"Das ist nicht der wahre Islam"

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Bereits 2006, nach Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Tageszeitung, hat sich Karikaturistin Christiane Pfohlmann aus Bamberg satirisch mit dem Thema auseinander gesetzt (mehr dazu auf www.infranken.de).
Bereits 2006, nach Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Tageszeitung, hat sich Karikaturistin Christiane Pfohlmann aus Bamberg satirisch mit dem Thema auseinander gesetzt (mehr dazu auf www.infranken.de).
 

Reaktionen aus der Region auf den Anschlag von Paris: Christen und Muslime verurteilen Gewalt im Namen Gottes, Büttenredner und Rechtsanwalt Nicolas Sauer tritt für das Recht auf Satire ein.

Eine Region rückt zusammen: Nach den Anschlägen von Paris sind sich in einer Umfrage der Saale Zeitung alle Befragten einig, dass Religion kein Grund für Gewalt sein darf. Auf die Verständigung zwischen den Religionen setzt unter anderem Cem Acikgöz, Sekretär der muslimischen Gemeinde Karlstadt.
Die dortige Moschee ist einer der Anlaufpunkte auch für Muslime aus dem Landkreis Bad Kissingen, weil sie hier keine eigene Moschee haben.
Cem Acikgöz hat bereits tausende von Besuchern durch die Moschee geführt, darunter regelmäßig Schüler des Hammelburger-Frobenius-Gymnasiums. "Islam bedeutet Frieden", lautet eine Botschaft des 35-jährigen Deutsch-Türken. Als Anhänger der sunnitischen Rechtsschule Hanafi setze er auf Versöhnung. Schließlich sei auch der Prophet Mohammed einst erniedrigt worden und habe sich nicht gewehrt. "Es geht darum, die Menschlichkeit zu bewahren", sagt Acikgöz. Für den bekennenden Muslim steht fest, dass die Attentäter von Paris nicht im Namen Allahs gemordet haben können: "Sie sind Mörder, weil ihnen Schlimmes widerfahren ist", vermutet er. Mit dem wahren Islam habe das nichts zu tun. In der Karlstädter Moschee sei für radikales Gedankengut kein Platz: "Schaut euch das nicht an", laute der Aufruf an die Gemeindemitglieder, sich von Hass-Botschaften aus dem Internet fern zu halten. "Das ist Teufelswerk", sagt Cem Acikgöz, und: "Unser Glaube sagt, dass man keinem das Leben nehmen darf."

Bilder des Propheten sind tabu

Allerdings würde sich der 35-Jährige auch wünschen, dass mehr Rücksicht auf die Gefühle von Muslimen genommen wird: "Comics, Satire und Bilder sind bei uns absolut tabu", verweist er auf eine wichtige Grundregel des Islam. "Das ist ein sensibles Thema", sagt er über jegliche bildliche Darstellungen des Propheten Mohammed.
"Mir gefällt es auch nicht, wenn der Papst hochgenommen wird", sagt Dekan Thomas Keßler, Pfarrer in der Herz-Jesu Pfarrei Bad Kissingen. Satire könne oft eine bittere Überzeichnung sein. "Sie birgt die Gefahr, verletzend zu sein. Pressefreiheit kann weh tun." Doch eine Gesellschaft, die in einer gesunden Demokratie lebt, muss Polemik aushalten können, meint er. "Jeder kann mit einer Diskussion darauf reagieren. Auch wenn ich verletzt bin, rechtfertigt das keine Gewalt."

Wann Satire zu weit geht

Mit einem Blick auf sein Handy hat der Pfarrer vom Attentat in Paris erfahren. "Die Terroristen dürfen nicht mit dem Islam gleichgesetzt werden. Die Moslems bei uns sind entsetzt." Keßler plädiert für offene Debatten über Demokratie und Religionsfreiheit und warnt gleichzeitig vor Radikalen, die Ängste schüren wollen.
Wenn eine Person aufgrund ihres Glaubens verunglimpft wird, geht für Pfarrer Jochen Wilde von der Evangelisch-Lutherischen Pfarramt eine Karikatur oder eine Satire zu weit. Geht es um Religion an sich, sind satirische Veröffentlichungen von der Pressefreiheit gedeckt. Eine gute und wichtige Ausgangslage - die Pressefreiheit habe eine hohe Priorität. Bei Wilde sitzt der Schock tief, seit er von dem Anschlag aus dem Internet erfuhr. "In keinem Fall ist eine solche Gewaltausübung gerechtfertigt."

Auftrieb für antiislamische Hetze?

Für Nicolas Sauer, Rechtsanwalt und Büttenredner beim Garitzer Faschingsclub BTC, deckt die Meinungs- und Kunstfreiheit satirische Religionskritik in scharfer Form ab. "Satire darf alles. Das gilt ausnahmslos auch für alle Religionen", sagt er. Solange nicht nur der Islam karikiert würde, sondern ebenso andere Glaubensrichtungen. Sauer betont, dass katholische Christen immer wieder hart angepackt würden, etwa beim Pädophilie-Skandal. Ihn sorgt, dass in Deutschland antimusilimische Kräfte den brutalen Anschlag intrumentalisieren. "Das ist Wasser auf die Mühlen von Pegida und Menschen, die gegen Asylbewerber hetzen."