Dass das Ensemble "Milonga Sentimental" sein Programm kurzerhand geändert hat, störte das Publikum nicht. Im Gegenteil: Es genoss den Ausflug in den Süden.
Mit einer Überraschung wartete das Ensemble "Milonga Sentimental" auf, das in Bad Bocklet gastierte. Angekündigt war das Programm "Classic meets Gypsy". "Kurzfristig haben wir uns aber entschlossen, Musik für eine italienische Nacht zu spielen", erklärte Sängerin Malena Grandoni. So wurde es "Una notte Italiana", was den Zuhörern gefiel.
Überhaupt war beim Trio alles etwas anders, als man es sich erwartet, wenn klassische Musik angekündigt
wird. Unverzichtbar war zwar die Violine, die Miguel Prado meisterhaft beherrschte. Doch Andres Grandoni spielte auch auf seinem Knopfakkordeon und sorgte so für "das fehlende Orchester", wie er es nannte. Mit der Spielweise wurden die Künstler den alten Meistern gerecht. Gleichzeitig wurden die Klassiker neu interpretiert.
Gefühlvoll und heißblütig Bereits das erste Stück, "La
campanella" (deutsch: Das Glöckchen) von Niccolo Paganini, zeugte von der großen Interpretationskunst des Akkordeonspielers und des Violinisten. Miguel Prado wusste dabei, gefühlvolle und heißblütige Passagen mit viel Sinn für den Augenblick zu interpretieren. Das berühmte "Glöckchenbimmeln", das das Stück zu etwas ganz Besonderem macht, sorgte für Schmunzler im Publikum und zeigte, dass nicht nur Paganini, sondern auch die Künstler auf
der Bühne Sinn für Humor haben.
In den italienischen Barock ging es mit dem Madrigal "Amarilli mia bella" von Guilio Caccini. Andres Grandoni wusste mit seinem orgelähnlichen Spiel auf dem Akkordeon das Orchester zu ersetzen, während der Gesang von Malena Grandoni perfekt dazu harmonierte. Fast andächtige Passagen wiegten das Publikum in Ruhe.
Natürlich durfte bei einer italienischen Nacht auch Stücke aus dem "Barbier von Sevilla" von Rossini nicht fehlen. Hier wurden Lebenslust und Temperament deutlich, die sich auch auf das Publikum übertrugen. Mit ihrem impulsiven Gesang wusste Grandoni auch beim "La Danza" zu überzeugen.
Selbst das musikalisch eher einfach gestrickte "Oh cara mama mia", das in unseren Breitengraden unter "Mein Hut, der hat drei Ecken" bekannt ist und auf neapolitanischen Canzetta
beruht, war etwas Besonderes. Mit dem Luftzug seines Akkordeons imitierte Andres Grandoni den Meerwind, Miguel Prado entlockte seiner Violine Möwenschreie, so dass man sich unwillkürlich an den italienischen Strand gelockt fühlte. Witzig wussten beide das Stück zu interpretierten, mit der Geste des Dirigierenden sorgte Grandoni für Schmunzler.
Mit klassischem Touch Mit der Overtüre zur Oper "Die
diebische Elster" von Rossini wusste Grandoni sein Knopfakkordeon perfekt einzusetzen. Ihm gelang es, Oboen, Klarinetten, Fagotte und Querflöten zu imitieren. Virtuos verstand er es, die Stimmungen zu wechseln und so alles aus seinem Instrument herauszuholen. Auch beim "Concerto Grosso" von Vivaldi schaffte das Akkordeon eine außergewöhnliche Stimmung. Das Stück bekam auf diese Weise Nuancen, die bei orchestraler Aufführung so nicht zu hören sind.
Die Violine gab dem Stück einen typisch klassischen Touch. Weitere Stücke von Rossini aus dem Barbier von Sevilla folgten. Die Lebendigkeit und Witzigkeit, die dem Stück eigen sind, war den dreien wie auf den Leib geschrieben, die Interpretation machte ihnen sichtlich Spaß. Auch die Sängerin wusste gekonnt mit dem Publikum zu kokettieren.
Noch viele weitere Stücke folgten, bis dann "Funiculì, Funiculà" noch einmal ganz die Lebensfreude und das Lebensgefühl Italiens zeigte: Die Reise in die "italienische Nacht" überzeugte auf ganzer Linie.