Wer 25 Jahre lang als Priester arbeitet, der kennt die Schwachstellen seiner Kirche nur allzu gut. Pfarrer Armin Haas macht seinen Job gern - scheut aber nicht das offene Wort.
Pfarrer Armin Haas liest gern "Die Zeit" - wenn er denn Zeit hat. Auf dem Couchtisch im Wohnzimmer stapeln sich die jüngsten Ausgaben, dazwischen kirchliche Magazine. "Ich komme leider viel zu selten zum Lesen...", sagt der Pfarrer und lässt sich in seinen Sessel fallen. Der warme Pulli, den er trägt, ist an den Ellenbogen abgewetzt, auf dem Tisch am anderen Ende des Wohnzimmers stehen frische Blumen. "Gestern war Pfarrgemeinderatssitzung", sagt Haas. Er hat gerne die Leute bei sich zuhause im Pfarrhaus.
Blick auf den Dreistelz Und da sitzt man nun und wartet auf kirchliche Floskeln, große Visionen und Pläne, wie der Pfarrer gedenkt, die Menschen wieder in die Kirche zu bringen. Doch Haas sagt nichts von alledem. Stattdessen sagt er: "Ich bin sicherlich nicht der Mann großer Konzepte." Und dann spricht der Pfarrer über sein Anliegen, nahbar für die Menschen zu sein.
"Dass es den Leuten nicht so schwer fällt, auf mich zuzukommen, wenn sie mich tatsächlich brauchen." Er schätze die dörfliche Struktur mit ihren Familiennetzwerken, wie es sie in Schondra und Oberleichtersbach gebe. Und er liebt den Blick aus dem Fenster seines Arbeitszimmers auf den Dreistelz.
Haas schätzt auch das Team, das mit ihm die kirchliche Arbeit der Pfarreiengemeinschaft Oberleichtersbach-Schondra stemmt. Gemeindereferentin Claudio Annon, Diakon Horst Conze und Pfarrer Gerhard Götz, der längst im Ruhestand ist. "Es ist ein Geschenk, einen geistlichen Mitbruder hier zu haben." Er lobt das Engagement der beiden Pfarrgemeinderäte und nennt die Zusammenarbeit mit den Gottesdienstbeauftragten "sehr konstruktiv". Und dann wird der Pfarrer kritisch.
Öffentliches Klima wird rauer "Ich habe zwei Kirchenverwaltungen, die nicht genug Leute haben.
Das macht mir schon Sorgen." Er beobachte, dass die Leute sich scheuten, öffentlich im Namen der Kirche Verantwortung zu übernehmen - und könne das verstehen. "Das öffentliche Klima gegen die Kirche ist sehr kritisch geworden", sagt Haas und dann geht es um die Missbrauchsvorfälle und kirchliche Finanzen. "An dieser Stelle musste man einfach Strukturen angucken, die man bisher verschwiegen hat", sagt der Pfarrer.
Um diese Strukturen anzuschauen, muss man aber gar nicht ins Kloster Ettal oder nach Limburg fahren. Sie liegen vor der Kirchentüre, zum Beispiel beim Thema Seelsorge. Seit den 1990er Jahren seien die Gebiete, die ein Pfarrer abdeckt, immer größer geworden. "Das ist in den großen Strukturen, wie sie aktuell bestehen, nicht mehr zu leisten.
Das überfordert den einzelnen Priester", sagt Haas.
Trauma für die Pfarrgemeinde Deshalb bringt er sich seit 2007 in der Pfarrer-Initiative in der Diözese Würzburg ein, die inzwischen deutschlandweit vernetzt ist. "Auch Pfarrer sind kritisch", begründet Haas, warum er sich für die Pfarrer-Initiative einsetzt. "Gerade als Pfarrer vor Ort haben wir eine große Verantwortung, unseren Bischöfen Missstände zu benennen und Verbesserungsvorschläge zu machen."
Denn auch in Schondra gab es Vorfälle, die es besser nicht gegeben hätte. Oben, in seinem Gebetszimmer, erzählt Haas dann von seinem Vorvorgänger. Pfarrer Horst Haas baute in den 1990er Jahren die Pfarreiengemeischaft unter großem Einsatz auf. 2001 nahm er sich das Leben. "Das war ein traumatisches Ereignis für die Pfarrgemeinde", blickt Armin Haas zurück.
Der Nachfolger blieb nur wenige Jahre. "Die Gemeinde braucht jetzt Kontinuität", sagt Haas. Er hat vor zu bleiben.
Termin:Festgottesdienst Am Sonntag, 1. Februar, findet anlässlich des silbernen Jubiläums der Priesterweihe von Armin Haas eine Dankmesse in der St. Anna-Kirche in Schondra statt. Die Predigt hält Benno Riether aus Neustadt a.d. Weinstraße. Danach ist Zeit für Begegnungen in der Schondratal-Halle.