Winterkonzert: Alexander Krichel als Solist beim Bayerischen Kammerorchester

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Alexander Krichel ist einer der fünf Solo-Künstler von Sony Classical, die das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau am Mittwochabend in der Berliner Philharmonie begleitet. Foto: Ulrike Müller
Alexander Krichel ist einer der fünf Solo-Künstler von Sony Classical, die das Bayerische Kammerorchester Bad Brückenau am Mittwochabend in der Berliner Philharmonie begleitet. Foto: Ulrike Müller
Generalprobe mit dem Bayerischen Kammerorchester im König Ludwig I.-Saal im Staatsbad Bad Brückenau.
Generalprobe mit dem Bayerischen Kammerorchester im König Ludwig I.-Saal im Staatsbad Bad Brückenau.
 
 
 
 
 
 
 

Alexander Krichel ist Nachwuchsmusiker bei Sony Classical. Mit der Saale-Zeitung spricht der 25-Jährige über Leistungsdruck, Selbstvermarktung in der Musikbranche und echte Emotionen.

In den frühen Morgenstunden des 2. Dezember macht sich das Bayerische Kammerorchester (BKO) auf den Weg nach Berlin. Ziel ist die Berliner Philharmonie. Am Mittwochabend wird das BKO fünf junge Nachwuchsmusiker begleiten, die alle beim Label Sony Classical unter Vertrag stehen. Für die Musiker und ihren Dirigenten Johannes Moesus ist es eine Ehre, beim Benefizkonzert der Stiftung "Gute Tat", die sich für über 500 soziale Projekte in Berlin einsetzt, spielen zu dürfen.

Eines der jungen Talente ist Alexander Krichel. Der Pianist ist gerade einmal 25 Jahre alt, hat sich aber bereits in der Szene einen Namen gemacht. Im vergangenen Jahr wurde er zum Nachwuchskünstler des Jahres beim Echo Klassik-Preis gekürt.

Saale-Zeitung: Als Pianist hören sie sicher nicht ausschließlich Klassik. Was ist aktuell Ihr liebster Popsong?
Alexander Krichel: Schwer zu sagen. Ich höre alles mögliche zum Einschlafen zum Beispiel Elektro. Bei klassischer Musik kann ich nicht einschlafen, das wühlt mich zu sehr auf...

Weil man als Musiker da ganz anders hinhört?
Ja, man fühlt die Formen. Als Interpret sucht man in den Noten nach dem, was ein anderer Mensch ausdrücken wollte. Das ist unfassbar persönlich. Ich empfinde einen großen Respekt gegenüber den Komponisten, die ja oft schon seit 200 Jahren tot sind. Ich borge ihre Stücke, um das zu sagen, was ich sagen möchte.

Dann verstehen Sie sich als Sprachrohr für die, die längst gestorben sind? Geht da nicht das Eigene verloren?
Nein, das würde ich nicht sagen. Man arbeitet ja immer mit seiner eigenen Persönlichkeit, mit den Erfahrungen, die man gemacht hat. Erfahrungen von Verlust zum Beispiel. Es gibt Stücke, die kann ein Zwölfjähriger noch nicht spielen. Klar kann er die Tasten drücken, aber man muss die Themen hinter der Musik fühlen, um sie richtig spielen zu können, authentisch spielen zu können. Das ist jedenfalls meine Überzeugung.

Mit dem Bayerischen Kammerorchester spielen Sie Mozarts Klavierkonzert in A-Dur. Ist das eines Ihrer Lieblingsstücke?
Ich identifiziere mich mit allen Stücken, die ich spiele. Das Klavierkonzert in A-Dur ist eines der schönsten von Mozart. Nicht das schwierigste, aber das schönste. Der zweite Satz ist unfassbar lyrisch und emotional.

Es braucht trotzdem Handwerk, um das auch auszudrücken. Wie viele Stunden am Tag sitzen Sie am Klavier?
In der Regel sechs bis acht Stunden. Manchmal aber auch bis zu 15 Stunden, wenn ich mehrere Konzerte mit unterschiedlichem Programm in einer Woche habe.

Geht die Liebe zum Beruf da nicht irgendwann verloren?
Ich sehe es nicht als Beruf...

...sondern als Berufung?
Berufung ist so ein sakrales Wort (lacht). Die Musik ist eigentlich mein Leben. Während ich spiele, setze ich mich mit mir selbst auseinander. Ich werde zum Stellvertreter für den Komponisten - wie Sie schon sagten - zu dessen Sprachrohr. Es ist ein unglaubliches Gefühl zu merken, dass das Publikum versteht, was ich ausdrücken möchte. Dass meine Musik bei den Menschen ankommt. Ich habe einfach das Gefühl, das ist genau das, was ich machen sollte.

Wie gehen Sie mit dem Erfolgsdruck um?
Ich gehe nicht mit ihm um. Vielleicht ist das das Geheimnis. Ich bin kein Sportler. Für mich gehören Musik und Wettbewerb nicht zusammen. Es bringt nichts, sich zu vergleichen. Ich spiele davon nicht besser und ich mache dadurch auch nicht schneller Karriere.

Die Konzertkultur entwickelt sich immer mehr zum Showbusiness. Finden Sie das gut?
Ich finde es schade, weil ich denke, dass die Marketingstrategie das Publikum ablenken kann und die Leute nicht mehr richtig zuhören. Die Show überlagert die echte Emotion - und manchmal auch die Qualität. Man kann Menschen beeindrucken oder berühren. Ich möchte sie mit meiner Musik berühren.

Am Mittwochabend spielen Sie mit dem Bayerischen Kammerorchester und vier anderen Solisten in der Berliner Philharmonie. Wie sieht's aus? Schon aufgeregt?
Aufregung ist für mich inzwischen ein sehr positives Gefühl. Ich freue mich schon sehr auf das Konzert, es ist mein Debüt in der Philharmonie. Auch die Zusammenarbeit mit dem Orchester macht großen Spaß. Die Musiker nehmen meine Art auf. Da läuft viel Dialog zwischen dem Orchester und mir. Das ist einfach großartig.


Das Gespräch führte Ulrike Müller.