Ein bescheidener Lebensretter

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Matthias Hein vor seinem HausFoto: Björn Hein
Matthias Hein vor seinem HausFoto: Björn Hein

Matthias Hein hat bei einem Unfall im Dezember 2011 selbstlos gehandelt. Dafür wird er heute in München von Ministerpräsident Horst Seehofer ausgezeichnet.

Das Leben eines Menschen zu retten ist eine Sache, die Mut und entschlossenes Handeln erfordert. Matthias Hein hat Mut und kann entschlossen handeln: Bei einem Unfall im Dezember 2011 sorgte der Windheimer mit seinem selbstlosen Verhalten dafür, dass das Leben eines Menschen gerettet werden konnte. Heute wird Hein in München die staatliche Auszeichnung für die Rettung von Menschen aus Lebensgefahr vom bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer verliehen.


Auf der Leitplanke

Rückblende: Es war ein gewöhnlicher Wintermorgen am 14. Dezember 2011. Matthias Hein, der als Elektriker bei der Firma Sachs beschäftigt ist, befand sich auf dem Weg zur Arbeit. "Kurz vor 6 Uhr war ich zwischen Werneck und Schweinfurt auf der A 70 unterwegs", sagt der 35-jährige Windheimer. Dabei fiel ihm auf, dass ein weißer Polo auf der Leitplanke hing. Schnelles Handeln war erforderlich: Hein fuhr auf den Standstreifen und packte sein Warndreieck aus, um den Unfallort abzusichern.
Mehrere Fahrzeuge hatten auch schon angehalten. "Da kam mir der Gedanke, dass bei einem solchen Unglück noch ein Fahrzeug beteiligt sein müsste. Ich drückte einem Lkw-Fahrer, der auf dem Standstreifen stand, das Warndreieck in die Hand und sagte zu ihm, dass er doch bitte die Unfallstelle sichern sollte", erinnert sich Hein.

Schon in Flammen

Er selbst schaute sich nach einem weiteren Wagen um, der in den Unfall verwickelt war. "Da sah ich den Pkw, dessen Armaturenbrett bereits in Flammen stand", schildert Hein die dramatische Situation. Sofort lief er zum Wagen und schaute hinein: Seitlich auf dem Beifahrersitz sah er den Fahrer des Autos und wusste, dass hier schnelles Handeln erforderlich ist. "Ich erinnere mich nur noch daran, dass der Fahrer des Wagens an der Brust bereits brannte." Der Plastikdampf, den der brennende Wagen verströmte, raubte ihm dabei fast den Atem, dennoch griff er beherzt zu: "Allerdings merkte ich nach einigem Ziehen, dass ich den zwischen 50 und 60 Jahre alten Mann nicht allein herausbekomme." Schnelles Handeln war jetzt gefragt: Den Fahrer eines zweiten Pkw, der am Standstreifen vorüberfuhr, hielt Hein an. Gemeinsam mit diesem und einem in der Nähe befindlichen Lkw-Fahrer gelang es, den Mann aus dem Wagen zu retten. "Dabei hatten wir Glück im Unglück: wir konnten ihn an den Armen herausziehen. Seine Füße hatten sich Gott sei Dank nicht im Auto verklemmt, wie das ja häufig passiert", sagt Hein.

Hitze fast unerträglich

"Die Brust und die Klamotten des Fahrers brannten bereits, die Hitze war fast unerträglich", sagt Hein. Reglos war der Mann in diesem Augenblick. Und es war nicht klar, ob er überhaupt noch lebt. Nachdem man ihm am Seitenstreifen abgelegt hatte und er von den Sanitätern, die kurz danach eintrafen, behandelt worden war, erhielten Matthias Hein und die anderen Lebensretter die befreiende Nachricht: der Mann atmet noch. Schwer verletzt wurde er schließlich abtransportiert.
"Wenn wir eine Minute später gekommen wären, wäre der Fahrer sicherlich verbrannt", sagt Hein. Die Sache ging auch an den Helfern nicht so ohne weiteres vorbei. "Nachdem ich ihn gemeinsam mit den anderen aus dem brennenden Wagen befreit hatte, merkte ich, dass ich zitterte" - Hein stand unter Schock. "Aber die umsichtige Art und Weise, mit der der anwesende Polizist mit mir sprach, beruhigte mich schließlich", erinnert sich der 35-jährige.
Erst lange Zeit später, als er für die Polizei in einem Protokoll schilderte, wie die Rettungsaktion ablief, wurde ihm bewusst, in welche Gefahr er sich begeben hatte: "Leicht hätte es passieren können, dass noch ein weiterer Pkw in den Unfall hineinrast. Aber daran denkt man in einer solchen Situation natürlich nicht, sondern hilft zuerst", meint Hein. Der gerettete Fahrer überlebte, auch wenn er drei Monate im künstlichen Koma gelegen hatte. "Ich sah ihn erst wieder bei der Gerichtsverhandlung, bei der ich als Zeuge geladen war. Da war ich schon stolz, dass wir ihn retten konnten", meint Hein.

Kurse geben Sicherheit

Zum Unfallzeitpunkt wusste Hein noch nicht, dass er einen Geisterfahrer gerettet hatte. Dieser war auf der A 70 unterwegs und rammte den weißen Polo, der einen Lkw überholen wollte. "Aber Geisterfahrer hin oder her - in so einer Situation muss man einfach helfen", ist Hein überzeugt. Durch Gespräche mit seinen Eltern verarbeitete er dieses besondere Erlebnis. "Ich würde auf jeden Fall wieder helfen", sagt er.
Sicherheit bei seinem beherzten Vorgehen schöpfte Matthias Hein auch aus den Erste-Hilfe-Kursen, die er bei der Firma Sachs regelmäßig besucht. "Wenn man nicht weiß, wie man helfen muss, ist es schwierig", meint er. Die Kurse hätten ihm Sicherheit gegeben, wie man in einer solchen Situation handeln muss. "Allein hätte ich es nicht geschafft. Aber in den Kursen lernt man auch, dass man andere ansprechen soll, damit diese mithelfen", meint er.
Natürlich ist er stolz darauf, dass er als Lebensretter ausgezeichnet wird. "Viel wichtiger für mich ist aber, dass ich einen Menschen retten konnte. Dass er noch lebt, ist die größte Auszeichnung", gibt sich Hein bescheiden.