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Finanzspritze: Nur wenige Kommunen greifen zu


Autor: Ulrike Müller

Bad Kissingen, Montag, 13. August 2018

Während Kommunalpolitiker gerne betonen, nichts gegen den Niedergang der Ortskerne ausrichten zu können, lässt der Freistaat Bayern Millionen sprudeln.
Der Verfall ist mit Händen zu greifen: Die Zauberhöhle in Bad Brückenau war einst eine Gaststätte. Der Eigentümer wollte der Stadt das Grundstück schenken - unter der Bedingung, das Gebäude zu erhalten. Die Stadt schlug das Angebot aus. Ulrike Müller


Hohes Gras wuchert aus den Blumenkübeln aus Stein an der Zauberhöhle. Die ehemalige Gaststätte in der Marktgasse von Bad Brückenau ist ein Zeugnis des Verfalls, dem viele Gebäude und Nebengassen in Innenstädten ausgesetzt sind - nicht nur im Sinntal. Das Haus gehört einem Kirchenmann. Er wollte das Haus erhalten, hätte das Grundstück der Stadt sogar geschenkt. Doch eine Garantie dafür wollte niemand geben, und so wächst das Gras weiter.

So wie Bad Brückenau geht es vielen Kleinstädten, auch viele Dörfer sind vom schleichenden Sterben der einst pulsierenden Ortskerne betroffen. Der Freistaat Bayern zeigt sich vor der anstehenden Landtagswahl besonders großzügig. Insgesamt 100 Millionen Euro stehen für die Stärkung der Innenentwicklung und für die Entsiegelung von Flächen noch in diesem Jahr bereit (siehe weiter unten). Doch die Kommunen zögern, sich aus dem Topf zu bedienen.


Knackpunkt: neue Baugebiete

Der Grund: Mit dem Antrag auf Förderung geht die Verpflichtung einher, dem Erhalt der Ortsmitten Vorrang zu geben. Der Knackpunkt: keine neuen Baugebiete mehr. Bad Brückenau bemüht sich wohl deshalb nicht um eine Förderung, denn schon lange hofft die Stadt darauf, dass ein privater Investor 30 Bauplätze nahe des Staatsbads Brückenau auf den Weg bringt
. Denn die Tallage macht es der Stadt schwer, selbst für attraktives Bauland zu sorgen.

Ganz anders handhabt das die Stadt Hammelburg. Für den Bau des Bürgerhauses hat die Stadt die Förderung beantragt. "Wir wissen aus der Erfahrung der letzten Jahre, dass es gut funktioniert hat, kein neues Bauland auszuweisen", sagt Stadtbaumeister Detlef Mohr. Die Lage ist hier auch eine etwas andere: Schon vor Jahren zählte die Stadt Bauplätze und brachliegende Flächen. Mehr als 300 waren es damals. Seitdem gilt "innen vor außen" als Grundsatz der Stadtpolitik.


Der Innenentwicklung Vorrang geben

Dennoch sorgten sich manche Stadträte, der Stadt durch die Teilnahme am Förderprogramm zukünftig Chancen zu verbauen. "Ich sehe diese Gefahr nicht", schildert Mohr seine persönliche Sicht. Der Innenentwicklung Vorrang zu geben, bedeute eben auch, dass im Einzelfall Ausnahmen denkbar seien - wenn die Stadt zeigen könne, dass sie alle Möglichkeiten ausgeschöpft habe, argumentiert er.

In Bad Kissingen waren die beiden neuen Förderprogramme überhaupt kein großes Thema. Einstimmig traf der Stadtrat im Juli die Entscheidung, für drei laufende Projekte den Förder-Bonus zu beantragen. "Bei uns wurde das nicht kontrovers diskutiert", berichtet Pressesprecher Thomas Hack. Die Stadt achte schon seit Jahren auf einen nachhaltigen Umgang mit Flächen. Allenfalls in den Ortsteilen gebe es punktuell Bedarf nach neuem Bauland.


2 Kommunen im Landkreis Bad Kissingen haben sich für das Förderprogramm "Innen statt außen" beworben. Bad Kissingen hat drei Projekte eingereicht, Hammelburg eines.


Initiative Im Mai brachte der Bayerische Ministerrat zwei neue Förderprogramme zur Stärkung der Innenentwicklung auf den Weg. Es geht darum, Kommunen dabei zu unterstützen, ihre Ortskerne zu beleben. Zudem sollen Anreize dafür geschaffen werden, Flächen wieder zu entsiegeln.

Innen statt außen Die Förderinitiative "Innen statt außen" wurde allein für dieses Jahr mit 75 Millionen Euro ausgestattet. Den Kommunen winkt ein Bonus von 20 Prozent. Der reguläre Fördersatz wird also von 60 auf 80 Prozent erhöht. Besonders struktur- oder finanzschwache Gemeinden können sogar mit einem Fördersatz von 90 Prozent rechnen.

Flächenentsiegelung Für das Förderprogramm "Flächenentsiegelung" wurden für das laufende Jahr 25 Millionen Euro bereitgestellt. Gefördert werden zum Beispiel die vollständige Entsiegelung befestigter Flächen oder der Austausch der Bodenbeläge, damit Regenwasser besser versickern kann. Auch Maßnahmen zur Begrünung oder die Freilegung brachliegender Flächen werden finanziell begünstigt.