Nervigen Anrufer angegriffen

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Statt mit Worten einem Jugendlichen klarzumachen, dass er "aber bring' was zum Kiffen mit" am Telefon nicht sagen darf, werden drei junge Männer handgreiflich. Wegen der Gruppendynamik wird aus gefährlicher Körperverletzung nur eine einfache.

Wegen gefährlicher Körperverletzung standen vier junge Männer vor dem Richter am Bad Kissinger Amtsgericht. Alle vier lebten zum Zeitpunkt der Tat im Altlandkreis. Allen vieren wurde vorgeworfen, einem weiteren Jugendlichen zusammengeschlagen, und als dieser schon am Boden lag, noch auf ihn eingetreten zu haben.

Drei von ihnen räumten einzelne Schläge und sogar Tritte ein. Gemeinsam sei man aber nicht gegen den Geschädigten vorgegangen und festgehalten schon gar nicht, wie dies ein Zeuge vor der Polizei ausgesagt hatte, aber nicht vor Gericht erschienen war. Warum man denn die eine Person, die einige flüchtig kannten, niedergeschlagen habe, wollte das Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsgerichtsdirektor Matthias Göbhardt wissen.

"Weil der mich mit seinen Anrufen nervte", sagte jener Beschuldigte, der zuerst zuschlug. "Ich habe ihm mit der flachen Hand eine Ohrfeige verpasst", erklärte er, und dann auf Nachfrage, was ihn denn so bei dem Telefonat aufgebracht habe. Der Geschädigte habe ihn mehrmals hintereinander angerufen und ihn zu einem Treffen eingeladen. Dies immer mit dem Hinweis, "aber bring' was zum Kiffen mit". Nachdem der Beschuldigte, der zuerst zuschlug, dem Gericht erklärt hatte, dass er generell sein Handy auf "Mithören" - also den Lautsprecher nicht ausgeschaltet - hat und er zudem im Jahr 2011 mit Betäubungsmitteln in Kontakt kam, sei sein Zorn nachvollziehbar gewesen.

So habe er den Geschädigten sogar gesagt, er solle ihn nie mehr beim Namen nennen und auch nicht vom "Kiffen" sprechen, sonst stünde bald die Polizei vor seiner Tür. Das wäre nicht gut für ihn, habe er doch seit drei Jahren einen Ausbildungsplatz.

Statt Abklatschen eine Ohrfeige

Nachdem aber an diesem Abend mehrere Anrufe gleichen Tenors bei ihm ankamen, ging er auch, gefolgt von seinen drei Kumpels, zum Treffpunkt. Statt der erwarteten "Abklatsche der Hände zur Begrüßung" setzte es für den Geschädigten eine saftige Ohrfeige. Während es damit für den Angerufenen eigentlich zu Ende war, gab ein weiterer Beschuldigter dem Geschädigten einen Fausthieb in den Rücken, und als dieser durch Ohrfeige und/oder Fausthieb zu Boden ging, trat ein weiterer aus dieser Vierergruppe auf ihn ein. Unter anderem traf er ihn dabei so stark im Gesicht und an der Nase, dass diese stark zu bluten begann. Kurz darauf entfernte sich die Gruppe wieder, und aus dem Kreis des Geschädigten wurde Polizei und Rettungsdienst verständigt.

Der Geschädigte und die Beklagten hatten an diesem Tag reichlich Bier intus. Bei der Tat, gegen 22.30 Uhr, hatten der eine oder andere bereits sechs bis sieben Halbliterdosen geleert. Nur einer des Quartetts trank nicht und beteiligte sich nicht an der einseitigen Schlägerei - er wurde daher vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen.

Erkannt worden war von den Zeugen und vom Geschädigten nur der "Watschenmann", da man diesen ja auch angerufen habe. Als die Polizei nach ihm fahndete, meldete er sich auch wenig später und räumte die eine Ohrfeige ein. Wenig später kam einer der Beteiligten aus der Vierergruppe in ein Lokal und erklärte etwas großspurig, dass nicht der zuerst Beschuldigte den Geschädigten krankenhausreif geschlagen habe, sondern er. So kam die Polizei schnell auch auf ihn. Vor Gericht und auch schon bei der Polizei habe er die Tritte eingeräumt und sich wie die beiden anderen beim Opfer entschuldigt. Nachdem Zeugen, Täter und Opfer fast gleichlautend aussagten, und auch seitens der Polizei keine anderslautenden Ermittlungen vorgebracht wurden, stellte sich nur noch die Frage: Erwachsenenrecht oder Jugendrecht, gefährliche, weil gemeinsam handelnd, oder einfache Körperverletzung.

Ein Jahr Alkoholverbot

Der Angeklagte, der die erste Ohrfeige austeilte, erhielt dafür eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15 Euro. Härter traf es den zweiten, der derzeit wegen zwei vorangehender Delikte bereits ein Jahr und vier Monate absitzen muss. Unter Einbeziehung seiner Vorstrafe muss er nun ein Jahr und sechs Monate im Jugendknast verbringen. Dorthin wurde er direkt nach Prozessende wieder gebracht. Der Angeklagte, der auf den am Boden liegenden eingetreten hatte und von dem die Gesichtsverletzungen stammten, erhielt als einziger Erwachsener, da er bereits über 21 Jahre alt ist, eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten mit strengen Auflagen. Er muss unter anderem an einem Antiagressionstraining teilnehmen und hat ein Jahr lang "Alkoholverbot". "Das bedeutet für Sie, dass die Polizei sie auf Atem-Alkohol untersucht, und wenn Sie gegen diese Bewährungsauflagen verstoßen, rücken Sie ein", betonte der Vorsitzende Richter.

Keine gemeinsame Tat

In seiner Urteilsbegründung stellte er zudem fest, dass "der Geschädigte Kontakt zu dieser Gruppe wollte, aber wenn man dabei durch das Telefon gröle "bring 'was zum Kiffen mit" sei das nicht das Beste. Statt das Gespräch zu suchen und dem später Geschädigten zu sagen, dass man so nicht sprechen dürfe, hätte man ihm einfach eine ins Gesicht gegongt und ihm gesagt "bei zukünftigen Gesprächen bringst du meinen Namen nicht mehr mit Kiffen in Verbindung". Dies hätte auch zwei der drei Begleiter ermuntert, den Geschädigten mit Schlägen und Tritten klarzumachen, dass er so mit ihrem Kumpel nicht sprechen darf. Da es ein "dynamischer Prozess" und keine gemeinsame Tat gewesen sei, wurde aus der gefährlichen Körperverletzung eine einfache. Strafmildernd wirkte sich auch aus, dass alle drei ihre Taten uneingeschränkt zugaben.