er befürchtet, dass Feuchtigkeit aus dem Boden aufsteigt und sich auf der Glasunterseite niederschlägt. Die Kondensation erschwerte den Durchblick. Ob überhaupt ein Stück der Fundamente auf irgendeine Weise offen bleibt, hängt für Mohr davon ab, was bei der Grabung noch zum Vorschein kommt.

Die Stadt steckt in einem Zwiespalt: Einerseits ist die Dokumentation historisch spannend, andererseits hofft sie, dass keine überraschenden Entdeckungen den geplanten Bauablauf mit seinen engen Zeitvorgaben durcheinanderbringen.

Scherben bleiben übrig

Bisher haben die Archäologinnen in der ausgegrabenen Erde einige Tierknochen und viele Scherben aus dem 19. Jahrhundert gefunden, wie Dworazik berichtet. Das passe gut zu der überlieferten Geschichte, dass die Kirchenreste nach dem Stadtbrand geschliffen und die Fläche aufgefüllt und eingeebnet wurde, sagt die Grabungsleiterin. Tierknochen und Scherben tauchten bei Grabungen häufig auf. "Das ist das, was heutzutage der Restmüll ist." Die spannende Frage ist jedoch, ob Gräber an den Kirchenumrissen zum Vorschein kommen. Der Eintrag in der Denkmalliste stellt diese Vermutung an, da sie sich im Zusammenhang mit einem Gotteshaus aufdrängt.

Das Urkataster vermerkt an einer der Längsseiten des Kirchengebäudes eine Grünfläche. Für Dworazik ist der Bereich als mögliche frühere Grabstätte vorstellbar. Es könnte also noch passieren, dass die Grabung menschliche Überreste ans Tageslicht fördert, die die Erde bisher jahrhundertelang verborgen hielt.