Druckartikel: Es muss nicht immer ein tiefschwarzer Flügel sein

Es muss nicht immer ein tiefschwarzer Flügel sein


Autor: Thomas Ahnert

Bad Kissingen, Mittwoch, 08. Juli 2015

Liednachmittag mit Mojca Erdmann und Xavier de Maistre
Mojca Erdmann und Xavier de Maistre Foto: Ahnert


Liedrecitale für Singstimme und Harfe haben einen ganz eigenen Charakter. Wobei es der Zusammenklang des silbrigen Tons des Instruments und den Klangfarben einer hohen Frauenstimme ist, die ihn ausmachen. Wobei das tatsächlich nur bei der hohen Frauenlage funktioniert. Die Kombination von Bariton- oder Basslage mit dem Saiteninstrument wäre zwar möglich, aber vom Ergebnis her unbefriedigend.

Jetzt waren zwei Musiker im Rossini-Saal, die schon oft gemeinsam Konzerte gegeben haben und auch schon beim Kissinger Sommer, damals allerdings in der Jakobuskirche, aufgetreten sind: die Sopranistin Mojca Erdmann und der Harfenist Xavier de Maistre. Sie hatten für ihren Liednachmittag Vertonungen von Wolfgang Amadeus und Leopold Mozart, von Robert Schumann und Richard Strauss ausgewählt.

Für einen heißen Nachmittag

Das war genau das Richtige für einen heißen Nachmittag: Mozarts Kleindrama vom Veilchen oder das sich schön einschwingende "Ridente la calma", die "Abendempfindung" oder "Komm, liebe Zither, komm" musizierten die beiden mit leichtem Ton, wobei Xavier de Maistre sehr genau die Texte in die Harfe übertrug und stark die emotionalen Bögen stützte. Dass die beiden die eine oder andere Strophe bei diesen Liedern wegließen, war nicht nur angesichts der Temperaturen eine kluge Entscheidung.
Ein schöner Farbtupfer war Leopold Mozarts "Die großmütige Gelassenheit", das bis vor kurzem noch seinem Sohn zugeschrieben wurde, und in dem Mojca Erdmann diese Gelassenheit auch stark verkörperte.
Von den drei Liedern aus Robert Schumanns "Myrten" war die "Widmung" stimmlich glänzend gesungen. Aber der "Lotosblume" und dem "Nussbaum" merkte man doch die Routine an, da waren einige Gestaltungsmöglichkeiten verschenkt. Das war bei Richard Strauss anders, wo Lieder wie "Ich schwebe", "Ach Lieb, ich muss nun scheiden" oder "Der Stern" brachten neben perfektem Gesang eine differenziertere emotionale Auslotung, die sogar Texte wie den der "Zeitlosen" vermittelbar machte.
Bei Mojca Erdmann hat man immer noch ein Problem, das etwas seltsam klingen mag: Mit ihrem absoluten Gehör singt sie auch absolut genau. Das ist auch ein Grund, warum sie bei den zeitgenössischen Vokalkomponisten so gefragt ist. Und da sie nicht um jede Intonation kämpfen muss, singt sie absolut mühelos. Dieser Kampf ist aber genau ein Punkt, an dem Emotionalität entsteht, weil hier die Sängerin oder der Sänger erkennbar hervortreten. Den kann sie sich schenken, aber dadurch wirken ihre Interpretationen immer etwas distanziert. Oder fast immer: Bei Strauss' "Träume, träume, du mein süßes Leben" war die Distanz plötzlich verschwunden.

Die Harfe als Dramatikerin

Zwei Werke für Harfe solo spielte Xavier de Maistre als Atempausen: Michail Glinkas pfiffige Variationen über "Das klinget so herrlich" aus der "Zauberflöte" und ein Arrangement über Smetanas "Die Moldau" von Hans Trnecek. Hier vor allem machte er deutlich, welche klangmalerischen und musikdramatischen Gestaltungsmöglichkeiten eine Harfe haben kann.
Zwei Lieder von Strauss gaben die beiden noch dazu: "Ständchen" und das berühmte "Morgen".