Und da hat die Brückenauer der Schalk geritten: Sie haben für jeden der vier Solisten - und für die Pauke - ein kleines kadenzierendes Solo hineingeschrieben.
Und die fünf nutzten die Chance des kurzen, aber ungestörten Auftritts für musikalischen Humor. Wann kann man schon mal über ein Kontrabass- oder Paukensolo lachen - bei Clara de Groote an den beiden Pauken freilich keine Überraschung. Denn die hatte in ihren allerersten Takten schon so köstlich draufgehauen, als wolle sie den ganzen Militarismus zur puren Karikatur machen.
Warum bei den Solisten kein Cello dabei war? Ganz einfach: Vor adeligen Herrn oder Fürstbischöfen wurde in diesen Fällen stehend musiziert, und die Solisten standen vorne dran. Sitzen war nicht erlaubt, und deshalb wurden die Cellisten hinter der letzten Reihe der stehenden Ripienisten versteckt. Denn ganz auf sie verzichten wollte niemand. Hören wollte man sie schon.
In blendender Form
Im völligen Kontrast zu Mozarts überfallartigem Übermut stand das Impromptu für Streichorchester, ein etwas schwerblütiger spätromantischer Satz von Jean Sibelius. Da sind es nicht die melodischen Aspekte, die die Spannung erzeugen, sondern die Klangbildung und die dynamischen Wandlungen, die scharfen Konturen trotz fließender Verläufe, die Emotionalität.
Und spätestens hier, in dieser empfindlichen Spielsituation, konnte man besonders gut erkennen, in welch blendender Form sich das Orchester an diesem Abend präsentierte, mit welcher Genauigkeit und Flexibilität es musizierte.
Mit vier Schlägeln
Und dann kam Clara de Grootes eigentlicher Auftritt als Solistin in dem Konzert für Marimba und Streichorchester des Franzosen Emmanuel Séjourné (*1961). Er ist gelernter Perkussionist und weiß natürlich, was ein Perkussionist alles kann, wenn er es kann.
Und die 20-jährige Frankfurterin kann, denn in Berlin hat sie die ganze Prominenz als Lehrer. Und so zauberte sie und nutzte alle Spieltechniken aus, um zu zeigen, dass die Marimba zwar ein Schlaginstrument ist, aber durchaus auch singen kann, wie man mit vier Schlägeln auch sinfonische Dichte erzeugen kann. Und wie man sich, wie in dem zweisätzigen Konzert auch bestens gegen ein Orchester behaupten kann.
Verzwickte Herausforderung
Wobei das Zusammenspiel schon aus rhythmischen Gründen eine verzwickte - aber bestens gemeisterte - Herausforderung war. Und Clara de Groote zielte ja nicht nur auf die technische Virtuosität, sondern auch auf die Melodien, die sie wunderbar herausarbeitete. Den zweiten Teil bildete die Serenade für Streichorchester C-Dur op. 48 von Peter Tschaikowsky mit dem berühmten Walzer. Und auch sie wurde - wider Erwarten - außerordentlich spannend.
Denn zum einen zog Sebastian Tewinkel die Tempi durchgehend ein bisschen an, dass sich kein Stillstand bilden konnte.
Zum anderen hatte er mit seinen Leuten ganz klare Strukturierungen erarbeitet, die dem dritten und vierten Satz zugutekamen und die sich als interessefördernd erwiesen. "Valse", der zweite Satz hätte ruhig etwas länger sein können. Perfektion muss nicht langweilig sein.
Die Zugabe musste Sebastian Tewinkel nicht ansagen, die kennt eigentlich jeder: Luigi Boccherinis Menuett aus dem Streichquartett E-Dur op. 11/5. Die wenigsten kennen den Satz vermutlich aus dem Konzertsaal, aber alle anderen aus dem berühmten Film "Ladykillers" mit Alec Guinness aus dem Jahr 1955. Leise, fast rätselhaft gespielt war es eine charmante Aufforderung an das Publikum, sich wieder hinauszubegeben in die Kälte der Nacht.