Fließende, perlende und rauschende Musik bezaubert und eine bewegende Geste beeindruckt beim Auftritt des Jugendmusikkorps Bad Kissingen zum Weltwassertag.
Bad Kissingen und Wasser, das passt. Dass der internationale Weltwassertag in der Kurstadt besondere Aufmerksamkeit findet, war somit erwartbar. Dass der Tag mit einem Themenkonzert des Jugendmusikkorps musikalisch herausgehoben wird, ist bemerkenswert. Dass der Reinerlös der Veranstaltung gespendet wird, ist eine noble Geste von Orchester, Stadt und Staatsbad. Unterstützt werden sollte "Viva con Agua", eine Non-Profit-Organisation, die sich für einen weltweiten Zugang zu sauberem Trinkwasser einsetzt. Da ist man gerne dabei. Dass es anders, dabei nicht weniger beeindruckend gekommen ist, lässt neben dem Musikgenuss, einen weiteren nachhaltigen Eindruck des Konzertabends zurück.
Wie kann man Wasser beschreiben?
Da hat man sich was vorgenommen! Wie interpretiere ich Wasser, eine Quelle, einen Bach, rauschende Brandung? Wie wunderbar kann ein Streichorchester die blaue Donau fließen lassen, die Moldau von der Quelle zur Mündung beschreiben, wie lebendig lässt Händel seine Wassermusik perlen, fließen, rauschen. Wie aber, wenn zackige Marschmusik eigentlich Kernkompetenz des Orchesters ist, wenn eine beeindruckende Formation an Schlagwerk, Becken, Trommeln und Pauken die Bühne füllen, nur einige Klarinetten weichen Sound beisteuern, wenn hohes und tiefes Blech dominieren und nur ein einziger, ganz junger Musiker sein Waldhorn zum Klang beisteuert?
Doch, die können das! Es spricht für die grundsolide Ausbildung der Mädchen und Jungen, es spricht für die gelebte Tradition, sich nicht nur auf orchestrale Blasmusik zu konzentrieren. Und was hat sich da Dirigent Matthias Zull alles ausgesucht. Beeindruckend vor allem "La Storia" - Filmmusik, zu der es gar keinen Film gibt. Jakob de Haan hat die Fantasie geschrieben und Ennio Morricone, dem großem Filmmusik-Komponisten gewidmet. Da durfte im Geiste mitgeträumt werden, wie Wasser aus dem Boden dringt, zur Quelle, zum Rinnsal, zum Fluss wird. Felsen sich dem Strom in den Weg stellen, bis er sich elegisch ins Meer ergießt. Eine ganz fein musizierte, spannende Flussreise.
Großer Auftritt der Klarinetten
Aber das JMK kann auch träumerisch: Leonhard Cohens "Halleluja", und da haben dann die Klarinetten ihren großen Auftritt, und das tiefe Blech murmelt nur dazu. Das Kopfkino ging weiter bei einer Zugreise mit Musik von Oregon, die Formation, die den wilden Westen Amerikas beschreibt, wenn - durch das Abteilfenster zu sehen - Büffelherden durch die Prärie donnern, die Sonne am Horizont untergeht, und das Lagerfeuer langsam verlischt.
Vom tapferen Löwen zum bösen Nachbarn
Dann liegt die Musik zu "König der Löwen" auf den Notenpulten. Matthias Zull erzählt dazu die Geschichte des kleinen Löwen Simba und dessen Vater. Aber da ist auch sein böser Onkel Scar... Der JMK-Chef schafft einen Vergleich mit der Kriegssituation in der Ukraine und findet so einen stimmigen Übergang zu einer überraschenden Ankündigung: Er gibt den Wunsch seiner jungen Musikerinnen und Musiker - und wohl auch deren Eltern - bekannt, dass der Konzerterlös nicht seinem ursprünglich geplanten Empfänger "Viva con Agua" überwiesen werden soll, sondern örtlichen und überörtlichen Organisationen der Ukraine-Hilfe mit der Bestimmung zu musikalischer Förderung in dem gebeutelten Land. Das Publikum quittiert die Ankündigung mit großem Beifall. Der steigert sich nochmals, als Birgit Eber, Vorsitzende des Fördervereins Musikschule, das Mikrofon ergreift und ankündigt, dass der Verein die erlöste Summe nochmals verdoppelt.
Europahymne im Stehen
Beschwingt musizieren die Mädchen und Jungen in Erinnerung an ihre Reise zur Steubenparade in New York im Marchingband Stil, verbeugen sich vor Evita Peron, und dann darf endlich auch mitgeklatscht werden, weil's gar zu schön böhmisch klingt beim "Böhmischen Traum". Auch der "Hoch - und Deutschmeister" muss sein. Ergreifender Abschluss des Konzerts und das Bekenntnis zu europäischen Werten: Die Europahymne im Stehen. Mitgesummt trotz Mundschutz die Aufforderung: "... alle Menschen werden Brüder..."