Das erste Mal im Ausland: Auf Junggesellenabschied stirbt Bruder des Bräutigams
Autor: Susanne Will
Münnerstadt, Samstag, 14. Sept. 2019
Auf dem Junggesellenabschied seines Bruders stirbt der 24-jährige Sascha völlig überraschend. Der Münnerstädter war das erste Mal im Ausland. Seine Freunde treten eine Lawine der Hilfsbereitschaft los.
Es sollte die Feier ihres Lebens werden. Niko, ein junger Münnerstädter, wollte am 14. September heiraten. Zwei Wochen vorher überraschten ihn seine sechs Freunde und sein Bruder Sascha mit einer Reise nach Budapest. Dort wollten sie sein Junggesellendasein zum letzten Mal begießen. Die Reise endete in einer Tragödie. Sascha, 24 Jahre alt, starb nur Stunden, nachdem das Flugzeug in Budapest landete. Statt zu heiraten wird Niko heute seinen Bruder beerdigen. Und ohne die Mithilfe vieler teils unbekannter Spender wäre die Not der Familie jetzt noch größer.
"Fischschuppenkrankheit"
Rückblick: Am 30. August überraschten die sechs Freunde - darunter Sascha - Niko im Morgengrauen, als er in Münnerstadt zur Arbeit aufbrechen wollte. Die sieben halten schon ewig zusammen, sind aus Münnerstadt. Die Hälfte spielte beim TSV Münnerstadt Fußball, bevor sie das Studium anfing. Die sechs verrieten ihm nicht, wohin es ging, Niko wusste nur die Abflugzeit in Nürnberg. Dass Sascha, der Bruder, dabei war, freute alle. Daniel Horbacz: "Sascha ist schon sein ganzes Leben lang krank. Er hatte nie eine normale Jugend wie wir, keine Partys, keine Freundin." Der Grund ist die sogenannte Ichthyose, die "Fischschuppenkrankheit".
Verstörte Blicke
Eine seltene Erkrankung, die die oberste Hautschicht verhornen lässt. Die Haut ist sehr trocken, sie schuppt sich stark. Sie lässt Menschen häufig vereinsamen. Sascha hat sich mit seinen Freunden darüber ausgetauscht. Daniel Horbacz erinnert sich: "Er sagt: Ich werde immer wieder von den Menschen komisch angeschaut. Vielleicht denken sie ja auch, dass sie sich anstecken. Aber mittlerweile bin ich alt genug, um zu verstehen, dass ich etwas Besonderes bin und mich deswegen Menschen manchmal verstört, manchmal wehleidig ansehen."
Mit der richtigen Therapie konnte Sascha ein fast normales Leben führen. Was es für ihn normal machte: Der Umgang der Jungs mit ihm. Die Clique hielt zusammen, Sascha war Mitglied - auch wenn er als Werder Bremen-Fan in Sachen Fußball einen schlechten Stand hatte. Was er vermisste: ein Mädchen an seiner Seite. Daniel: "Sascha wusste, dass es schwer war, mit seiner Erkrankung jemanden kennenzulernen."
"Endlich coole Partys"
Es war Saschas erster Flug und er war sehr nervös. Aber kneifen wollte er nicht. Er freute sich auf "endlich coole Partys in Discos oder Bars, auf die ich in meiner Jugend aufgrund meiner Krankheit meistens verzichten musste", so sagte er es seinen Freunden. Soweit kam es gar nicht.
In Budapest hatte sich die Gruppe ein Appartement gemietet, mit der Metro kamen sie in die Innenstadt. Ein paar suchten einen Supermarkt auf, um Getränke zu kaufen. Sascha musste auf die Toilette, er sagte, er werde zu Burger King gehen. "Er ging und kam nie wieder", so hat es Freund Daniel Horbacz später im Spendenaufruf niedergeschrieben.
Spurlos verschwunden
Nach einigen Minuten wurden die jungen Männer unruhig. Sie durchsuchten den Metrokomplex - nichts. Mobiltelefon - er ging nicht ran. Paintball, Crazy Nightbus-Fahrten, Speedboat, das hatten sie geplant, jetzt hatten alle nur eins im Kopf: Wo ist Sascha? Sie gingen zur Polizei.