Das Produkt "Ehrenamt" ist im Wandel

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Über ihr Projekt "Hand in Hand" diskutierten die Rannunger Gemeinderäte Sybille Büttner (2. von links) und Harald Klopf (rechts) bei dem Treffen "Viel Land - viel Ehr?" mit Gästen. Fotos: Sigismund von Dobschütz
Über ihr Projekt "Hand in Hand" diskutierten die Rannunger Gemeinderäte Sybille Büttner (2. von links) und Harald Klopf (rechts) bei dem Treffen "Viel Land - viel Ehr?" mit Gästen. Fotos: Sigismund von Dobschütz
Der Münchener Sozialreferent Bud Willim im Gespräch mit Iris Hönig, Geschäftsführerin des Bad Kissinger Mehrgenerationenhauses. Foto: ksvd
Der Münchener Sozialreferent Bud Willim im Gespräch mit Iris Hönig, Geschäftsführerin des Bad Kissinger Mehrgenerationenhauses. Foto: ksvd
 
Über die Notwendigkeit ehrenamtlichen Engagements sprachen (von links) Rannungens Bürgermeister Fridolin Zehner, Sybille Büttner und Harald Klopf, Gemeinderäte in Rannungen, Landrat Thomas Bold, Moderator Raimund Heiny, Oberthulbas Bürgermeister Gotthard Schlereth, Kreisverbandsvorsitzender des Bayerischen Gemeindetages, und Bud Willim, Sozialreferent der Stadt München. Foto: ksvd
Über die Notwendigkeit ehrenamtlichen Engagements sprachen (von links) Rannungens Bürgermeister Fridolin Zehner, Sybille Büttner und Harald Klopf, Gemeinderäte in Rannungen, Landrat Thomas Bold, Moderator Raimund Heiny, Oberthulbas Bürgermeister Gotthard Schlereth, Kreisverbandsvorsitzender des Bayerischen Gemeindetages, und Bud Willim, Sozialreferent der Stadt München. Foto: ksvd
 
Bud A. Willim, Sozialreferent der Stadt München. Foto: ksvd
Bud A. Willim, Sozialreferent der Stadt München. Foto: ksvd
 

Die Voraussetzungen für ehrenamtliches Engagement und zur Gewinnung Freiwilliger haben sich gewandelt. Das wurde bei dem Treffen "Viel Land - viel Ehr?" deutlich.

Zu dem Treffen hatte Landrat Thomas Bold (CSU) Bürgermeister, Gemeinderäte, Verwaltungsmitarbeiter und Vorstände von Vereinen und Organisationen aus dem Landkreis Bad Kissingen nach Bad Bocklet eingeladen, um die Möglichkeiten zur Förderung ehrenamtlichen Engagements zu erörtern.
"Das Ehrenamt ist ein Produkt", machte Bud A. Willim, Sozialreferent der Stadt München, gleich zu Beginn seines Vortrages den Bürgermeistern klar. "Will man Freiwillige gewinnen, gelten die Methoden des modernen Marketings." Wie Produkte sich im Handel nur dann gut verkaufen lassen, wenn sie vom Käufer nachgefragt werden, so lassen sich auch Projekte in der Kommune nur dann ehrenamtlich umsetzen, wenn diese von den Einwohnern auch gewollt werden.
"Ehrenamtliche halten nur durch, wenn sie vom Sinn der Sache überzeugt sind." Sucht ein Bürgermeister Freiwillige, so Willim, muss das vorgeschlagene Projekt mittels einer klaren strategischen Kommunikation unter Angabe von Zeitplan und Ziel vorangetrieben werden. Willim: "Wohlfahrtsorientiertes Marketing bedeutet unbedingte Transparenz."

Ansprechpartner im Rathaus

Weiter gab Willim zu bedenken: "Bürgerschaftliches Engagement muss man sich auch leisten können." Dabei geht es nicht um eine finanzielle Entschädigung, beruhigte er die Gemeindechefs angesichts klammer Kassen. Er meinte Anerkennung und Aufmerksamkeit. Nicht nur der Bürgermeister muss voll und ganz hinter dem Projekt stehen, wie es auch Landrat Bold forderte. Es muss im Rathaus vor allem einen festen Ansprechpartner, "ein Gesicht", für Fragen und Probleme der Ehrenamtlichen geben. "Ein Ehrenamt erfordert eine hohe Frustrationstoleranz und viel Geduld." In Krisenfällen muss der verantwortliche Verwaltungsmitarbeiter als Moderator eingreifen und Hürden beseitigen.
Ansprechpartner für den Landkreis ist seit 2013 Georg Schulz-Hertlein als Leiter der neuen Servicestelle "Bürgerengagement", die als ein Ergebnis des seit Dezember 2011 laufenden Leader-Projektes "Netzwerk Bürgerengagement" im Landratsamt eingerichtet wurde. Seine Aufgabe ist es, die kommunalen Verwaltungen in Fragen bürgerschaftlichen Engagements und bei Durchführung konkreter Projekte zu unterstützen, Interessen innerhalb des Landkreises zu vernetzen und auf finanzielle Fördermöglichkeiten hinzuweisen.
Als Beispiel berichteten die Gemeinderäte Sybille Büttner und Harald Klopf aus Rannungen über ihre Bürgeraktion "Wir zusammen - Hand in Hand", die als ehrenamtliches Projekt im Rahmen des Leader-Projektes gefördert und von Raimund Heiny als Moderator begleitet wurde. In Rannungen hatte sich der neu gewählte Gemeinderat, so Harald Klopf, direkt an die Einwohner gewandt: "Was brauchen unsere Bürger?" Bei der Durchführung einer Fragebogenaktion an alle 405 Haushalte und bei persönlichen Hausbesuchen seien die Initiatoren der Aktion allerdings nicht bei allen auf Gegenliebe gestoßen, erinnerte sich Sybille Büttner: "Wir wurden sogar vom Hof gejagt." Doch das Lob überwog.
Aus den gesammelten Antworten wurden Projekte entwickelt wie das der Hilfswerker. Hier werden Hilfesuchende und Helfer zusammengebracht. Klopf: "Der demografische Wandel macht gegenseitige Hilfe notwendig." Organisation und Durchführung werden ehrenamtlich geleistet. Aufmerksamkeit und Anerkennung des Rannunger Bürgermeisters Fridolin Zehner (CSU) ist den Beteiligten sicher: "Meine Aufgabe ist die moralische Unterstützung."

Keine Einzelinteressen fördern

Eine große Zahl freiwilliger Helfer ist auch heute noch im Landkreis vorhanden, waren sich die Teilnehmer der abschließenden Diskussionsrunde einig. "Die Leute gehen mit, wenn man sie mitnimmt", war sich Sybille Büttner sicher. "Doch die Mitglieder der modernen 'Generation Why' werden in Zukunft noch streitbarer", warnte Bud Willim. Deshalb würden die Rathäuser künftig stärker herausgefordert, gab Gotthard Schlereth zu bedenken: "Wir dürfen keine Einzelinteressen fördern, es muss immer um das Gemeinwohl gehen."

Mehr einzelne Projekte

Bürgerschaftliches Engagement wird in Zukunft im Gegensatz zum früheren Vereinsleben eher an einzelne Projekte gebunden sein, meinte Fridolin Zehner. Hier hakte Bad Bocklets Bürgermeister Wolfgang Back ein und wies auf die langsame Arbeit der Behörden bei Asylbewerbern hin: "Wir haben hier viele freiwillige Helfer. Aber die fehlende Unterstützung von oben kann sich negativ auf deren künftige Bereitschaft auswirken."
Ansprechpartner im Landratsamt: Servicestelle Bürgerengagement, Tel. 0971/ 801-70 16, email: georg.schulz-hertlein@kg.de, Internet: www.netzwerk-be-kg.de.