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Ernte top, Preise flop


Autor: Ronald Heck

Reiterswiesen, Freitag, 05. August 2016

Bei den Bauern ist die Getreideernte in vollem Gange. Der Ertrag scheint gut auszufallen, doch die sinkenden Preise bereiten den Landwirten Sorgen.
Die erste Wintergerste von Dominik Kiesel aus Reiterswiesen wird gedroschen, seine Erntesaison hat am 11. Juli begonnen. Foto: Dominik Kiesel


Dominik Kiesel greift sich eine Handvoll Weizenkörner. Das Getreide vor ihm türmt sich hoch fast bis unter die Decke. "Bei unserer Ernte haben wir gerade Halbzeit", sagt der Landwirt aus Reiterswiesen. In seiner Halle in der Kissinger Straße lagert er zurzeit 165 Tonnen Weizen, insgesamt kann er dort bis zu 1200 Tonnen speichern. Am 11. Juli hat seine Getreideernte begonnen, wegen schlechten Wetters musste er sie mehrmals unterbrechen. Drei Kulturen hat er bis jetzt komplett abgeerntet: Sommer- und Wintergerste und Winterraps. Wie fällt die Ernte-Zwischenbilanz der Ackerbauern im Landkreis Bad Kissingen aus?

"Mit der Wintergerste sind wir sehr zufrieden, das ist eine sehr gute Ernte", sagt Dominik Kiesel. Er hat den Ackerbaubetrieb seines Vaters erst vor wenigen Tagen, am 1. August, offiziell übernommen. "Er macht's mit Leidenschaft", sagt Robert Kiesel über die Arbeit seines Sohnes. Robert Kiesel ist ein bekannter CSU-Politiker im Landkreis, er war von 1990 bis 2013 Mitglied im bayerischen Landtag. Neben seiner politischen Tätigkeit arbeitete er weiterhin als Landwirt in Reiterswiesen. Die Kiesels bewirtschaften insgesamt 360 Hektar Ackerland. Ähnlich wie bei der Gerste ist auch ihr Rapsertrag leicht überdurchschnittlich.


Ertragreiche Ernte in 2016

Karlheinz Vogler, Bauernobmann im Kreis Bad Kissingen, bestätigt: "Vom Ertrag her ist dieses Jahr gut bis mittel." Er schätzt, dass die Ernte rund 20 Prozent besser ausfällt als im Vorjahr, als die Feldfrüchte unter anhaltender Trockenheit litten. Momentan dreschen die meisten Ackerbauern ihren Weizen. "Schlecht sieht's nicht aus", meint Vogler.

Der Kreis-Bauernobmann erklärt, dass es für den Winterbau (also Feldfrüchte, die letztes Jahr ausgesät wurden) in diesem Frühjahr "günstig geregnet" hat. Sorten wie Weizen, Roggen, Gerste oder Raps haben vom diesjährigen Regenwetter profitiert.

Doch der Weltmarkt für Getreide macht den Ackerbauern einen Strich durch die Rechnung."Die Preise sind total im Keller", so Vogler und rechnet vor: Für einen Doppelzentner Wintergerste, die Vogler erntet, bekommt er dieses Jahr rund 10,50 Euro. Im letzten Jahr waren es noch 15 Euro. Andreas Wiegand, Fachberater bei der Bad Kissinger Geschäftsstelle des bayerischen Bauernverbandes, sagt: "In den letzten fünf Jahren sind die Getreidepreise kontinuierlich nach unten gegangen."


Qualität leidet unter Regenwetter

Sorgen bereitet den Ackerbauern zudem das wechselhafte Wetter während der Erntezeit. Dominik Kiesel zeigt den Mähdrescher, mit dem er am Montag das letzte Mal Weizen gedroschen hat. Seitdem hat es drei Tage lang geregnet und das erntereife Getreide auf seinen Feldern ist feucht geworden. "Jetzt bringt man gar nichts durch den Mähdrescher", erläutert Kiesel. Liefern die Landwirte feuchtes Getreide ab, dann wird weniger gezahlt und sie müssen zusätzliche Kosten für die Trocknung in Kauf nehmen. Fachberater Andreas Wiegand erklärt, dass Weizen zum Beispiel mit 13,5 Prozent Feuchtigkeitsgehalt die beste Lagereigenschaft hat. Nach Regenwetter kann er auf rund 17 Prozent steigen. Unter der Feuchtigkeit könnte außerdem die Qualität der Ernte leiden, wenn die Getreidekörner beispielsweise anfangen zu keimen. "Wir sind ein Ackerbaugebiet, in dem die Bauern Qualitätsweizen produzieren möchten", weiß Weigand.

Auch Dominik Kiesel hofft, bald wieder Qualitätsweizen dreschen zu können. Solange er nicht raus auf seine Äcker kann, wartet er Maschinen.