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Schondra: Streit um ein Einfamilienhaus


Autor: Ulrike Müller

Schondra, Dienstag, 28. April 2015

Ein junger Schondraer und seine Frau planten, in Einraffshof ein Haus zu bauen. Doch die Anwohner wollten die Familie nicht. Kann sich eine Gemeinde das leisten?
Sie werden ihre Enkel nicht in der Rhön aufwachsen sehen: Heinz und Rita Schuhmann bedauern den Vorfall sehr. Foto: Ulrike Müller


Sie werden ihre Enkel nicht in der Rhön aufwachsen sehen. Etwas verloren stehen Heinz und Rita Schuhmann auf der Wiese, auf der die Einraffshofer immer ihr Maifest feiern. Ihr Sohn Michael wollte dort bauen. Doch der Widerstand der Nachbarn war so groß, dass Michael Schuhmann hingeworfen hat. "Das ist eine Katastrophe", sagt sein Vater. Was war geschehen?

Michael Schuhmann - 32 Jahre alt, Doktor der Pharmazie - und seine Frau Ilka - 32 Jahre alt, Apothekerin - stammen beide aus der Region, er aus Schondra, sie aus Waldfenster. Sie studierten gemeinsam in Würzburg, und heirateten. Dann meldete sich das erste Kind an. "Plötzlich hat man den Wunsch nach etwas Eigenem", sagt Michael Schuhmann. Also schaute sich das Paar in der Heimat um. Waldfenster kam nicht in Frage - die Autobahn ist zu weit weg. In Schondra selbst schaut sich Schumann einen Bauplatz in der Keltenstraße an. Doch der ist nicht geeignet, sagt er. "Wir wollten modern bauen, ohne Keller und mit Pultdach."


Antrag mit 11:1 abgeschmettert

In Einraffshof werden die beiden fündig. Drei Bauplätze der Gemeinde stehen zur Auswahl. Ilka und Michael stehen auf der Wiese, auf der die Einraffshofer in Eigenleistung ein paar Spielgeräte aufgebaut und einen Parkplatz gepflastert haben. "Für uns war klar: Der ist es", erinnert sich Michael Schuhmann. Doch die Ernüchterung folgt sogleich. Mit 11:1 Stimmen lehnt der Gemeinderat den Bauantrag ab.Das Argument: Der Antrag sei unvollständig. Nur der Bürgermeister Bernold Martin (CSU) unterstützt das Projekt.

Kurze Zeit später fahren Vater und Sohn gemeinsam nach Einraffshof. "Ich wollte die Sache klären", sagt Heinz Schuhmann. Doch er beißt auf Granit. Abends erzählt Michael Schuhmann seiner Frau von dem Treffen. "Ich glaube, die wollen uns hier nicht haben", sagt er. Für Vater Schuhmann ist klar: "Es geht um den Platz."

Der Platz also, in den die Einraffshofer so viel Engagement gesteckt haben. "Das ist kein Spielplatz, sondern ein Bauplatz. Das wusste jeder", sagt Bürgermeister Martin. "Dieser Platz steht zu jeder Zeit zur Bebauung zur Verfügung", sagt auch Roland Wiegand. Der Einraffshofer sitzt für die "Aktiven Bürger Markt Schondra" im Gemeinderat. "Uns war immer klar, wenn hier gebaut wird, müssen die Spielgeräte weg." Wo also liegt das Problem?


Haus passt nicht ins Bild

Und dann sagt Roland Wiegand den Satz, den auch andere Einraffshofer wiederholen. "Das Problem war ausschließlich die Bauform." Die Dimension sei überzogen, das Haus viel zu hoch und der Bau passe nicht ins Ortsbild. "Dagegen haben wir uns gewehrt", sagt Wiegand. Sogar Unterschriftensammlungen kursierten in dem 134 Seelen-Ort.

Unterdessen unternimmt das Paar einen neuen Anlauf. Mit knapper Mehrheit von 6:5 Stimmen gibt der Gemeinderat grünes Licht für den nur leicht veränderten Bauantrag.Die jungen Schuhmanns könnten loslegen, aber "würden Sie da noch hinbauen?", fragt Michael Schuhmann. Die Familie bleibt jetzt erst einmal in Würzburg. Sie hätte gerne auf dem Land gebaut, sagt Ilka Schuhmann.

"Das geht mir durch den Kopf, dass Leute, die hier einen Bauplatz gesucht haben, wieder gehen", sagt Anton Morshäuser, ein Schondraer, wie man nur Schondraer sein kann. "Wenn das so ist, dann werden die jungen Leute ja verprellt!" Roland Wiegand wehrt sich gegen diese Kritik. "Es geht uns nicht darum, junge Leute zu vergraulen", sagt der Gemeinderat. Junge Familien sind also willkommen? "Ja, klar!"


Viele Bauplätze stehen leer

Für Rita Schuhmann ist der Fall schlimm. "Die beiden haben sich die Entscheidung doch nicht leicht gemacht!" Der Gemeinderat hätte dafür kämpfen müssen, "wenn junge Leute hier schon bauen". Auch Bürgermeister Martin weiß, dass es sich keine Gemeinde angesichts des demografischen Wandels leisten kann, junge Menschen fortzuschicken. "Es ist für Schondra bedauerlich, dass so viele Bauplätze leer stehen oder nicht für einen marktüblichen Preis zu kaufen sind", bedauert Martin.

Heinz Schuhmann formuliert es drastischer. Wer ihn kennt, weiß, dass er einen starken Willen hat, ja manchmal sogar ein Starrkopf sein kann. Heinz Schuhmann jedenfalls sagt, dass er sich über viele Jahre sehr stark für die Schondraer Vereine und das Backofenfest engagiert habe. Er hätte es sich doch so sehr gewünscht, seine Enkel in der Rhön aufwachsen zu sehen, gerade weil damals die Familie so gelitten habe. "Und jetzt schmeißen sie meine Kinder zum Dorf raus. Das ist für mich das Schlimmste!" Er wird seinen Traum begraben müssen.

Bauplätze im Markt Schondra

Bauplätze 44 Bauplätze gibt es im Gemeindegebiet des Marktes Schondra. Davon sind 32 in privater Hand, zwölf gehören der Gemeinde. Das Problem: "Alle privaten Eigentümer wurden von mir persönlich angesprochen", sagt Bürgermeister Bernold Martin (CSU). Davon sei keiner bereit gewesen, sein Grundstück zu einem marktüblichen Preis zu verkaufen. Die Gemeinde verkauft ihr Bauland für einen Grundstückspreis von 29 Euro pro Quadratmeter plus sechs Euro Herstellungskosten, ebenfalls pro Quadratmeter.

Überblick In Schondra bietet die Gemeinde drei Bauplätze an. 19 Baugrundstücke sind in privater Hand. In Schönderling gibt's zwei gemeindliche und elf private Grundstücke. In Einraffshof stehen drei gemeindliche und zwei private Grundstücke zur Verfügung. Singenrain bietet vier gemeindliche Bauplätze an. In Schildeck und Unter- und Obergeiersnest stehen keine Bauplätze zur Verfügung.